Die seidene Madonna - Roman
nervös seine blonde Mähne zerzauste, strich der andere sein glänzend schwarzes Haar sorgsam glatt.
»Erzähl schon, Philibert!«, verlangte der kleine François energisch.
Marschall de Gié hatte ihm nämlich beigebracht, mit seinen Untergebenen in gebieterischem Ton zu sprechen. Obwohl François überhaupt nicht eingebildet war und eher ein heiteres, entgegenkommendes Wesen hatte, lernte er doch immerhin, seinem Personal gegenüber kurz angebunden zu sein, zumindest wenn er nicht allein war.
»Also, Juan hat gesagt, Johanna von Kastilien erlaubt ihm, im Val de Loire zu bleiben, wenn er einen guten Herrn findet«, berichtete Philibert.
Bei diesen Worten sprang Alix auf.
»Einen guten Herrn hast du gesagt?«
»Ja.«
Sie wandte sich an Louise.
»Wollt Ihr Juan in Eure Dienste nehmen?«
Die Comtesse d’Angoulême wirkte ein wenig verlegen.
»Ich weiß gar nicht, ob der König unser Dienstpersonal aufstocken will. Königin Anne hat sich schon beschwert, dass unser Gefolge zu groß ist. Es tut mir sehr leid, mein armer Philibert, aber ich kann wirklich keinen zusätzlichen Stallknecht einstellen. Was ich im Übrigen für deinen Freund bedaure, weil er ein anständiger Kerl zu sein scheint. Aber es geht leider wirklich nicht, Königin Anne würde mir diese Eigenmächtigkeit sehr übel nehmen.«
»Es ist schon wahr, dass ihr wenig daran liegt, etwas für uns auszugeben«, meinte Antoinette mit einem bitteren Lächeln. »Ich bin außerdem überzeugt, sie wäre mehr als froh, wenn sie überhaupt auf unsere Anwesenheit im Val de Loire verzichten könnte.«
Alix war sehr zuversichtlich - alles schien einen guten Gang zu nehmen. Die Aufträge häuften sich, erst die aus Italien, die wirklich bedeutend waren, und nun die Bestellung der Comtesse d’Angoulême, vielleicht eine von Johanna von Kastilien und schließlich der Auftrag, den der König ihrem Jacquou versprochen hatte.
Alix ging zu Juan und fragte ihn:
»Angenommen, du findest keinen guten Meister - ist Johanna von Kastilien auch bereit, dich einer guten Herrin zu überlassen?«
Der junge Spanier wurde rot. Louise hatte verstanden und fragte Juan:
»Wie alt bist du?«
»Achtzehn.«
»Und seit wann bist du Pferdeknecht?«
»Ich bin eigentlich Kutscher.«
»Das ist ja ausgezeichnet«, meinte Louise an Alix gewandt.
»Was kannst du sonst noch, Juan?«, fragte Alix und sah ihn sich genau an.
»Ich kenne mich sehr gut mit Mulis und Pferden aus, ich kann Wagen lenken, komme auch auf schwierigen Wegen zurecht und finde zurück, wenn ich mich einmal verirrt habe. Bei uns in Kastilien sind die meisten Wege schlecht, manche eigentlich gar nicht zu befahren. Man muss sehr gut aufpassen, wenn man nicht unter der glühenden Sonne verdursten will.«
»Warum sprichst du so gut Französisch?«
Der junge Mann zögerte.
»Meine Mutter stammte aus den Pyrenäen. Sie musste ihre Heimat verlassen, als sie meinen Vater heiratete. Aber sie wollte nie Spanisch sprechen. Mit mir hat sie deshalb immer in ihrer Muttersprache geredet. Ausnahmslos. Meine Mutter war vor allem Französin.«
»Ist sie das denn jetzt nicht mehr?«
»Sie ist tot, Señora.«
»Oh, das wusste ich nicht, Juan. Es tut mir leid. Und was hat dein Vater in Spanien gemacht?«
»Der ist noch nicht tot!«, meinte er bedrückt. »Er ist noch immer königlicher Oberstallmeister von Kastilien.«
»Und dann bist du nicht bei ihm geblieben! Bei ihm hättest du bestimmt glänzende Zukunftsaussichten gehabt - vielleicht einmal seinen Posten übernehmen können.«
»Ich mag meinen Vater nicht. Er ist brutal und gemein. Ich verstehe mich nicht mit ihm.«
Louise fragte nicht weiter nach, aber Alix setzte das Verhör fort.
»Willst du vielleicht deshalb in Frankreich bleiben?«
»Das ist einer der Gründe.«
Alix beobachtete Juan aufmerksam und gelangte immer mehr zu der Überzeugung, dass der junge Mann sehr fähig war.
»Dürfte man vielleicht erfahren, was der andere Grund ist?«
Der junge Mann antwortete nicht.
»Jetzt hör mir mal zu, Juan. Wenn du in Frankreich bleiben und einen neuen Herrn finden willst, musst du ganz ehrlich und offen sein.«
»Willst du uns nicht doch auch noch den anderen Grund verraten?«, fragte jetzt auch die Comtesse d’Angoulême.
»Er ist verliebt!«, rief da plötzlich François dazwischen.
Alle schwiegen erst und lachten dann laut los. Wieder wurde Juan rot.
Louise ging zu ihm. Sie lächelte ihn an und zupfte ihn vertraulich am Ohrläppchen.
»Und in wen
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