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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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immer beunruhigender, blieb aber nach wie vor gleichmäßig. Langsam bewegte sich die Kolonne, angeführt von den jungen Frauen und Mädchen, in Richtung des dumpfen Hufgeräuschs.
    An einer Wegkreuzung blieben wieder alle stehen, um dort zu warten, und der rhythmische Trab kam immer näher. Und schließlich tauchte im Schein der Fackeln die Silhouette eines Reiters auf. Marschall de Gié saß auf seinem Pferd, Zeus lief ohne Reiter hinter ihm her.
    »Wo ist François?«, rief Louise mit bebender Stimme.
    Sie war hinter dem kleinen Konvoi zurückgeblieben und konnte nur die beiden Pferde und die Umrisse des Lehrers erkennen.
    »Wo ist mein Sohn?«, rief Louise wieder und lief auf die beiden Pferde zu. »Wo ist der Graf von Angoulême?«
    Da sah sie, dass der Marschall ihren Sohn vor sich auf dem Pferd liegen hatte.
    »François ist gestürzt. Ich glaube, es ist nichts Ernstes.«
    »Wer gibt Euch das Recht, darüber zu befinden, ob seine Verletzung ernst ist oder nicht?«, tobte Louise. Ihre Leute standen mit den Fackeln in der Hand hinter ihr und warteten betroffen ab.
    Wie gewohnt ignorierte de Gié den Zorn der Gräfin d’Angoulême und befahl mit lauter Stimme:
    »Holt den Leibarzt der Königin oder einen Doktor aus der Stadt. Wenn beide kommen, umso besser.«
    Er sprang vom Pferd und schob Louise und ihre Tochter weg, die François auf den Arm nehmen wollten.
    »Bildet mit euren Armen eine Trage«, befahl er den Knechten, die sich langsam in Bewegung setzten.
    Mindestens zwanzig Arme wurden ausgestreckt und zu einer
festen Unterlage verbunden. Dann nahm der Marschall den bewusstlosen Jungen in die Arme und legte ihn ganz behutsam auf das Bett aus ausgestreckten Armen.
    »So ein Wahnsinn!«, empörte sich Louise und wandte sich wieder an den Marschall. »Ihr wollt aus diesem Kind einen Mann machen, und bringt es dabei um!«
    Marguerite ging neben ihrem Bruder her, der auf dem wandernden Bett lag, und sagte kein Wort.
    »Die Konsequenzen aus diesem Unfall werden fatal für Euch sein, Monsieur. Rechnet nicht damit, dass ich Euch schone!«
    »So beruhigt Euch doch, Madame, der Schlag auf den Kopf hat ihn überrascht. Trotz meines Verbots wollte er über eine viel zu hohe Böschung springen, und sein Pferd war genauso bockig wie er. Ich glaube aber nicht, dass er schwer verletzt ist.«
    »Er hat einen Schlag auf den Kopf bekommen! Und da wollt Ihr mir weismachen, er sei nicht schwer verletzt! Habt Ihr den Verstand verloren, de Gié?«
    Vor lauter Zorn vergaß sie alle Regeln des Anstands und beleidigte ihn zutiefst, indem sie ihn nur bei seinem Familiennamen ansprach.
    »Ja, de Gié! Ihr seid verrückt und gewissenlos!«
    Sie ging zu ihrem Sohn und wollte seine Hand nehmen.
    »Rührt ihn nicht an!«, brüllte der Lehrer. »Wenn jemand eine Kopfverletzung hat, darf man ihn auf keinen Fall bewegen.«
    Erschrocken zog Louise ihre Hand zurück und sah ihn mit angstgeweiteten Augen an.
    »Dafür werdet Ihr mir büßen, ich lasse Euch bestrafen! Man wird Euch ins Exil schicken, Ihr seid erledigt, ein Nichts, so gut wie tot!«, schrie sie.
    »Schickt mich meinetwegen in die Verbannung, wenn Ihr wollt, aber rührt Euren Sohn nicht an, ehe der Arzt da war.«

    »Wurde er etwa nicht vorn auf Eurem Pferd liegend durchgerüttelt und geschüttelt und verletzt?«, fragte Louise außer sich.
    »Doch, eben, und das war zu viel! Jetzt müssen wir für ein Minimum an Erschütterung sorgen.«
    Äußerlich wirkte de Gié ruhig, als er hinter dem Verletzten herging; wer ihn besser kannte, hätte aber die Angst sehen können, die sich hinter seinem scheinbar ungerührten Gesichtsausdruck verbarg.
    Der Zug erreichte das Schloss, und der Junge wurde in sein Zimmer getragen und vorsichtig auf sein Bett gelegt. Nachdem der Leibarzt seine Augen untersucht hatte, diagnostizierte er eine leichte Gehirnerschütterung, hervorgerufen durch den Sturz vom Pferd.
    Er verlangte nach kaltem Wasser und legte François Kompressen auf die Stirn. Als er gerade begonnen hatte, dem Jungen die Brust mit einer stark riechenden Pomade einzureiben, traf auch der Arzt ein, den man aus Romorantin gerufen hatte. Er beugte sich über François, schüttelte besorgt den Kopf und flößte dem Jungen eine bräunliche Flüssigkeit ein, von der das Kind sofort einen Schluckauf bekam und zu sich kam.
    Nachdem die größte Gefahr gebannt war, klopften die beiden Ärzte dem jungen Grafen die bleichen Wangen, die langsam wieder Farbe annahmen.
    Louise und Marguerite nahmen

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