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Die sieben Finger des Todes

Die sieben Finger des Todes

Titel: Die sieben Finger des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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großen Reisenden verehrt wurde. Er schätzte den Stein zwar als Rarität ein, die jedoch durch den Schliff eine Wertminderung erfahren hatte. Obgleich zunächst einem Verkauf abgeneigt, ließ er sich schließlich umstimmen, denn ich konnte großzügig bezahlen, da ich ja für Mr. Trelawny einkaufte, der, wie Sie gewiß wissen, ein sehr reicher Mann ist. Kurz darauf war ich wieder unterwegs nach London, den Stern-Rubin sicher in meinem Notizbuch verwahrt, in meinem Herzen Freude und grenzenlose Hochstimmung.
    Denn wir hatten nun den Beweis für Van Huyns’ wunderbare Geschichte in Händen. Das Juwel wurde in Mr. Trelawnys großem Safe sicher untergebracht, und wir brachen hoffnungsvoll zu unserer großen Reise auf.
    Mr. Trelawny wollte zu guter Letzt seine junge Frau, die er aus ganzem Herzen liebte, nicht allein lassen. Sie aber, die ihm ebenso zugetan war, wußte, wieviel ihm an der geplanten Suche lag. Mit ihren Ängsten hinterm Berg haltend wie alle guten Frauen – Ängste übrigens, für die sie besondere Gründe hatte –, drängte sie ihn, sein Vorhaben auszuführen.«
     

11. KAPITEL
     
    DAS GRAB EINER KÖNIGIN
     
    Mr. Trelawnys Hoffnung war mindestens so groß wie meine. Er ist nicht so schwankend in seiner Gemütslage wie ich und keinem ständigen Auf und Ab von Hoffnung und Verzweiflung unterworfen. Er setzt sich bestimmte Ziele, die schließlich bloße Hoffnung zu festem Glauben werden lassen. Zuweilen hatte mich die Befürchtung heimgesucht, es hätte zwei solcher Steine gegeben oder die Abenteuer Van Huyns wären bloße Phantastereien eines Weitgereisten, die er auf irgendeine alltägliche Erwerbung des Juwels in Alexandria, Kairo, London oder Amsterdam gründete. Mr. Trelawny aber ließ sich in seinem Glauben nicht ein einziges Mal erschüttern. Doch gab es vieles, was unsere Gedanken von Glauben oder Nicht-glauben ablenkte. Dies alles trug sich kurz nach Arabi Pasha zu, und Ägypten war für Reisende eine unsichere Gegend, schon gar, wenn es sich um Engländer handelte. Mr. Trelawny aber kennt keine Furcht. Und manchmal meine ich, daß auch ich kein Feigling bin. Wir stellten eine Gruppe von Arabern zusammen, die wir von früheren Wüstenexpeditionen kannten und denen wir trauen konnten, besser gesagt, wir mißtrauten ihnen nicht so sehr wie den anderen. Wir waren zahlreich genug, um uns bei zufälligen Begegnungen mit Räuberbanden zu verteidigen, und wir führten viel Gepäck mit uns. Das Einverständnis und die passive Mithilfe der England noch immer freundlich gesinnten Beamten hatten wir uns gesichert. Ich brauche wohl kaum hervorzuheben, daß wir uns dieses Wohlwollen dank Mr. Trelawnys Mittel erkauft hatten. In Dahabiy gelangten wir nach Assuan, von wo aus wir uns, nachdem wir dem Scheich ein paar Araber abgeschwatzt und das übliche Bakschisch verteilt hatten, auf den Weg durch die Wüste machten.
    Nun denn, nach langem Umherwandern und nachdem wir jeder Windung in dem unendlichen Hügelgewoge nachgegangen waren, gelangten wir bei Einbruch der Dunkelheit zu einem Tal, das genauso war, wie Van Huyn es beschrieben hatte. Ein Tal umgeben von hohen, steilen Felswänden, das sich in der Mitte verengte und an den Ausgängen im Westen und Osten breiter wurde. Im Tageslicht standen wir gegenüber dem Felsen und konnten mit Leichtigkeit die Öffnung hoch oben in der Wand ausmachen und auch die Hieroglyphen, die ursprünglich als Tarnung der Öffnung dienen sollten.
    Doch die Hieroglyphen selbst, die Van Huyn und seine Zeitgenossen vor ein Rätsel gestellt hatten, waren für uns kein Geheimnis mehr. Die vielen Gelehrten, die ihren Verstand und ihr Leben diesem Werk gewidmet hatten, hatten den rätselhaften Kerker der ägyptischen Sprache aufgeschlossen. Auf der behauenen Oberfläche der Felswand konnten wir, die wir die Geheimnisse kannten, lesen, was die Priesterschaft Thebens hier vor fast fünfzig Jahrhunderten geschrieben hatte.
    Denn daß die Inschrift das Werk der Priester war – feindlicher Priester – daran konnte kein Zweifel bestehen. Die Hieroglypheninschrift lautete wie folgt:
    »Niemals mögen die Götter an diesen Ort gelangen. Die »Namenlose« hat sie beleidigt und soll auf ewige Zeiten einsam bleiben. Haltet euch fern, damit ihre Rache euch nicht trifft!«
    Diese Warnung mußte zur Zeit, als sie geschrieben wurde, sehr mächtig gewesen sein, auch noch Tausende Jahre nachher, auch als die Sprache, in der sie abgefaßt war, für die Menschen des Landes längst schon ein totes

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