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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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lächerlich«,
     sagte Ben. »Ich nehme es zurück. Tragisch.«
    »Aber es geht hier
     nicht um Delias Wahnsinn«, warf Athenaide ein. »Sondern um
     ihre Papiere. Wenn Ophelia ihre Schriften sehen wollte, dann -«
    »Dann sollten wir
     Ophelia - und das, was sie suchte - in Delia Bacons Aufsätzen suchen«,
     schloss ich.
    »Und Sie wissen, wo
     ihre Papiere sind?«, fragte Ben.
    »In der Folger
     Shakespeare Library«, sagte ich. »Washington, D. C., in
     Sichtweite des Kapitols.« Der quaderförmige weiße
     Marmorbau der Folger-Bibliothek beherbergte die größte
     Shakespeare-Sammlung der Welt - ein wahres Wunder, ermöglicht durch
     die Erträge des schwarzen Goldes, die einst über die Standard
     Oil Company ins Land flössen. Wenn etwas mit Shakespeare zu tun
     hatte, war die Folger-Bibliothek daran interessiert - und woran sie
     interessiert war, das bekam sie für gewöhnlich auf die eine oder
     andere Art. Delia Bacons Schriften waren irgendwann in den 1960ern für
     die Bestände angekauft worden.
    Athenaides kobaltblaue Augen
     glänzten. »Was für ein glücklicher Zufall, dass ich
     heute Nachmittag zu einer Konferenz in der Folger-Bibliothek geladen bin.«
    »Das ist kein Zufall,
     oder?«, fragte ich.
    »Dass Sie gestern Abend
     wegen Granville angerufen haben?« Athenaide zuckte die Achseln.
     »Doch. Dass ich Sie gebeten habe, noch vor meiner Abreise
     herzukommen? Nein. Ich dachte, wenn alles gut geht, würde ich Sie
     fragen, ob Sie mich begleiten möchten. Der Gedanke, dass Ophelias
     Spur zu Miss Bacons Papieren führen könnte, war mir bereits
     gekommen. Aber ich bin Sammlerin, Katharine, keine Wissenschaftlerin. Ich
     könnte Ihre Hilfe gebrauchen.«
    »Besitzt die
     Folger-Bibliothek eine First Folio Edition?«, fragte Ben scharf.
    »Eine?« Athenaide
     schnaubte. »Nein, Mr Pearl. Die Folger-Bibliothek besitzt
     neunundsiebzig. Ungefähr ein Drittel aller existierenden Ausgaben und
     damit mit Abstand die größte Sammlung der Welt. Den zweiten
     Platz belegt die Meisei University in Japan - dort haben sie zwölf,
     was wiederum mehr als doppelt so viel ist wie die fünf Exemplare der
     British Library. Aber die Folger-Bibliothek ist das Epizentrum.«
    »Und damit der erste
     Ort, an den Sinclair und das FBI denken würden, um eine Falle
     aufzustellen.«
    »Der Zeitpunkt wäre
     dafür wie geschaffen«, sagte Athenaide. »Die Eröffnung
     einer großen Konferenz. Wo mehrere Folios öffentlich
     ausgestellt sind. Vielleicht interessiert es Sie zu hören, Katharine,
     dass als Hauptreferentin der Konferenz Professor Howard vorgesehen war.
     Sie wollte einen Vortrag über Delia Bacon halten.«
    Ich musste mich setzen.
    Ben kam herüber und
     stellte sich vor mich. »Mit nach Washington zu kommen wäre
     vollkommen verrückt, Kate. Das Angebot ist vielleicht eine Falle«,
     setzte er flüsternd nach.
    »Wenn ich Sie in die
     Falle locken wollte«, sagte Athenaide von der anderen Seite des
     Saals, »wäre die Polizei längst hier. Ich ermögliche
     Ihnen die Flucht, und zwar genau an den Ort, wo Sie hinwollen. Und ich
     kann Sie in die Bibliothek einschleusen.«
    Wir hoben beide den Kopf.
     »Wie das?«
    »Heute Abend findet ein
     Sektempfang im Lesesaal statt, gefolgt von einem Galadinner in der Großen
     Halle. Da ich Sponsor der Veranstaltung bin, haben sie meinen Caterer
     engagiert. Ich kann Lorenzo bestimmt überzeugen, dass er
     noch zwei Kellner braucht.« Sie spielte mit ihrer Pistole, die immer
     noch auf dem Tisch lag. »Ich mache viele Geschäfte in
     Washington. Ich bin eine gute Kundin.«
    »Um hineinzukommen, müssen
     wir erst mal dorthin kommen«, entgegnete Ben. »Die Kontrollen
     am Flughafen -«
    »Wieder haben Sie Glück,
     denn es gibt keine Kontrollen. Nicht am Flughafen von Lordsburg. Es ist
     gar kein richtiger Flughafen. Nur eine Piste mit ein paar Hangars.«
    »Warum tun Sie das?«,
     fragte ich.
    Sie legte den Brief in die
     Mappe zurück und stand auf. »Ich bin genauso sehr daran
     interessiert zu finden, was Granville gefunden hat, wie Sie.«
    »Lassen Sie es sein,
     Kate«, sagte Ben nachdrücklich.
    Irgendwo in der Ferne hörte
     ich ein Knattern, wie von einer Kettensäge. Dann wurde der Lärm
     lauter, und schließlich erkannte ich das Geräusch. Ein
     Hubschrauber.
    »Wahrscheinlich unsere
     Freunde und Helfer.« Athenaide ging an eins der Fenster. »Ich
     fürchte, Sie können nicht mehr zurück. Es gibt Gezeiten für
     der Menschen Treiben; nimmt man die

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