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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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jede eine Hand von François und beobachteten ihn voller Angst und Hoffnung. Der Junge bewegte seinen Kopf und murmelte etwas Unverständliches, und jeder konnte Louises erleichterten Seufzer hören.
    »Ein paar Tage Bettruhe, und der junge Herr Graf ist wieder vollkommen genesen«, versprach der eine Arzt, während der andere zustimmend nickte.
    »Verschont ihn vor jeglichem Lärm und allen Aufregungen«,
ordnete er an und packte seine Fläschchen und Kompressen wieder in die Tasche.
    Beide Doktores bestellten dann noch Kräutertee für den Patienten, der sofort in der Küche aufgesetzt wurde, dann verabschiedeten sie sich von Louise, nicht ohne ihr zu versichern, sie müsse sich keine Sorgen mehr machen.
    Sobald sie gegangen waren, wandte sich Louise wieder an den Marschall.
    »Würdet Ihr mir jetzt bitte erklären, wie es zu dieser Fahrlässigkeit von Eurer Seite kommen konnte?«, fragte Louise, noch immer außer sich vor Zorn.
    »Ich habe nicht fahrlässig gehandelt, Madame«, entgegnete ihr de Gié ruhig. »François hat sich von der Geschwindigkeit hinreißen lassen, die Liebe zum schnellen Reiten und Jagen war stärker als er. Daran könnt Ihr auch nichts ändern, Euer Sohn ist waghalsig und scheint nicht zu begreifen, in welche Gefahr er sich begibt.«
    »Das wäre Eure Aufgabe, ihn diese Klugheit zu lehren, Monsieur. Ich dachte, Ihr wüsstet das.«
    Sie ließ die Hand ihres Sohns los, versicherte sich, dass er wieder bei Bewusstsein war, und fuhr fort:
    »Ihr hättet ihn mit starker Hand führen müssen, damit er auf Euch hört.«
    Wie eine Furie baute sie sich vor ihm auf und sagte mit leiser, aber scharfer Stimme:
    »Dieser Fehler wäre Jean de Saint-Gelais nie passiert. Er hat es verstanden, François davon zu überzeugen, dass er sich, wenn nötig, auf sein Gefühl verlassen muss.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging wieder zu ihrem Sohn, der angestrengt versuchte, dem Gespräch zu folgen.
    »Gefühle sind Euch aber wohl vollkommen fremd, wie mir scheint, Monsieur.«

    »In diesem Fall ja«, sagte de Gié seufzend und nickte zögernd. »Wenn es darum geht, hört François auf nichts und niemanden mehr. Ich musste meinem Pferd ständig die Sporen geben, um mit ihm mithalten zu können. Er reitet zwar noch nicht so gut wie ich, aber er ist schneller. Und den Sturz konnte ich nicht vorhersehen, weil nicht zu erkennen war, dass sein Pferd scheuen würde.«
    »Das hättet Ihr aber sehen müssen!«
    »Ihr vergesst wohl, dass das Pferd nicht gestürzt ist!«
    »Euch ist diese Einzelheit jedenfalls nicht entgangen!«, erwiderte sie bissig.
    »Sehr richtig. Es hat den Jungen einfach durch die Luft geschleudert«, antwortete de Gié immer noch genauso gelassen.
    »Ich verbiete Euch, ihn noch einmal auf dieses Pferd zu lassen.«
    »Er hat darauf bestanden!«
    François versuchte sich aufzurichten.
    »Das stimmt, Mutter. Ich wollte unbedingt Zeus reiten. Ich hatte solche Lust dazu. Und das war die Gelegenheit! Ihr wart nicht da und Marguerite auch nicht.«
    Ohne sich von Louises Zorn sichtlich beeindrucken zu lassen, strich der Marschall dem Jungen zärtlich über die Stirn.
    »Ihr sollt Euch nicht aufregen, François, ruht Euch erst einmal bis morgen aus. Ich verstehe Eure Begeisterung für dieses Pferd und sein wildes Feuer, aber vergesst nicht, dass Zeus klüger war als Ihr.«
    »Weil er nicht gestürzt ist?«
    »Richtig.«
    Und ehe der Marschall das Zimmer verließ, wandte er sich ein letztes Mal an die Comtesse d’Angoulême.
    »Dieses Kind ist unvernünftig, und das wisst Ihr auch. Der Junge wird Euch noch öfter in Angst und Schrecken versetzen,
und Ihr werdet die Schuld mit Sicherheit nicht immer bei mir suchen können.«
    Louise gab keine Antwort. Abends schrieb sie dann in ihr Tagebuch: »Heute, am 25. Januar 1501, der Bekehrung des heiligen Paulus, wurde gegen zwei Uhr nachmittags mein König, mein Herr, mein Cäsar und mein Sohn im Wald von einem Pferd abgeworfen, das Marschall de Gié für ihn ausgewählt hatte. Wer erlebt hat, in welchem Zustand er sich befand, musste mit dem Schlimmsten rechnen. Doch Gott, der Beschützer der Witwen und Behüter der Waisen, der alles vorhersieht, war so gnädig und hat ihn mir nicht genommen, weil er wusste, dass ich nie wieder glücklich sein könnte, wenn mir dieser schreckliche Zufall mein Liebstes geraubt hätte.«

14
    Alix’ Leben hatte nur sehr kurze Zeit unter einem guten Stern gestanden, und manchmal fragte sie sich, wie lange wohl die Erinnerung an

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