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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Amboise. Die Terrassengärten entlang der Stadtmauern über dem Fluss, die schmalen Häuser, die sich an den Berg drängten, die ganze Stadt präsentierte sich ihren staunenden Blicken. Weil sie aus dem Tal der Amasse mit seinen Weinbergen, Wäldern und ausgedehnten Wiesen kam, ritt sie um die Befestigungsmauer herum. Dann passierte sie die Tour des Minimes und kam an den durchbrochenen Spitztürmen und Balustraden vorbei. Sie sah zu den schönen Fensterkreuzen hinauf und erblickte die Chapelle Saint-Hubert.

    Der Haupteingang lag auf der Seite der Tour Hurtault, in der sich eine breite Rampe nach oben wand, über die Pferde, Wagen und Kutschen bequem auf den gepflasterten Schlosshof kommen konnten.
    Dort stellte Alix fest, dass sie sich nicht vor dem Hauptwohntrakt befand, also musste sie wohl direkt vor den Gemächern der Comtesse d’Angoulême angekommen sein. Diese Vermutung bestätigte sich dann auch, als sich ein junger Hund laut kläffend auf sie stürzte.
    »Hapaguai!«, rief Alix vergnügt und ließ die stürmische Begrüßung über sich ergehen.
    Da kam auch schon ein kleiner Junge auf sie zugelaufen, gefolgt von einem ganz in Blau gekleideten Mädchen.
    »Alix!«, rief Marguerite, »wie wird sich Mutter freuen, Euch wiederzusehen!«
    »Donnerwetter!«, sagte der kleine Junge. »Ihr habt ja jetzt ein richtiges Pferd. Wie heißt es denn?«
    »Jason. Wir beide haben uns gerade erst kennengelernt und verstehen uns schon ganz prächtig. Oh, Marguerite, was habt Ihr euch verändert! Ihr seid ja jetzt eine richtige junge Dame.«
    Das große, schlanke Mädchen hatte ein hübsches Gesicht, das durch ihr schulterlanges rotblondes Haar noch blasser wirkte.
    »Und Ihr seid ein richtiger junger Herr geworden, François!«
    Als sie gerade zu weiteren Lobeshymnen ansetzen wollte, erschien ein großer, ernster und hagerer Mann mit schwarzem Wams und schwarzen Hosen und rief:
    »François! Zeit für Eure Geschichtsstunde!«
    »Das ist mein Lehrer, Marschall de Gié. Werdet Ihr länger in Amboise bleiben, Alix?«
    »Sie bleibt einige Wochen«, antwortete ihm Marguerite lachend.
»Mutter wird sie mehr mit Beschlag belegen, als ihr lieb ist. Kommt, Alix, gehen wir zu ihr.«
    In der großen Empfangshalle im Parterre, von der aus man zu den Privatgemächern gelangte, trafen sie auf Antoinette de Polignac.
    »Alix!«, rief sie und lief auf Alix zu, um sie zu umarmen. »Louise hat mir erzählt, dass Ihr diesen Frühling kommen wollt. Was für eine schöne junge Frau Ihr geworden seid! Die Liebe bekommt Euch augenscheinlich sehr gut, meine Liebe.«
    »Euer Jacquou muss Euch wirklich sehr lieben, so wie Eure Augen strahlen«, meinte auch Jeanne Conte, die Antoinette gefolgt war.
    Und dann entdeckte Alix hinter den beiden die Comtesse d’Angoulême, und ein nicht enden wollendes Gelächter und Umarmen begann. Sogar François wollte weglaufen, um bei den Frauen zu sein, wurde aber leider schnell von Marschall de Gié eingeholt, dessen finstere Miene nichts Gutes verhieß.
    »François!«, rief er empört. »Werdet Ihr wohl gehorchen!«
    »Mein lieber Marschall!«, mischte sich Louise ein. »Wir haben sehr lieben Besuch bekommen. Es ist meine Freundin Alix, die Frau von Meister Jacques Cassex, Webermeister in Tours. Wir haben uns in Cognac kennengelernt. Diese junge Frau hat dem Vater meiner Kinder das Leben gerettet, deshalb sind sie ihr diesen herzlichen Empfang mehr als schuldig.«
    Der Marschall blieb ungerührt und musterte Alix mit einem Blick, der so eisig war wie die Spitze eines Eisbergs. Ohne sich davon beirren zu lassen, fuhr Louise fort:
    »Alix bleibt einige Wochen bei uns, und ich bitte Euch, während dieser Zeit ein wenig nachsichtig zu sein, was den Unterricht von François betrifft.«
    »So werdet Ihr aus Eurem Sohn kaum einen pflichtbewussten
jungen Mann machen, Comtesse, wenn Ihr wegen jeder Kleinigkeit nachgiebig seid. Wie, glaubt Ihr, soll er dann später einmal reagieren, wenn es um ernste Probleme geht?«
    »Im Augenblick hat er es jedenfalls nicht mit einem Dilemma zu tun, Marschall, sondern mit der Anwesenheit einer jungen Frau, die er gern wiedersieht und deren Gegenwart ich ebenfalls sehr schätze.«
     
    So vergingen einige Tage in Amboise, ohne dass von Marschall de Gié die Rede gewesen wäre.
    »Wollt Ihr nicht vielleicht lernen, Jason zu reiten, Alix?«, fragte Marguerite ihre große Freundin, als sie von einer Spazierfahrt an der Loire zurückkamen. »Ihr würdet sehr schnell merken, wie gut Ihr

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