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Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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Eine Schweizerin, die erst seit einigen Monaten hier war und schon das eine oder andere Mal mit ihm geflirtet hatte, schlenderte zu ihm herüber. Sie war Mitte zwanzig und hatte schmerzhaft blondes Haar und einen breiten Mund. Sie genoss es, Deutsch mit ihm reden zu können. »Hallo, Milo.«
    »Hallo, Gabi.«
    »Der letzte Tag, was?«
    Er brauchte einen Moment, bis ihm einfiel, dass es tatsächlich der letzte Schultag war – Alan Drummond hatte sich bereits in sein Leben gedrängt.
    Gabi kniff die Augen zusammen und lachte. »Du hast es vergessen? «
    »Natürlich nicht«, knurrte er.
    »Das einzige Problem ist, dass ich die Gofen jetzt den ganzen Tag am Hals habe. Ich weiß nicht, wie ich das überleben soll.«
    »Feriencamp.« Jetzt fielen ihm wieder Details aus Stephanies Leben ein. »Ist nicht weit weg von hier, die Zeiten sind fast die gleichen. Du musst den Eltern nur sagen, dass alle Freunde von den Gofen auch dort sind.«
    Ihre Miene hellte sich deutlich auf. In diesem Moment läutete Milos Telefon.
    »Entschuldigung.« Er schaute nach der Nummer und nahm das Gespräch entgegen.
    »Sitzen Sie wieder mal hinter Gittern, Milo?«, fragte Janet Simmons.
    »Nein, bin auf Arbeitssuche.«
    Verlegen wandte sich Gabi der Schule zu, allerdings ohne sich zu entfernen.
    »Man muss auch für kleine Geschenke dankbar sein«, antwortete Simmons. »Stimmt es, dass Sie jemand angeschossen hat?«
    »Sind das die Gerüchte über mich?«
    »Kam vor zwei Monaten über den Ticker.«
    »Bin schon fast wieder gesund.«
    »Und was heißt gesund bei jemandem wie Milo Weaver?«
    »Warum erzählen Sie mir nichts aus Ihrem Leben?«, fragte er. »Ist bestimmt viel aufregender als meines.«
    Doch so war es nicht. Zum Teil wegen ihrer misslungenen Verfolgung von Milo Weaver vor einem Jahr war Janet Simmons nach Seattle zum Grenzdienst versetzt worden. Anfangs hatte ihr die Degradierung zwar zu schaffen gemacht, doch inzwischen hatte sie die Stadt ins Herz geschlossen.
    »Sie klingen glücklich«, stellte er fest.
    »Bei frisch Verlobten ist das meistens so.«
    »Aha. Gratuliere.«
    »Na gut, dann nehmen wir das mal als Grund für Ihren unerwarteten Anruf.« Sie machte eine kurze Pause. »Was ist der Grund für Ihren unerwarteten Anruf?«
    »Ein Agent vom Heimatschutz hat mir Fragen gestellt. Können Sie seinen Namen überprüfen und rausfinden, ob er wirklich einer von euch ist?«
    »Was hat er denn gesagt?«
    »Dass er ein Special Agent ist, genau wie Sie.«
    »Niemand ist genau wie ich, Milo. Das müssten Sie doch wissen. Wie heißt er?«
    Sie versprach ihm, sich am folgenden Tag wieder zu melden, dann fragte sie nach Tina und Stephanie. Als er gerade zu einer Antwort ansetzte, strömten schwer mit Schulranzen beladene Kinder auf den Gehsteig. Mit langen Fingern winkte ihm Gabi zu und zwinkerte, als sie zu den zwei Jungen ging, die sie ihre Gofen nannte. Im Ohr hatte er Simmons’ Stimme, die ihn warnte, Tina ja nicht das Herz zu brechen, weil sie sich sonst mit ihrer SIG Sauer ins nächste Flugzeug nach New York setzen musste. Er schwor ihr, sein Bestes zu geben. Dann winkte auch schon Stephanie.
    Zu Hause bestellten er und seine Tochter Pizza und bewerteten kurz das vergangene Schuljahr – sie fand es »ganz okay«. Während sie online mit Unity Khama redete, einer Freundin aus Botsuana, die sie über ein Schulprojekt kennengelernt hatte (obwohl es in Gaborone schon zehn Uhr abends war), suchte Milo auf seinem Computer nach Sebastian Hall. Der erste Treffer war von gestern, Montag, den 16. Juni.
    Ein anonymer Angestellter des Rathbone Hotel hatte einem Journalisten vom Guardian erzählt, dass am Samstag ein Amerikaner aus seinem Zimmer verschwunden sei. Eigentlich nichts Besonderes, doch man hatte Scotland Yard gerufen, was seltsam war. Weitere Fragen an die Hotelleitung hatten das Verschwinden bestätigt, aber laut Polizei wurde der Name zurückgehalten, bis die Angehörigen des Amerikaners verständigt waren. Doch am Montag sickerte bei Scotland Yard durch, dass der Vermisste Sebastian Hall hieß.
    Ausgehend von diesem Namen war der Guardian -Journalist auf eine Goldmine gestoßen: ein internationaler Haftbefehl vom 25. Februar für einen gewissen Sebastian Hall, dem eine Beteiligung an dem berüchtigten Kunstraub im Kunstmuseum E. C. Bührle in Zürich vorgeworfen wurde.
    Wie die Leser des Guardian wussten, war das Geheimnis um den Raub Anfang April geklärt worden, als die vermissten Gemälde in der Münchener Wohnung des

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