Die Sprache des Feuers - Roman
Versicherungen verkaufen und auszahlen, vor allem damit beschäftigt, Klagen abzuwehren.
Wir werden verklagt, denkt Billy, wenn wir nicht genug zahlen, wenn wir zu langsam zahlen, wenn wir zu schnell zahlen, aber vor allem, wenn wir gar nicht zahlen.
Was dann der Fall ist, wenn es sich um Brandstiftung handelt, einen vorgetäuschten Diebstahl, einen Autounfall, der nicht passiert ist, oder eine Lebensversicherung für einen Toten, der gar nicht tot ist, sondern seine Piña Colada in Botswana schlürft oder irgendeinem anderen gottverlassenen Weltwinkel.
Solche Schadensforderungen muss man ablehnen. Man muss sagen: Sorry, Charlie, es gibt kein Geld, und dann wird man natürlich verklagt, wegen »bösem Willen«.
Die Versicherungen haben eine Heidenangst vor solchen Prozessen.
Sie zahlen am Ende mehr für Anwälte und Gerichtskosten, als der verdammte Schaden sie gekostet hätte. Aber zahlen, wofür man nicht zahlen muss, das wäre das Allerletzte.
Auch so ein Spruch von Goddamn Billy: »Wir bezahlen die Leute doch nicht dafür, dass sie ihre eigenen Häuser abfackeln!«
Außer natürlich, ein Richter und/oder die Geschworenen wollen es so. Und finden, dass die Ablehnung »unbegründet« ist oder die Entschädigung zu niedrig. Dann wird dir »böser Wille« unterstellt, und du gerätst in Teufels Küche, weil sie dir nicht nur mit »Vertragsverletzung« kommen, sondern auch mit »Zahlungsverzug« und – wenn sie dir richtig eins reinwürgen wollen – mit Geldbußen.
Dann bezahlst du als Versicherer dafür, dass die Versicherten ihre Häuser abbrennen, und entschädigst sie für den Ärger, den du ihnen gemacht hast, und zahlst ein paar Millionen Strafe obendrein – falls der Drecksack von Klägeranwalt es schafft, die Geschworenen gegen dich aufzuhetzen, weil du den armen Versicherten, die ihr eigenes Haus angezündet haben, schuldhaftes Verhalten anhängen wolltest.
Es ist also absolut möglich – was heißt möglich? Es passiert wirklich ! –, dass man eine Diebstahl-Entschädigung von 10 000 Dollar ablehnt und dafür eine schlappe Million an Kompensationen, Gerichtskosten und Strafen zahlen muss.
Wer einen guten Anwalt hat, den richtigen Richter erwischt und die richtige Jury, kann sich gar nichts Besseres wünschen als eine Versicherung, die seine Schadensforderung ablehnt.
Genau deshalb hat Billy die Brandsache Vale an Jack Wade übergeben, denn Jack Wade ist der beste Schadensregulierer, den er hat.
Das geht Goddamn Billy so durch den Kopf, während er die Versicherungspolice der Vales durchblättert und feststellt, dass er es mit einem wahren Juwel zu tun hat: Das Haus ist mit fünf Millionen versichert, sein Inhalt mit 750 000 , die um weitere 500 000 aufgestockt wurden.
Nicht zu vergessen die Lebensversicherung der Frau: 250 000 .
Alles Gründe, Jack Wade auf den Fall anzusetzen.
Er kennt Jack, und Jack wird die Sache regeln, komme, was wolle.
10
Jack ist in Dana Point aufgewachsen, was damals ein kleiner Badeort war. Ein paar Motels, ein paar Imbisslokale – und Wellen, für die man sich wegschmeißt. Tatsächlich haben sich schon so viele Surfer für diese Wellen weggeschmissen, dass der Strand bei denen, die Bescheid wissen, Killer Dana heißt.
Jacks Vater ist Baudienstleister, also ist Jack mit der Arbeit großgeworden. Jacks Mutter ist die Frau eines Baudienstleisters. Sie musste sich damit abfinden, dass ihr Kleiner, sobald er den Hammer halten konnte, nach der Schule, an Sonn- und Feiertagen und auch in den Ferien zu Daddy auf den Bau ging. Jack war erst sieben, als er für seinen Dad den Hammer schwang und, als Dad mal nach hinten langte, ihm Zack! mit dem Hammer auf die Finger schlug, denn der kleine Jack nahm seinen Job ernst. Und er wuchs an seinen Aufgaben. Mit dreizehn verfugte er Balken, verbaute er Gipskarton, goss er Fundamente. Mit sechzehn hockte er auf dem Dachstuhl und nagelte Schindeln fest.
Jack weiß, was Arbeiten ist.
Arbeitet er mal nicht, macht er, was alle in Dana Point ma-chen – er surft.
Auch das hat er bei seinem Dad gelernt, denn John senior war einer der ersten, die dort mit dem Longboard rausgingen. John senior hat schon ein hölzernes Velzy-Ten-Foot-Longboard geritten, als Surfer noch als Gammler beschimpft wurden, aber John senior konnte das egal sein, denn er verdiente sein Geld mit ehrlicher Arbeit, und das taten Gammler nicht.
Etwa eine Million Mal, ob am Strand oder auf dem Bau, hat John senior seinem Sohn Jack erklärt: »Erst
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