Die Sprache des Feuers - Roman
genauso aussehen, nur dass bei beiden die rechte untere Ecke abgeschnitten ist, so dass man befürchten muss, dass sie beim nächsten Erdstoß umkippen. Und das ist das Moderne an ihnen.
Casey also residiert in der einen Box, Gordon in der anderen, beide im elften Stock, und ihre Büros liegen einander gegenüber. Sie müssen nur die Rollos hochziehen, um sich gegenseitig zuzuwinken, was aber kaum zu erwarten ist.
Jedenfalls sagt Casey: »Jacks Verhalten war inakzeptabel, keine Frage, Paul.«
Gordon nickt halbwegs befriedigt, doch er weiß schon, dass etwas nachkommt, und Casey enttäuscht ihn nicht.
»Aber glauben Sie, Paul, dass sich die Jury auch nur einen Dreck um Jacks Fehlverhalten schert, wenn sie beschließt, dass Ihr Mandant ein Mörder und Brandstifter ist?«
»Die Jury wird nichts dergleichen beschließen, Tom.«
»Möglich«, sagt Casey und zuckt die Schultern. »Aber um das Chili noch ein bisschen nachzuwürzen, verspreche ich Ihnen schon jetzt, dass die Bundesanwaltschaft in den Prozess eingeschaltet wird, um eventuelle Straftatbestände gegen Ihren Klienten zu prüfen – falls Sie es wirklich zum Prozess kommen lassen wollen.«
Casey wendet sich lächelnd an Nicky und klärt ihn auf: »Bei Brandstiftung ist es möglich, dass die Bundesanwaltschaft das Verfahren an sich zieht.«
Nicky äfft Caseys Schulterzucken nach, was so viel besagt wie: Deinen Bundesanwalt kannst du dir sonstwohin stecken. Und er sagt: »Sie haben keine Beweise.«
»Mr. Vale, um einen Fachausdruck zu benutzen: Ich habe einen Sack voll Beweise«, antwortet ihm Casey.
Und packt ihn schon mal aus.
Brandursache.
Motiv.
Tatgelegenheit.
Mit besonderem Gewicht auf der Tatgelegenheit, denn hier kann er Nicky der Lüge überführen.
»Laut Wache sind Sie um 4 Uhr 45 nach Hause gekommen«, sagt Casey.
»So?«
Jetzt schluckt der ach so coole Nicky.
»Damit sind Sie im Eimer«, sagt Jack.
Um mal zu sehen, ob er Paul Gordon ein bisschen auf Trab bringen kann.
80
Es gelingt ihm auf Anhieb, Gordon geht hoch wie eine Rakete.
Es dauert geschlagene zehn Minuten, bis Casey ihn wieder beruhigt hat. Das bewerkstelligt er, indem er eine Praktikantin zu dem kleinen Coffeeshop eine Treppe tiefer schickt und einen Cappuccino Grande holen lässt. Mit fettarmer Milch und einer Prise Muskat.
»Koffeinfrei!«, ruft er der Praktikantin hinterher.
In der südkalifornischen Justizwelt ist es längst herum, dass Gordon einen Cappuccino-Fimmel hat. Der geht so weit, dass einer seiner Kompagnons nichts anderes zu tun hat, als dafür zu sorgen, dass vor jeder Sitzung, die der Herr Anwalt besucht, zwei Tassen Cappuccino an seinem Platz stehen.
Gordon sitzt also heftig schnaufend in Caseys Büro, mit hochrotem Kopf und vielen kleinen Schweißtröpfchen auf der Stirn.
Ein prächtiger Anblick.
Und Casey kriegt schon mal einen Tipp, wie er Gordon vorführen kann, wenn es zum Prozess kommt: Er muss ihn nur toben und schäumen lassen. Den Rest erledigt die Jury.
Der Cappuccino kommt, Gordon nimmt einen langen Schluck, der ihn sichtlich beruhigt, und sagt zu Nicky: »Fangen Sie an.«
Womit soll er anfangen?, wundert sich Jack. Aus dem Fenster zu springen?
Aber Nicky denkt nicht daran.
Er streift Jack kurz mit seinem coolen Blick und sagt: »Der Vorwurf, dass einer meiner Angestellten ein Rezept von Pamelaeinlöst, ist lächerlich. Die angebliche Aussage der Torwache ist ebenfalls lächerlich. Ich weiß nicht, mit wem Sie geredet haben, ob Sie überhaupt mit jemandem geredet haben. Ich weiß nur, dass ich den ganzen Abend bis zum Morgen bei meinen Kindern war, so wie ich es bei meiner Aussage auf Band gesprochen habe.«
Gordon legt ein Schreiben auf den Tisch. »Das ist die notariell beglaubigte Aussage von Mr. Michael Derochik, dem diensthabenden Wachmann in der Nacht des Brandes, in der er bestätigt, dass er Mr. Vale an dem Abend nach 20 Uhr 30 weder hat kommen noch wegfahren sehen.«
Nein, Nicky springt nicht aus dem Fenster, denkt Jack.
Es war die Tatgelegenheit, die eben über Bord gegangen ist.
Nicky redet weiter. »Was meine Finanzen betrifft, habe ich Mr. Wade klargemacht, dass ich ein internationaler Geschäftsmann bin und meine Liquidität daher großen Schwankungen ausgesetzt ist. Wie die Gezeiten, mit Ebbe und Flut. Würde Mr. Wade sich die Mühe machen, meine Konten zu überprüfen, könnte er sich überzeugen, dass ich durchaus in der Lage bin, meine privaten und geschäftlichen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Was mein Haus
Weitere Kostenlose Bücher