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Die Seidenstickerin

Die Seidenstickerin

Titel: Die Seidenstickerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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den Hals. »Mich hat gerade ein schmutziger, abstoßender Kerl überfallen, bestimmt ein Gauner; ich bin immer noch ganz zittrig vor Angst. Und weißt du, wer mich gerettet hat? Meine tapfere Amandine! Ohne sie wäre ich jetzt wahrscheinlich tot.«
    »Große Güte!«, stöhnte Arnaude, »in der Stadt passieren immer mehr Überfälle. Amandine ist wirklich ein braves Muli.«
    »Komm«, sagte sie und nahm Alix am Arm, »wir bringen sie in den kleinen Stall hinter dem Haus. Da gibt es frisches Stroh, und ich bringe ihr einen Eimer Wasser.«
    Kurz darauf saßen die beiden Frauen vor einem Laib Brot, einem Krug mit warmer Milch und einem Honigtopf am Tisch und unterhielten sich, ohne auf die Zeit zu achten. Draußen war es inzwischen Nacht geworden.
    »Wann hat es denn endlich ein Ende mit deinen Irrfahrten, meine arme Alix?«, fragte Arnaude und betrachtete besorgt ihre Freundin, die sich noch nicht wieder ganz von dem Schreck erholt hatte.
    »Wenn ich Jacquou gefunden habe«, antwortete ihr Alix.
    Arnaude sah sie mitleidig an.
    »Ja, ich weiß schon. Wahrscheinlich würde ich es genauso machen, wenn ich kein Kind hätte. Wann willst du wieder aufbrechen?«
    »Morgen, wenn du mich heute Nacht hier behältst.«
    »Natürlich, gern. Willst du denn nicht etwas länger bleiben?«
    Alix schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß ja, dass du es nicht erwarten kannst, deinen Jacquou endlich wiederzusehen«, seufzte Arnaude. »Also, pass auf, heute hat die Werkstatt geschlossen. Arnold besucht seine Mutter und kommt erst spät nach Hause. Sobald er zurück ist, essen wir zu Abend, und dann kannst du schlafen gehen, damit du morgen frisch und ausgeruht bist.«
    »Danke, Arnaude. Ich bin so froh, dass ich dich habe.«
    »Ich muss dir aber schon sagen, dass ich mir große Sorgen um dich mache. Ich spüre ganz deutlich, dass das nicht der letzte Zwischenfall war, Alix. Die Straßen sind nun einmal nichts für junge unschuldige Mädchen wie dich.«
    »Ich bin aber nicht mehr unschuldig, Arnaude.«
    Arnaude zuckte resigniert mit den Schultern, setzte aber eine besorgte Miene auf. Sie fand es sehr unvernünftig, dass Alix sich all diesen Gefahren aussetzte, die ihr auf den Straßen, am Waldrand, beim Durchqueren der Städte, durch die Unbilden des Wetters und bei Übernachtungen in einsamen Gasthäusern drohten. Das Reisen war damals wirklich sehr gefährlich!
    »Mach dir keine Sorgen, meine Liebe«, beruhigte sie Alix und kam zu ihr. Sie nahm ihre Freundin in den Arm und drückte ihr einen Kuss auf die Backe.
    »Jetzt möchte ich aber endlich den kleinen Guillemin sehen«, sagte sie lachend. »Oder glaubst du etwa, ich will nicht wissen, ob es ihm auch gut geht?«
    Alix, die gerade erst die schreckliche Geschichte von ihrem Sohn erzählt hatte, der kurz nach seiner Geburt auf Schloss Angoulême gestorben war, machte einen gelösten Eindruck.
    »Alix …«, begann Arnaude mit Tränen in den Augen und mit heiserer Stimme.
    »Nein, bitte, reden wir nicht mehr davon. Ich krieg noch mehr Kinder von Jacquou. Und jetzt will ich erstmal deins sehen.«
    Sie hatte kaum den Satz beendet, als plötzlich die Haustür aufgerissen wurde. Die beiden jungen Frauen saßen wie versteinert und starrten verstört die bedrohlichen Gestalten an, die im Türrahmen erschienen.
    Zwei Männer stürzten in die Küche. Der größere von beiden nahm sich Alix vor und fesselte sie, ehe sie sich hätte wehren können, und der kleinere machte das Gleiche mit Arnaude. Das Ganze dauerte nur wenige Sekunden.
    Um die Hilferufe der beiden Frauen scherten die Männer sich nicht, die noch kein Wort gesagt hatten. Als sie dann in das Nebenzimmer gingen, und der eine von ihnen lachend mit dem kleinen Guillemin auf dem Arm zurückkam, stieß Arnaude einen schrecklichen Schrei aus. »Nein!«, brüllte sie.
    »Was wollt Ihr denn von uns?«, rief jetzt Alix. »Wollt Ihr Geld?«
    Plötzlich erkannte sie den Mann mit dem Pelzumhang und den verfilzten blonden Haaren.
    »Dein Geld wollen wir bestimmt nicht«, sagte er, und es fehlte nicht viel, dass er sie mit einem Faustschlag zu Boden geworfen und brutal vergewaltigt hätte. Damit musste man bei dieser Sorte Verbrecher eigentlich immer rechnen. Aber nichts dergleichen geschah, und Alix war fast ein bisschen erleichtert.
    Und halt jetzt den Mund, du kleines Luder!«, sagte der andere.
    Das klang alles andere als beruhigend, und der Mann mit dem Umhang hatte Arnaude nun auch noch grob gegen die Wand gedrückt.
    »Wenn wir hier unsere Arbeit

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