Die Siedler von Catan.
die Nase. Von hier oben konnte man die Schönheit dieses Ortes in all ihrer Vielfalt würdigen.
»Und diese Runen erzählen die Geschichte von dem Zimmermann, der der Sohn deines Gottes war?«, fragte Siglind weiter.
Austin nickte. »Auch. Ich merke, du weißt schon allerhand darüber, Herrin. Woher?«
»Oh …« Das selbstvergessene Lächeln verschwand, und sie ließ die Hand sinken. »Cnut plündert gern britannische Klöster, weil es dort so viel Gold gibt. Die jüngeren, kräftigeren Mönche brachte er immer als Sklaven mit heim. Manchmal schenkte er mir einen, und sie haben mir davon erzählt. Aber die meisten starben an der Schwindsucht. Oder an sonst irgendetwas. Sie waren nicht sehr zäh.«
Austin wandte das Gesicht ab und zog eine schmerzliche Grimasse. »Und die Geschichten, die sie dir erzählten, haben dir gefallen?«, fragte er.
»Ja. Sie haben mir Hoffnung gemacht.«
»Hoffnung worauf?«
Siglind dachte einen Moment nach. »Vielleicht auf etwas, das die Leere in meinem Innern ausfüllen kann. Hoffnung auf ein besseres Leben, vermutlich, entweder in dieser oder in der nächsten Welt. Das ist es doch, was er den Seinen verheißt, dieser Zimmermannsgott, nicht wahr? Er ist nicht grausam und selbstsüchtig wie unsere Götter.«
Austin verschränkte die Hände auf den angezogenen Knien und schaute einen Moment versonnen auf die aufgeschlagene Bibel hinab. Lange hatte er vergeblich auf einen unter diesen Wilden gewartet, den es nach spiritueller Erfüllung verlangte. Nun hatte Gott sein Flehen erhört, aber auf einmal war der Mönch unsicher, wie er dieser Suchenden den Weg weisen sollte. Er folgte seinem Instinkt, nicht dem Rat seines Abtes, als er sich entschloss, sich strikt an die Wahrheit zu halten. »Doch, auch der Gott der Christen ist grausam, Siglind. Oft unerbittlich. Aber es stimmt, er ist anders als die Götter, die dein Volk verehrt. Seine Macht ist unendlich viel größer. Und er hat einen Bund mit den Menschen geschlossen, um sie zu erretten. Die Menschen, die in diesem Bund mit Gott stehen, sind in einer Gemeinschaft vereint, die Kirche heißt. Diese Kirche ist Gottes Macht auf Erden, die sichere Heimstatt seiner Gläubigen.«
»Und jeder kann Aufnahme in dieser Gemeinschaft finden?«
»O ja.«
»Erzähl mir mehr darüber.«
»Das werde ich gern tun, Herrin …«
»Eben hast du mich Siglind genannt.«
»Tatsächlich? Wie ungehörig von mir. Ich hoffe, du kannst mir vergeben.«
Sie lächelte scheu, und das Strahlen ihrer tiefblauen Augen ließ nicht einmal einen Asketen wie ihn unberührt. »Mir wäre lieber, du bliebest dabei«, gestand sie.
»Nein, das geht nicht«, entgegnete er bedauernd.
»Aber du wirst Wort halten, nicht wahr? Mir von deinem Gott erzählen?«
»So viel du willst. Aber sag mir eines: Wieso bist du hier und nicht dort unten am Strand, um mit deinem Volk dem Göttervater zu huldigen? Seit zwei Tagen sind wir nun hier, und sie haben kaum etwas anderes getan, als ihm zu opfern und ihn zu preisen. Solch religiösen Eifer legen sie sonst nicht einmal zum Julfest an den Tag. Glaubst denn du nicht wie alle anderen, dass Odin euch erwählt hat, seine entrückte Insel zu finden und zu besiedeln?«
»Doch«, antwortete sie ohne das geringste Zögern. »Nur er kann uns nach Catan geführt haben, denn nur er weiß, wo es liegt. Aber ganz gleich, was Odin tut, es dient immer nur seinen eigenen Absichten. So gnädig er uns im Augenblick sein mag, kann er sich morgen schon wieder von uns abwenden.«
Sie schwieg einen Moment, als müsse sie ihre Gedanken ordnen, ehe sie fortfuhr: »Vielleicht wird das Leben hier leichter sein als in der alten Heimat – meiner wie ihrer -, weil das Land besser ist. Aber wenn es wirklich ein besseres Leben sein soll, dann brauchen wir etwas … Neues. Denn das größte Elend bereiten die Menschen sich immer selbst, scheint mir; nicht Missernten oder Viehseuchen sind an ihrem Unglück schuld.«
Austin blickte sie verwundert an. Dann neigte er den Kopf zur Seite. »Darf ich fragen, wie alt du bist, Herrin?«
»Oh … ich glaube, das kommende Mittsommerfest ist mein siebzehntes.«
»Dann bist du weise für deine Jahre.«
Sie hob die Schultern. »Ich habe viel erlebt für meine Jahre.«
»Wir haben keine Zeit zu verlieren«, erklärte Olaf eindringlich.
»In ungefähr zwei Wochen ist schon Thorsnacht. Natürlich ist es gut möglich, dass das Korn hier schneller wächst als in Elasund, aber wenn wir nicht bald säen, werden wir dieses
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