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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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Flut wahr, führt sie uns zum Glück;
     versäumt man sie, so muß die ganze Reise des Lebens sich durch
     Not und Klippen winden … Wie entscheiden Sie sich, Katharine?«
    Ros’ Lieblingszitat.
    Ich sah Ben an. »Washington«,
     sagte ich.

 
    24
    Wir brauchen Ihre Schuhe«,
     sagte Athenaide.
    »Warum?«
    »Eine kleine Scharade«,
     antwortete sie. »Wenn die Polizei mit dem Helikopter anrückt,
     kommt sie wahrscheinlich nicht wegen eines Kaffeeklatschs. Ich könnte
     mir vorstellen, sie haben den Verdacht, dass ich möglicherweise von
     einem Mörder aus Utah bedroht werde. Und wenn das FBI von der Sache
     Wind bekommen hat und Maxines Tod mit den Shakespeare-Bränden in
     Zusammenhang bringt, haben sie vielleicht sogar Ihre Namen. Auf jeden Fall
     merken sie, dass jemand hier war. Ihr Wagen draußen, zum Beispiel,
     wobei ich mir die Freiheit genommen habe, Ihre persönlichen Gegenstände
     herausholen zu lassen.«
    Meine Bücher, dachte ich
     erschrocken.
    »Sie bekommen alles zurück«,
     erklärte Athenaide trocken. »Wir melden unbefugte Eindringlinge«,
     fuhr sie fort, »und die Polizei wird Spuren finden, die in die Wüste
     führen, genau in die Richtung, wo die Schlepper die illegalen
     Einwanderer einsammeln. Mit ein bisschen Glück wird die Suche nicht
     allzu hoch gehängt. Wenigstens fürs Erste.«
    »Und wir spazieren in
     der Zwischenzeit einfach zur Pforte hinaus?«, fragte Ben.
    »Mein Haus hat viele Türen,
     Mr Pearl«, sagte Athenaide mit einem verschmitzten Lächeln.
    Ich hörte ein Knirschen,
     und dann tauchte Graciela wie ein buckliger Troll im großen Kamin
     auf. Hinter ihr, wo die Feuerstelle gewesen war, führte ein Tunnel in
     gähnende Finsternis. Graciela zeigte auf unsere Füße.
     »Los zapatos«, verlangte sie. »Dámelos.«
    Zu meiner Überraschung
     schlüpfte Ben gehorsam aus den Schuhen, hob sie auf und hielt sie ihr
     hin. Ich tat es ihm nach, und die Frau verschwand wieder in der
     Dunkelheit.
    Ben wollte ihr folgen.
    »Warten Sie«,
     sagte Athenaide. »Sie ist sofort zurück.«
    Draußen wurde das
     Knattern des Hubschraubers lauter.
    In der Zwischenzeit bückte
     sich Ben, um sich das Loch im rußigen Mauerwerk näher
     anzusehen. »Verdammt gut gemacht«, sagte er mit Kennermiene.
    »Das Original diente
     dem Zweck, Priester zu decken«, sagte Athenaide.
    »Ein Priesterloch?«
     Ich hatte ein oder zwei dieser Geheimgänge gesehen - enge Winkel
     unter Treppen oder hinter Stützbalken, die man in alten englischen
     Herrenhäusern hinter Glas besichtigen konnte. Doch ich hatte noch nie
     eins in Aktion gesehen.
    In Shakespeares Tagen war der
     Protestantismus die von oben verordnete Staatsreligion. Als Hochverrat zählte
     nicht nur, wenn ein Engländer sich zum katholischen Priester weihen
     ließ, sondern auch, wenn eine englische Familie einen Priester
     beherbergte. Zu Beginn ihrer Regierungszeit hatte Königin Elisabeth
     beiden Seiten Toleranz gepredigt, doch dann begannen ihre Minister zu fürchten,
     dass die Katholiken der Königin nach dem Leben trachteten. Nachdem
     ein paar Komplotte vereitelt wurden, machten Elisabeths Bluthunde Jagd auf
     die, die ihrer Meinung nach dafür verantwortlich waren: die Priester.
     Im Gegenzug begannen die englischen Katholiken ihre Hirten hinter ausgehöhlten
     Wänden und schlecht gestopften Ritzen zu verstecken, so wie die
     Tochter des Pharaos den kleinen Moses zwischen den Binsen verbarg.          
    »Wenn sie gut gemacht
     sind, kann man sie weder durch Klopfen noch mit der Lupe finden. Man muss
     einfach wissen, wo sie sind und wie sich die Türen öffnen
     lassen. Diesen Gang habe ich von einem der besten abgekupfert«,
     sagte Athenaide. »Das Original war so gut isoliert, dass selbst bei
     einem Brand nicht die Gefahr bestand, dass der Priester geröstet
     wurde.«
    »Ist der hier auch
     brandsicher?«, fragte Ben.
    »Ich habe es nicht
     ausprobiert. Noch nicht.«
    »Haben Sie so etwas
     schon mal getan, oder ist das alles Improvisation?«
    »Ein Thema, viele
     Variationen«, antwortete Athenaide vage. 
    Im gleichen Augenblick
     tauchte Graciela wieder auf, und das stotternde Knattern draußen
     verstummte. Eine ominöse Stille breitete sich aus. »Síganme«,
     bellte Graciela. Man musste kein Spanisch sprechen, um zu verstehen, dass
     wir mitkommen sollten.
    »Au revoir«,
     sagte Athenaide.
    Wir duckten uns in den Gang,
     und die Tür schloss sich knirschend hinter uns. Einen Moment lang
     standen wir

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