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Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
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weinrot, und ich fragte mich, ob das Elixier die Erwartungen erfüllte. An seiner Miene war es nicht zu erkennen, denn er schaute grimmig und zu allem entschlossen drein. Auch Charlie hatte die roten Füße bemerkt und fragte: »Ich sehe, ihr habt Wein gemacht, Warm.«
    Warm rieb seine Füße aneinander wie eine Heuschrecke und antwortete: »Bei Weitem nicht.«
    »Zumindest seid ihr heute reicher als gestern«, sagte ich.
    Misstrauisch fragte er: »Dann hat der Kommodore mit euch über die Wunderlösung gesprochen?«
    »Gewissermaßen ja«, sagte Charlie. »Aber was wirklich dahintersteckt, erfuhren wir erst von Morris.«
    »Das möchte ich bezweifeln«, sagte Warm.
    »Dann frag ihn doch selber.«
    »Das tue ich auch.« Ohne uns aus dem Blick zu lassen, pfiff er zweimal kurz, und aus der Ferne antwortete ihm dasselbe Signal, und Warm wiederholte es noch einmal. Kurz darauf erschien Morris und war offenbar völlig unbeschwert, bis er uns sah. Da verging ihm das Lachen, und er erstarrte geradezu. »Keine Angst, ich habe sie«, sagte Warm. »Ich bin nur nach oben geklettert, um die Lage zu peilen, und da habe ich die beiden Halunken gesehen, wie sie sich unserem Lager nähern. Sie sind übrigens über unser kleines Experiment informiert und behaupten nun, sie hätten es von dir erfahren.«
    »Sie lügen«, sagte Morris.
    Da sagte Charlie: »Du warst es nicht allein, Morris. Der Einäugige im Black Skull sagte uns, wo wir euch finden. Aber der entscheidende Hinweis kam aus deinem Tagebuch.«
    Morris’ Miene verriet sofort, dass er sich schmerzhaft erinnerte.
    »Das Bett«, winselte er. »Es tut mir so leid, Hermann. Ich Idiot habe dort mein Tagebuch vergessen.«
    »Kann ja mal passieren«, sagte Warm. »Nimm’s nicht so schwer, Morris. Es war eine anstrengende Zeit, und wir haben von morgens bis abends nur gearbeitet. Ich bin auch nicht ganz unschuldig, ich hab schließlich den Zyklopen in unsere Pläne eingeweiht – und wofür? Für ein paar Teller von seinem ungenießbaren Fraß.«
    »Trotzdem«, sagte Morris.
    »Denk nicht länger darüber nach«, beruhigte ihn Warm. »Wir haben sie ja erwischt, ehe sie etwas Böses tun konnten, und das ist die Hauptsache. Daher lautet die nächste Frage: Was machen wir mit ihnen?«
    Morris wurde blass. »Die einzige Lösung ist, sie zu erschießen.«
    »Jetzt schau sich einer das an«, sagte Charlie. »Eine Woche in der Wildnis, und schon will er Blut sehen.«
    »Warte«, sagte Warm.
    »Eine andere Möglichkeit gibt es nicht«, sagte Morris. »Wir verscharren sie irgendwo, und dann ist erst einmal Ruhe. Es wird Wochen dauern, bis der Kommodore dahinterkommt, dann sind wir längst über alle Berge.«
    »Die beiden stellen eine permanente Gefahr dar. Mir wäre es auch lieber, wenn sie ein für alle Mal ausgeschaltet wären«, sagte Warm.
    »Also erschieß sie, Hermann. Bringen wir es hinter uns.«
    Doch Warm hatte Bedenken. »Bei dem Gedanken dreht sich mir der Magen um.«
    »Dürfte ich etwas vorschlagen?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte Morris. »Hermann, erschieß sie. Sie führen etwas im Schilde.«
    »Keine Sorge. Wenn sich einer muckst, knalle ich sie ab. Du da, der Dicke: Was wolltest du sagen?«
    Ich sagte: »Wir wollen uns euch anschließen. Wir haben den Kommodore verlassen und sind ihm nicht länger verpflichtet.«
    »Ich glaube euch nicht«, sagte Warm. »Allein eure Anwesenheit hier verrät euch.«
    »Nein, wir haben nur das Tagebuch gelesen«, sagte Charlie. »Und wir würden gerne euren Leuchtenden Fluss sehen.«
    »Du willst sagen, ihr wollt das ganze Gold einstreichen.«
    »Nein, wir sind beide sehr beeindruckt von eurer mutigen Unternehmung«, sagte ich. »Und wir verübeln es Morris keineswegs, dass er sich vom Kommodore getrennt hat. Wie ich schon sagte, wir haben es ebenso gemacht und mussten euch einfach treffen.«
    Meine aufrichtigen Worte ließen Warm aufhorchen, und ich konnte förmlich spüren, wie er mich taxierte. Aber wahrscheinlich nicht besonders wohlwollend, denn er sagte: »Selbst wenn ihr nicht mehr für den Kommodore arbeitet, was ich bezweifle, fehlt mir jedes Vertrauen in eure guten Absichten. Kurz und gut, in meinen Augen seid ihr nur zwei Diebe und Mörder. Für euch ist kein Platz bei uns.«
    »Wir sind keine Diebe«, sagte Charlie.
    »Dann eben nur Mörder, wenn euch das lieber ist.«
    »Ihr seid beide müde von der Arbeit«, sagte ich. »Wir könnten euch helfen und überdies für euren Schutz sorgen.«
    »Schutz wovor?«
    »Vor jedem, der

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