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Die seltene Gabe

Die seltene Gabe

Titel: Die seltene Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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besucht, sich umgesehen und so weiter – haben die denn nichts bemerkt?« Armands Blick wanderte unstet hin und her; er schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Ich hab dir erzählt, wie sie mich in dem Institut eingewickelt haben. Als Zehnjähriger mit Monsieur Duprée angeredet zu werden . . . Ich bin förmlich geplatzt. Das ging so weit, dass ich mich mit denen verbündet habe – gegen meine Eltern! Ich hatte diese Idee, dass ich eine wichtige Person und die Arbeit im Institut von höchster Bedeutung für Frankreich, für Europa, ach was, für die ganze Welt war, so total geschluckt, dass ich mir zusammen mit den Agenten – also den Sicherheitsleuten dort – überlegt habe, wie wir meinen Eltern ein stinknormales Internat vorgaukeln, wenn sie zu Besuch kommen.« »Nein!?«, entfuhr es mir. »Du Kotzbrocken!« »Der Witz ist, dass ich damals, verglichen mit dem, was ich heute kann, ein telekinetischer Schwächling war. Praktisch konnte ich überhaupt nichts. Aber im Institut hatten sie schon einige Erfahrungen mit Telekineten. Sie quälten mich durch endlose Trainingsprogramme, die anstrengend und sterbenslangweilig wa ren. Aber mein Gerede über Geister und Astralstrahlen wurde nur noch müde belächelt, und mit einem Vorwand wie dem, ›medial erschöpft‹ zu sein, brauchte ich nicht zu kommen. Sie steckten mich jede Woche stundenlang in den Computertomografen, und ich glaube, es gibt keine Stelle meines Körpers, in die sie nicht irgendwann eine Nadel gesteckt haben. Ich bekam alle möglichen Medikamente verabreicht, weil sie wissen wollten, welche Mittel welchen Einfluss auf meine telekinetischen Fähigkeiten haben...« »Echt, gibt’s das? Ein Mittel, das telekinetische Fähigkeiten beeinflusst?« »Klar. Alkohol ist das einfachste. Ich war mit zwölf Jahren das erste Mal volltrunken. Und siehe da, besoffen funktioniert Telekinese nicht. Große Erkenntnis.« Er schüttelte sich. »Wonach sie natürlich gesucht haben, war ein Mittel, das Telekinese verstärkt . Oder gar hervorruft. Aber da haben sie, soweit ich weiß, kein Glück gehabt.« Ich ließ mir das alles durch den Kopf gehen. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie so ein Training aussehen soll«, bekannte ich. »Was hast du da gemacht? Stundenlang Sechsen gewürfelt? Ich verstehe auch nicht, wie man vom gezielten Würfeln dahin kommt, Münzen schweben zu lassen oder Leuten die Halsschlagader zuzudrücken.« »Ja, das ist ziemlich anders, als man sich das wahrscheinlich vorstellt. Man sitzt zum Beispiel stundenlang da und guckt nur einen Metallklotz an, der vor einem auf dem Tisch liegt. Oder man bekommt Tabletts vorgesetzt mit Vertiefungen, in denen lauter Tischtennisbälle liegen, die alle gleich aussehen, und man muss auf die zeigen, die mit Wasser gefüllt sind. Man übt sich Dinge vorzustellen . . . Das ist ziemlich schwer zu erklären.« »Ah ja«, machte ich. »Und was soll das bringen?« Armand beugte sich vor, die verschränkten Arme auf den Knien abstützend. » Bien . Erste Lektion für Telekineten: Telekinese ist kein unsichtbarer Arm. Nicht wahr, wenn man das so sieht, mit den Münzen zum Beispiel, dann denkt man, ein Telekinet hätte so eine Art unsichtbare Hand, die hunderte von Metern weit reicht und in die kleinsten Ritzen hineinschlüpfen kann, auch durch Wände oder Türverkleidungen oder menschliche Körper hindurch, wenn es sein muss.« Ich nickte. »Ja. Das hast du mir auch so erklärt, als du den Spielautomaten ausgeräumt hast.« »Stimmt. Da ging es mir darum, keine lange Diskussion anfangen zu müssen. Außerdem fühlt es sich manchmal tatsächlich so an. Trotzdem es ist nicht so, und dafür gibt es auch ein total einleuchtendes Argument.« »Nämlich?« »Dass jeder Telekinet mit Würfeln anfängt. Wie stellst du fest, ob du telekinetisches Talent hast? Du setzt dich an einen Tisch, würfelst ein paar Stunden lang, schreibst jeden Wurf auf und versuchst dabei, irgendeine Zahl – sagen wir, die Fünf – zu bevorzugen. Normalerweise kommt jede Augenzahl ungefähr gleich oft. Wenn du es also schaffst, jede Zahl an die hundert Mal zu werfen, die Fünf aber zweihundert Mal oder noch öfter, dann solltest du dich in Acht nehmen, wenn irgendwelche Leute von irgendwelchen Instituten bei dir auftauchen.« Ich nickte. »Werde ich mir merken. Auch wenn es mich sicher nicht betrifft.« Armand lehnte sich zurück. »Täusch dich nicht. Dieser Grad von telekinetischer Begabung ist relativ häufig. Ich schätze, in jeder

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