Die Silberne Festung
Sie.«
»Trotzdem kommt bestimmt noch ein Aber.«
»Richtig«, bestätigte der General. Er mußte unwillkürlich lächeln.
»Aber… kein Mensch kann sämtliche Fachgebiete beherrschen. Sie haben das Skybolt-Modul so konstruiert, daß es an Silver Tower angeschlossen werden konnte. Eigentlich ist’s ein technologisches Wunder, daß das Ding überhaupt funktioniert. Aber jetzt treten Probleme auf, und Sie wissen nicht weiter…»
»Natürlich weiß ich weiter!«
»Weshalb haben Sie dann vorhin die Platine ausgewechselt?«
Ann kniff die Augen zusammen, griff nach der Platine und hielt sie hoch. »Diese hier? Das ist ein Multiplexer/Demultiplexer für die Steuerung der Daten zwischen dem SBR und den Servomotoren, die den Laserspiegel richten…«
»Aber in der Zentrale haben Sie vorhin gesagt, alle Tests seien einwandfrei ausgefallen. Und Ihr Selbsttest in letzter Sekunde, dessen Werte ins Kommandomodul übertragen worden sind, hat volle Funktionsfähigkeit ergeben. Woher haben Sie also gewußt, welche Platine ausgetauscht werden mußte?«
Ann, die nicht mehr ganz so wütend war, wich seinem Blick aus. »Ich…
ich konzentriere mich auf bestimmte kritische Bauteile, die defekt sein könnten…«
»Oder für die Sie zufällig Ersatz an Bord haben? Weil Sie etwas unternehmen, irgend etwas tun wollen, bevor die Agena zurückkommt? Danach haben Sie dann mindestens vierundzwanzig Stunden Zeit, um vor dem nächsten Vorbeiflug das wahre Problem einzugrenzen.«
Ann starrte schweigend vor sich hin.
»Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen? Wenn Sie einverstanden sind, bitte ich Oberst Marks, Dr. Kevin Baker, Jeffersen und Mayer zu einer Besprechung mit Ihnen, die unmittelbar vor dem Schichtwechsel stattfinden könnte. Ich sage ihnen, daß Sie mit ihnen über die Lasererprobung und Skybolts Koppelung mit dem SBR diskutieren wollen.« Der General machte eine Pause. »Und ich garantiere Ihnen, daß alle vier sich ein Vergnügen daraus machen werden, Ihnen bei Skybolts Problemen zu helfen.
Nutzen Sie diese Chance! Ein Versuch kann jedenfalls nicht schaden.«
Sie blickte zu ihm auf. »Sie wollen mir wirklich helfen?«
Seine Hand berührte leicht ihre Schulter. »Wir alle wollen Ihnen helfen.
Das hat keine persönlichen Gründe, deshalb brauchen Sie nicht gleich wieder wütend auf mich zu werden. Wir alle haben ein Interesse daran, daß Ihr Wundergerät funktioniert. Wer weiß, vielleicht bringt es mir sogar einen weiteren Stern ein… Beförderung durch Assoziation, könnte man sagen.«
Ann gestattete sich ein Lächeln, gab einen Befehl für den Steuercomputer ein und griff nach ihrem Mikrofon. »Zentrale, hier Skybolt.«
»Ja, Skybolt?«
»Der zweite Test wird verschoben, bis das System überprüft ist. Skybolt ist ausgeschaltet. Der MHD-Reaktor ist deaktiviert.«
»Skybolt, verstanden.«
Sie wandte sich an Saint-Michael. » Ich lade die anderen zu einer Besprechung ein, General. Langsam wird’s Zeit, daß wir uns kennenlernen, schätze ich.«
Drei Tage später versammelte die Besatzung der Raumstation sich im Kommandomodul, weil Saint-Michael etwas bekanntzugeben hatte. Der General kam wie gewohnt sofort zur Sache.
»Wir bringen Silver Tower in eine andere Umlaufbahn«, kündigte er an.
»Eine Bahnänderung?« fragte Oberst Marks sichtlich irritiert. »Wohin?
Davon ist noch mit keinem Wort die Rede gewesen…«
»Hängen Sie besonders an diesem Orbit, Wayne?«
»Ich… die Sache kommt nur unerwartet, Skipper.«
»Das Pentagon hat mich auf einige interessante Entwicklungen aufmerksam gemacht, die uns allen Gelegenheit geben, uns zu bewähren. Zum ersten Mal seit der Thor-Erprobung hat die Armstrong-Raumstation die Chance, weniger als Weltraumlabor und mehr als Aufklärungseinheit zu fungieren. Unsere Station ist mit den modernsten SBR-Geräten ausgerüstet, aber im Augenblick überwachen wir damit nur den leeren Himmel über russischen Raketensilos und verfolgen über den Nordpol fliegende Flugzeuge. Damit sind wir nicht ausgelastet, und ich finde, wir sollten mehr tun.«
Einige der Anwesenden nickten. Auch Ann wußte, daß Saint-Michael recht hatte. Silver Tower wurde allzuoft lediglich als Erprobungsplattform für SDI-Experimente gesehen. Dabei war das Projekt Skybolt nur eines von vielen Forschungsvorhaben, die an Bord durchgeführt wurden. In der Raumstation arbeiteten im allgemeinen ebenso viele Zivilisten wie Soldaten, und die Andockmodule waren ständig besetzt.
»Welchen Auftrag haben wir?«
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