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Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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eines Freundes, der dem andern eine Freude macht: »Außerdem, mein Josef, will ich, daß dein Buch in der Bibliothek des Friedenstempels niedergelegt und daß dir dort eine Ehrensäule errichtet wird.«
      Josef atmete hoch, eine schnelle Röte über seinem nackten Antlitz. Er mußte an sich halten, sich nicht ans Herz zu greifen. Selbst Valens und Phineas konnten ihre Überraschung nicht ganz verbergen. Eine Büste im Ehrensaal des Friedenstempels. Es gab viele Statuen in Rom, aber eine Büste in diesem Saal blieb das höchste Ziel eines jeden Schriftstellers; denn unter den Schriftstellern aller Zeiten, deren Werke in griechischer oder lateinischer Sprache vorlagen, hatte man nur einhundertsiebenundneunzig würdig befunden, ihre Werke in die Ehrenschränke des Friedenstempels aufzunehmen, und nur siebzehn Lebende waren darunter, elf Griechen und sechs Römer. Oftmals, wenn Josef an den Tafeln vorbeiging, auf denen in Erz gemeißelt die Namen dieser großen Schriftsteller standen, hatte er neidvolle, hochfahrende Betrachtungen angestellt. Ist es ausgemacht, daß unter den Lebenden wirklich gerade die elf Griechen und sechs Römer dieser Ehrensäulen die Jahrhunderte überdauern werden? Seit drei Jahrhunderten lag die Bibel in griechischer Übersetzung vor: warum fehlten auf der Tafel Namen wie Jesajas, Jeremias, Ezechiel? Sind die Hymnen König Davids schlechter als die des Pindar? Aber daß er selber der erste Fremde, der erste »Barbar« in diesem erlauchten Kreise sein könnte, hatte er aus Furcht vor dem mißgünstigen Schicksal auch in seinen leisesten Träumen nicht zu denken gewagt. Wie Tuben und Hörner klang es ihm jetzt durch den Kopf, er fühlte sich wie damals, als er als Knabe zum erstenmal die Weißgekleideten auf den Stufen des Tempels hatte singen hören. Das alte Wort tauchte ihm hoch: »Siebenundsiebzig sind es, die haben das Ohr der Welt, und ich bin einer von ihnen«, und betäubend überfiel ihn sein Glück.
      Sogleich aber, noch ehe er dem Kaiser und Freund dankte, mischte sich eine Sorge in diese seine flutende Seligkeit. »Du sollst dir kein Bild machen.« Er hat es zugelassen, ja, er war die Ursache, daß einstmals das Schloß des Titularkönigs Agrippa in Tiberias um der Bildsäulen willen gestürmt und niedergebrannt wurde. Es ist eine Todsünde, wenn er es jetzt zuläßt, daß in dem heidnischen Tempel seine eigene Bildsäule errichtet wird. Viele Juden, die meisten, werden im geheimen stolz sein über die Ehrung, die man einem der Ihren erweist. Öffentlich aber, in den Synagogen und Lehrhäusern, wird man von neuem gegen ihn predigen, und überall im Reich, selbst jenseits der Grenzen, bei den Juden des fernen Ostens, wird sein Name zum Abscheu werden. Leise auch mischten sich andere Besorgnisse ein. Wird er, wenn man ihm selber eine Ehrensäule errichtet, Dorion das Fresko des Fabull verweigern können? Und wie soll er das Geld für alles das schaffen? Vielleicht, dies kam vor, wird er die Errichtung der Bildsäule aus eigenen Mitteln bezahlen müssen.
      Dieser letzten Sorge freilich wurde er rasch überhoben. Kaum nämlich hatte er seinen Dank gestammelt, da sagte ihm Titus, er sprach jetzt, dem Freunde zu Gefallen, aramäisch, schwierig suchte er die Worte aus seinem Gedächtnis: »In den nächsten Tagen also schicke ich dir den Bildhauer Basil. Überleg dir aber«, fügte er lächelnd hinzu, »ob er dich nicht doch lieber mit Bart machen soll.«
      An die vierzig Freunde hatten den Josef zum Palatin begleitet. Sie warteten in der Halle. Als er zurückkam, strahlend, waren es ihrer sechzig geworden. Unheimlich schnell hatte sich in der Stadt das Gerücht verbreitet, daß der Kaiser den Josef an die zwei Stunden in einer Privataudienz dabehalten hatte. Man empfing ihn mit lärmender Freude. Als er gar in halb echter, halb gespielter Bescheidenheit erzählte, welche Ehrenbezeigungen der Kaiser ihm zugedacht, jubelte man, umarmte ihn, küßte ihn. Am stürmischsten bekundete der Schauspieler Demetrius Liban seine Freude. Er streckte den Arm mit der flachen Hand aus, führte ihn zurück, küßte die Hand, warf Josef den Kuß zu, verhüllte das Haupt bis auf Stirn und Augen, und so, in der Pose des Mannes, der die Gottheit verehrt, rührend und komisch zugleich, rief er wieder und wieder: »O du sehr guter, sehr großer Jude Josephus.« Er dachte aber daran, daß der Kaiser, wenn er schon diesen so hoch ehrte, ihm selber bestimmt noch ganz andere Ehrungen werde zuteil werden

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