Die Sprache des Feuers - Roman
sich zum Versicherungsschein durch. Der Versicherungsschein ist das Blatt, auf dem die Art und die Höhe der Versicherung festgehalten sind.
1 , 5 Millionen für das Haus.
Was nicht weiter verwundert. Es ist ein großes, schön gebautes Haus mit Ozeanblick. Die Summe gilt nur für das Gebäude selbst. Das Grundstück ist wahrscheinlich eine weitere Million wert – mindestens.
Dann 750 000 Dollar für das Inventar.
Die Maximalsumme, denkt Jack. Das Inventar kann man maximal bis zur Hälfte der Gebäudeversicherung versichern. Wenn das Inventar wertvoller ist, muss man es zusätzlich versichern, was Vale mit Sicherheit getan hat.
»Heilige Scheiße«, sagt Jack.
500 000 Dollar Zusatzversicherung.
Was hat er in dem Haus aufbewahrt, dass er es mit 1 250 000 Dollar versichert?, fragt sich Jack. Und wie viel davon hat im Westflügel gesteckt?
»Die Leute, die das unterschrieben haben, müssen voll bekifft gewesen sein.«
»Reiß dich zusammen.«
»Die Konditionen sind jedenfalls absolut gaga.«
»Wir sind hier in Kalifornien.« Billy zuckt die Schultern. Die Konditionen sind natürlich gaga, aber in Kalifornien ist alles gaga. »Wieviel von dem Zeug ist zerstört?«
»Ich war noch nicht im Haus.«
»Warum nicht?«
»Diesen Hund hab ich hinterm Haus gefunden, und ich dachte, ich gebe ihn erst mal der Familie zurück.«
Als Billy hört, dass der Hund draußen war, hebt er vielsagend die Augenbraue. Zieht genüsslich an seiner Zigarette und fragt: »Rausgerannt, als die Feuerwehr kam?«
Jack schüttelt den Kopf. »Kein Ruß, kein Rauchgeruch, keine Sengstellen im Fell.«
Hunde verhalten sich gewöhnlich wie Helden. Bricht ein Feuer aus, rennen sie nicht weg, sondern halten die Stellung.
»Der Hund war draußen, bevor es brannte«, sagt Jack.
»Bitte nicht ins Blaue.«
»Ich treffe nur ins Schwarze. Und ich glaube, Mrs. Vale hatte den Hund rausgelassen, damit er sein Geschäft machen kann, und dann vergessen. Sie war voll im Tee. Wie auch immer, die Kinder sollen ihren Hund zurückkriegen.«
»Dem steht nichts im Wege. Vale hat vor einer halben Stunde hier angerufen.«
Sieh da!
»Das ist wohl ein Witz?«
»Er will, dass du zu ihm kommst.«
» Jetzt? «, fragt Jack. »Seine Frau ist seit gerade mal sechs Stunden tot, und er will den Schaden reguliert haben?«
Billy drückt die Zigarette an einem Felsblock aus. Die Kippe gesellt sich zu ihren Geschwistern im Wüstensand.
»Sie lebten in Trennung«, sagt Billy. »Vielleicht hat es ihn nicht so mitgenommen.«
Er gibt Jack die Adresse in Monarch Bay und zündet eine neue Zigarette an.
»Und, Jack: Hol dir eine Aussage von ihm.«
Als ob es dieses Hinweises bedarf.
Billy weiß, dass sich die meisten Regulierer mit dem Polizeibericht begnügen, ihn an die Akte heften und mit dem Regulieren beginnen.
Nicht so Jack.
Gibt man ihm eine fette Akte, arbeitet er sich daran ab.
Das liegt daran, vermutet Billy, dass Jack keine Frau hat, keine Kinder, nicht mal eine Freundin. Er muss nicht zum Essen zu Hause sein oder zum Schulballett in der Turnhalle, er muss nicht mal daten. Da er auch keine Exfrau hat, muss er nicht jedes zweite Wochenende mit den Kindern verbringen oder drei Wochen mit ihnen in die Ferien fahren oder ihm mit Sprüchen kommen wie Ich muss zu Johnnys Fußballspiel, oder er landet wieder in der Therapie .
Jack hat seinen Beruf, ein Auto und ein paar alte Surfbretter.
Ein Privatleben hat er nicht.
Deshalb ist er genau der Richtige für die Akte Vale.
Als er durchs Foyer läuft, spricht ihn die Empfangssekretärin an: Olivia Hathaway wolle mit ihm reden.
»Sagen Sie ihr, ich bin nicht da.«
Olivia Hathaway hat ihm gerade noch gefehlt.
»Sie hat Ihr Auto auf dem Angestelltenparkplatz gesehen.«
Jack seufzt. »Haben Sie einen Raum frei?«
»Eins-siebzehn«, sagt die Sekretärin. »Sie hat ihn schon bestellt. Es ist ihr Lieblingsraum.«
»Sie mag das Gemälde mit dem Segelboot«, sagt Jack. »Können Sie einen Moment auf den Hund aufpassen?«
»Wie heißt er denn?«
»Leo.«
Fünf Minuten später sitzt Jack Ms. Hathaway gegenüber.
17
Olivia Hathaway.
Eine winzige Frau, vierundachtzig, gepflegtes weißes Haar, ein hübsches Altersgesicht und funkelnde blaue Augen.
Heute trägt sie ein elegantes weißes Kleid.
»Es geht um meine Löffel«, sagt sie.
Jack hat es geahnt. Mit Olivia Hathaways Löffeln befasst er sich seit mehr als drei Jahren.
Hier ist die Geschichte von Olivia Hathaways Löffeln: Vor drei Jahren bekam
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