Die Sphaeren
Streitkräfte und des Staates. Aber er verbreitete nur Langeweile. Foise war klein und kurzsichtig hinter seiner dicken Brille, hatte ein schmales, nie lächelndes Gesicht und eine ruhige, monotone Stimme. In jeder anderen Hinsicht war er unauffällig und schien mehr Buchhalter als General zu sein, obwohl er im Krieg anerkennenswerte, wenn auch nicht spektakuläre Dienste geleistet hatte. Mit den rangniedrigeren Offizieren in seiner Nähe sah es ähnlich aus: tüchtig, aber wenig inspirierend, Verwalter, keine Draufgänger. Sie beschäftigten sich hauptsächlich damit, zu planen und zu überlegen, wie man möglichst viele Orte mit möglichst wenigen Männern verteidigte. Oramen überließ sie gern ihrer Arbeit und ging ihnen aus dem Weg.
»Sie müssen aufhören, einfach davonzurennen, Sir«, sagte Neguste, öffnete den großen Regenschirm und hielt ihn über Oramen. Es gab hier tatsächlich viel Sprühwasser, stellte Oramen fest. »Jedes Mal, wenn ich Sie aus dem Auge verliere, befürchte ich, dass Sie von einem Gebäude gefallen sind oder so, Sir.«
»Ich wollte dies sehen«, sagte Oramen und blickte zum großen, flachen Gebäude im Wasserchaos. »Die Techniker meinten, es könnte jeden Augenblick umstürzen.«
Neguste blickte nach vorn. »Es fällt doch nicht in diese Richtung, Sir, oder?«
»Offenbar nicht.«
»Hoffentlich nicht, Sir.«
Zwischen dem dolchartigen Gebäude und dem Fontänenturm blitzte es beim Wasservorhang, der vom hohen Platz herabdonnerte, erneut blau. »Haben Sie das gesehen, Sir?«
»Ja. Es geschieht zum zweiten Mal, seit ich hier bin.«
»Geister, Sir«, sagte Neguste mit Nachdruck. »Dafür gibt es Beweise.«
Oramen sah ihn kurz an. »Geister?«, wiederholte er. »Im Ernst?«
»Ganz klar, Sir. Ich habe mit den Brennern, Schneidern, Sprengern und den anderen gesprochen, Sir.« Oramen wusste, dass Neguste die als gefährlich gelten Kneipen, Rauchzelte und Musiksäle in den weniger gesunden Teilen der Siedlung besuchte, bisher ohne Verletzung. »Es heißt, dort unter dem Platz gibt es alle Arten von unheimlichen Dingen.«
»Was für Dinge?«, fragte Oramen. Er hörte immer gern die Einzelheiten solcher Behauptungen.
»Oh«, sagte Neguste, schüttelte den Kopf und blähte die
Wangen auf. »Schreckliche, sonderbare, gruselige Dinge, Sir. Dinge, die nicht das Licht des Tages erblicken sollten. Und nicht einmal die Nacht«, fügte er mit einem Blick zum dunklen Himmel hinzu. »Das ist eine Tatsache, Sir.«
»Ist es das?«, erwiderte Oramen und nickte Droffo zu, als der in der Tür erschien, dort aber verharrte, denn er war nicht schwindelfrei. »Droff … Gut gemacht. Jetzt sind Sie mit dem Verstecken dran. Ich zähle bis fünfzig.«
»Sir …«, sagte der Graf mit einem matten Lächeln, gab sich einen Ruck und trat vorsichtig näher. Droffo war ein guter Mann, in vielerlei Hinsicht, ausgestattet mit einem eigenen, recht trockenen Sinn für Humor. Doch die Scherze des Prinzen fand er nur selten lustig.
Oramen stützte sich auf die Brüstung der Plattform und sah über den Rand. »Es geht gar nicht so weit nach unten, Droff.«
»Für mich weit genug, Prinz«, sagte Droffo und wandte den Blick ab, als sich Oramen noch weiter vorbeugte. »Mir wäre lieber, Sie würden das nicht tun, Sir.«
»Dem schließe ich mich an, Sir«, ließ sich Neguste vernehmen, und sein Blick galt beiden Männern. Ein plötzlicher Windstoß riss ihn fast von den Beinen.
»Neguste«, sagte Oramen, »nimm den Schirm runter, bevor dich der Wind damit davonträgt. Er nützt ohnehin nichts – das meiste Sprühwasser kommt von unten.«
»In Ordnung, Sir.« Neguste klappte den Regenschirm zusammen. »Haben Sie von all den seltsamen Geschehnissen gehört, Sir?«, fragte er Droffo.
»Von welchen seltsamen Geschehnissen?«, erwiderte der Graf.
Neguste beugte sich zu ihm. »Große Meeresungeheuer schwimmen im Wasser stromaufwärts des Katarakts, lassen Boote kentern und lösen Anker. Man hat sie auch stromabwärts gesehen, dort, wo keine Boote mehr fahren können. Geister, Phantome und seltsame Erscheinungen, und Leute, die man in Stein verwandelt gefunden hat, oder von denen nicht mehr Staub übrig geblieben ist, als man in einer Hand halten kann, Sir. Andere haben den Verstand verloren, erkennen nicht einmal ihre besten Freunde wieder und irren in den Ruinen umher, bis sie irgendwo vom Rand eines Gebäudes fallen und in die Tiefe stürzen. Manche Leute sehen bei den Ausgrabungen etwas, das sie veranlasst, zur
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