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Die Spieluhr: Roman (German Edition)

Die Spieluhr: Roman (German Edition)

Titel: Die Spieluhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Tukur
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halten Sie sich versteckt, bis die Engländer und Amerikaner hier sind. Das kann nicht mehr lange dauern, gestern ist die Front bei Caen zusammengebrochen. Wer hätte nur für möglich gehalten, daß dieser Hund überlebt?!«
    Er schwieg und blickte seufzend durchs Seitenfenster auf die weite, makellose Sommerlandschaft.
    Dann sagte er leise: »Wir sind von Gott verlassen, und alles um uns her zerbricht.«
    Als er sich zu mir drehte, sah ich in das Gesicht eines Menschen, der tief erschüttert und dem jede Hoffnung abhanden gekommen war. Aber er bewahrte Haltung, und es war deutlich, er hatte es so gelernt, und es war Teil seiner Natur geworden.
    Und obwohl er ihm gar nicht ähnlich sah, erinnerte er mich an Jean-Luc, wie er mir im Hotel begegnet war, kurz bevor er endgültig verschwand.
    Er ließ den Motor an und schaukelnd setzte sich der Wagen in Bewegung.
    Als wir in den Wald hineinfuhren, wußte ich sofort, daß es derselbe war, den Jean-Luc beschrieben hatte.
    Wir waren an der weißen Kapelle vorbeigekommen, und jetzt sah ich, wie der dichte Tannen- und Fichtenbestand allmählich einem Buchenwald Platz machte, in dessen lichter stehendem Gehölz Sonnenstrahlen und Schatten einander heiter umspielten.
    DAS SCHLOSS WIRKTE weitaus größer, als ich es mir in Jean-Lucs Bericht vorgestellt hatte. Das Eingangstor stand unbeschädigt und offen, und wir fuhren in den Innenhof, der eingefaßt war von Ställen und mehrstöckigen Wirtschaftsgebäuden. Seinen Mittelpunkt aber bildete ein imposanter Springbrunnen aus rotem Marmor, dessen drei sich nach oben hin verjüngende Wasserschalen riesige, exotische Meeresmuscheln darstellten. (Mir schien, als hätte ich ihn irgendwann schon einmal gesehen.)
    Der zentrale Teil des Schlosses bestand in einem mächtigen Turm aus hellem Quaderstein mit Schießscharten, kleinen, rechteckigen Fenstern und kegelförmigem Dach, von dem die zwei ausladenden Wohnflügel abgingen, die einer späteren Bauperiode angehörten.
    Die sattelförmigen Hauptdächer trugen Schornsteine unterschiedlicher Größen und waren mit verschiedenfarbigen Ziegeln bedeckt, deren lasierte Oberflächen hübsch in der Sonne glänzten.
    Links neben dem Turm befand sich auf Höhe des ersten Stockwerks der Haupteingang des Schlosses, zu dem eine breite, geschwungene Treppe beiderseits der Mauer hinaufführte.
    Diese nun kam ein Mann im Alter von höchstens dreißig Jahren in großer Eile herabgestiegen, der uns noch am Auto in Empfang nahm und sorgenvoll begrüßte.
    Dem erregten Gespräch zwischen ihm und dem Major entnahm ich, daß es sich um den Schloßbesitzer handelte, denn der Major hatte ihn als Marquis angeredet.
    Dann fiel auch der Name des Schlosses: Montrague.
    Auf dem Innenhof selbst herrschte ein hektisches Treiben, und obwohl ich immer noch nicht wußte, was sich hier eigentlich abspielte, spürte ich doch die beklemmende Atmosphäre, die über allem hing und eine sich unaufhaltsam nähernde tödliche Gefahr anzukündigen schien.
    Ein paar Soldaten kamen aus einem der Wirtschaftsgebäude und schleppten Kisten, die sie auf einen bereitstehenden Lastwagen warfen, ein Mann, der ein Fenster des rechten Flügels aufgerissen hatte, rief einer Gruppe von Arbeitern, unter denen auch ein deutscher Offizier stand, etwas auf französisch zu. Er schloß das Fenster wieder, und zwei Motorräder mit Beiwagen, in denen sich Akten und Dokumente stapelten, brausten unter höllischem Lärm davon.
    Es war, als wäre ich in einen Kriegsfilm hineingeraten, der verblüffend echt und geschickt inszeniert war.
    DER MAJOR UND SEIN Gastgeber waren vor einer niedrigen, massiven Holztür stehengeblieben, die am Fuße des Turmes eingelassen war, und winkten.
    »Wilhelm«, rief mir der Major zu und musterte mich von Kopf bis Fuß, »nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber was ist das für eine seltsame Kostümierung, die Sie da tragen? Der letzte Schrei aus Paris?«
    Ohne meine Antwort abzuwarten, folgte er dem Marquis durch die Tür. Einer von beiden lachte.
    Ich stutzte. Hatten sie sich angegrinst, bevor sie verschwanden? Ich meinte, es gesehen zu haben. Aber vielleicht war ich überreizt und bildete mir Dinge ein, die es nicht gab. Oder trieben sie tatsächlich ein Spiel mit mir? War alles um mich herum nur Täuschung und Kulisse und das vermeintliche Damoklesschwert, das drohend über allem hing, am Ende nichts als eine phantastische Attrappe?
    Wo befand ich mich, und wie wirklich war das, was sich hier abspielte?
    Lag ich

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