Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die seltsame Welt des Mr. Jones

Die seltsame Welt des Mr. Jones

Titel: Die seltsame Welt des Mr. Jones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
davon.«
     »Was meinen Sie damit? Johannes der Täufer – meinen Sie den?«
    »Ich meine Ihn, den Johannes angekündigt hat.«
    »Sie sind übergeschnappt.«
     »Nein, ich wiederhole. Dergleichen bekomme ich zu hören. Der Zweite Advent – immerhin sollte Er ja einmal wiederkommen. Und die Welt braucht Ihn jetzt dringend.«
     »Aber das versetzt die ›Drifter‹ an die Stelle der – « Cussick schnitt eine Grimasse. »Wie heißt das?«
     »Horden der Hölle.« Kaminski blies Rauch in die Luft und fuhr fort: »Die Legionen Satans. Die Bösen.«
     »Dann sind wir nicht hundert Jahre zurückgefallen, sondern tausend.«
    »Vielleicht wird es nicht so schlimm. Die ›Drifter‹ sind keine Menschen, sondern gehirnlose Klumpen. Unterstellen wir das Schlimmste – nehmen wir an, daß Jones einen Krieg anzettelt. Wir erledigen die ›Drifter‹, die hier sind, und säubern dann der Reihe nach die anderen Planeten. Anschließend – « Kaminski hob die Hand. »Zu den Sternen. Mit großen Schlachtschiffen. Auf der Jagd nach den Halunken, um die Rasse auszurotten. Nun? Was dann? Der Feind ist verschwunden; eine Rasse gigantischer Amöben ist untergegangen. Ist das so schlimm? Ich versuche nur, die Möglichkeiten darin zu sehen. Wir werden außerhalb des Sonnensystems sein. Und jetzt, ohne den Ansporn, den Haß, das Gefühl, einen Feind zu bekämpfen, sitzen wir nur herum.«
    »Sie sagen, was Jones sagt«, meinte Cussick.
    »Allerdings.«
     »Soll ich Ihnen Ihren Fehler zeigen? Die Gefahr liegt nicht im Krieg, sondern in der Einstellung, die ihn ermöglicht. Um zu kämpfen, müssen wir glauben, daß wir im Recht und sie im Unrecht sind. Weiß gegen Schwarz – Gut gegen Böse. Die ›Drifter‹ haben nichts damit zu tun, sie sind nur ein Mittel zum Zweck.«
     »Ich widerspreche Ihnen in einem Punkt«, sagte Kaminski lebhaft. »Sie sind doch davon überzeugt, daß im Krieg selbst keine Gefahr liegt?«
     »Gewiß«, sagte Cussick, war aber plötzlich unsicher. »Was kann uns primitives, einzelliges Protoplasma tun?«
     »Das weiß ich nicht. Aber wir haben noch nie gegen außerirdische Wesen Krieg geführt. Ich möchte das Risiko nicht eingehen. Vergessen Sie nicht, wir wissen immer noch nicht, was sie sind. Eines Tages werden wir uns vielleicht noch wundern. Wir kommen vielleicht noch dahinter.«
     Tyler und Nina zwängten sich zwischen den eng beieinanderstehenden Tischen durch und kehrten auf ihre Plätze zurück. Blaß und mitgenommen, aber wieder völlig beherrscht, verschränkte Nina ihre Hände und richtete den Blick auf die Bühne.
    »Sind sie fort?« fragte sie leise.
    »Wir haben uns gefragt, wie sich diese Hermaphroditen entscheiden«, sagte Tyler. »Das heißt, als Nina und ich in der Toilette waren, hätte einer von ihnen hereinkommen können, und wir wüßten nicht, ob wir das mißbilligen sollten.« Sie nippte an ihrem Glas. »Viele ungewöhnlich aussehende Frauen gingen aus und ein, aber keiner von den Hermaphroditen.«
     »Da drüben ist einer«, sagte Nina mit schwankender Stimme. »Drüben am Musikgerät.«
     An dem würfelförmigen Apparat lehnte einer der Tänzer, der ursprünglich als junger Mann aufgetreten war. Jetzt war er eine Frau, wie am Schluß der Vorstellung. Schlank, mit kurzgeschorenen blonden Haaren, mit Rock, Bluse und Sandalen, war er ein vollkommener Zwitter. Das glatte, neutrale Gesicht hatte keinen Ausdruck; es w irkte ein wenig müde, sonst nichts.
    »Sag ihr, sie soll herüberkommen«, bat Nina ihren Mann.
     »Wir haben keinen Platz«, erwiderte Cussick knapp. Er wollte nichts damit zu tun haben. »Und du gehst auch nicht hin.« Er sah, wie sie zurücksank. »Du bleibst hier.«
    Nina warf ihm einen kurzen, wilden Blick zu, blieb aber sitzen.
    »Du bist immer noch so eingestellt, nicht?« »Wie?«
     »Laß gut sein.« Ninas Hände bewegten sich ruhelos auf der Tischplatte. »Könnten wir etwas zu trinken haben? Ich möchte Kognak.«
     Als ihre frischen Getränke gebracht wurden, hob Nina das Glas zu einem Trinkspruch.
     »Zum Wohl«, sagte sie. Die anderen Gläser wurden gehoben; sie berührten sich kurz. »Auf eine bessere Welt.«
    »Mein Gott«, sagte Kaminski, »so etwas hasse ich.«
    »Warum?« fragte Nina belustigt.
     »Weil es nichts bedeutet.« Kaminski drehte sein Glas hin und her. »Wer wäre nicht für eine bessere Welt?«
     »Ist es wahr, daß sie Spähschiffe nach Proxima Centauri geschickt haben?« fragte Tyler nach einer Pause.
    Kaminski nickte.

Weitere Kostenlose Bücher