Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)
den Nobelpreis erhalten beziehungsweise das, was davon übrig geblieben ist. Was wir jedoch erhielten, war unsere Kündigung. Versehen mit dem Vermerk, dass jegliche Form von Publikation gegen die Geheimhaltungsklauseln in unserem Vertrag verstoßen und Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe nach sich ziehen würde.»
«Und da seid ihr eingeknickt?»
«Keineswegs. Mittlerweile wussten wir, wer die Nutznießer unserer Entwicklung sein sollten, und so haben wir versucht, die Forschungsdokumentation und eine Zellprobe aus den Laboren zu schmuggeln.»
«Lass mich raten: Ihr habt es nicht geschafft?»
«Doch, beziehungsweise meine Chefin hat es geschafft – dachte ich jedenfalls. Ich nicht.»
«Und wo ist deine Chefin jetzt?»
«Sie liegt vor dir, du Dummnudel. Professor Doktor Ursula Theben. Deine Freundin Mandy.»
xcvii Mobilmachung
Energisch knallt Freiherr von der Hohen Ward, nunmehr ganz aufgegangen in seiner Eigenschaft als Hohepriester der Hüter vom Heiligen Gral, das Fon zurück in seine Hartschale. Diese faule Brut, denen wird es zeigen. Denken, dass die Sache mit dem Ausstellen von ein paar fetten Schecks und ein bisschen Hampelpampel im Ordenskeller abgefeiert wäre. Damit ist jetzt Schluss. Jetzt wird gearbeitet. Wäre doch wohl gelacht, wenn sie das kleine Problem nicht auch ohne Grothues und seine Krawalltruppe gedeckelt bekämen. In einer Stunde im Keller, das ist die Devise, volles Ornat und leichte Jagdbewaffnung. Das wird was anderes, als bei den alljährlichen Treibjagden auf wehrlose kleine Häschen zu ballern. Das, was man ans eigene Leben dranflicken will, muss man anderen zu nehmen bereit sein. Er wirft Sadlowsky einen harschen Blick zu.
«Was stehen Sie hier herum wie ein Zinnsoldat. Los, runter in die heilige Halle und aufschließen. Unsere geschätzten Brüder sollen schließlich nicht im Regen warten!»
xcviii Entwirrung
Carsten ist verwirrt, außerdem ist ihm übel. Auch die Teilentleerung seines Magens hat nicht den erhofften Beruhigungseffekt gehabt. Diese kleine, falsche Schlange hat ihn die ganze Zeit an der Nase herumgeführt. Obwohl, wenn er genau darüber nachdenkt, eigentlich auch wieder nicht. Eigentlich war es mehr die Kunst der Auslassung, richtig gelogen hat sein Schätzchen nicht, na, vielleicht ein bisschen, aber das tun ja alle hin und wieder. Nein, es gibt keinen Grund sich aufzublasen. Außerdem, wenn er seinen verhungerten Schmachtbrocken so daliegen sieht, wer könnte dann noch böse sein. Der Köter scheint zu ahnen, was in Carstens Gefühlswelt los ist.
«Tja, mein Alter. Da bist du platt, nicht wahr. Deine Freundin Mandy, das kleine Luder, hat dich so mir nichts dir nichts aufs Kreuz gelegt, und zwar – wie ich vermute – in mehrfacher Hinsicht. Hat sie mit mir in gewisser Weise auch gemacht. Konnte ich ihr aber irgendwie nicht übel nehmen. Nicht damals und nicht heute. Genau genommen bin ich sogar ihretwegen gestorben, wenn man das hier Sterben nennen kann. Sie hat es nur geschafft, weil ich es nicht geschafft habe.»
«Und würdest du es noch einmal so machen?»
Der Köter lässt die Ohren hängen, während er nachdenkt.
«Ist zwar verrückt, aber ja. Für Ursula würde ich es wieder tun.»
«Ich auch.»
«Soso, ihr würdet es also wieder tun? Das nennt man dann wohl Wiederholungstäterschaft.»
Carsten ist aufgesprungen und hat noch im Flug einen One-Eighty um die Längsachse gezaubert, der Köter hat die Ohren steif gemacht.
Es gibt keinen Zweifel: Mandy-Ursula ist an Deck und munter wie zuvor.
xcix Aufbaukurs
Mandy-Ursula erholt sich mit rasanter Geschwindigkeit. Man hat das Gefühl, dass eine Gummipuppe aufgeblasen wird, in Zeitlupe zwar, aber trotzdem unübersehbar. Unter Bertys Anleitung musste Carsten weitere Infusionsnadeln holen und an Schläuche stecken, die von Mandy-Ursula ohne viel Zipp und Zapp in verschiedene Gefäßbahnen ihres Körpers versenkt wurden. Mandy-Ursulas Bewegungen dabei sind knapp und routiniert, aber Carsten muss jedes Mal zusammenzucken, wenn eine weitere glitzernde Nadel im Gewebe seiner Freundin verschwindet. Nach einer halben Stunde sieht sein Mädel aus wie eine große, lebende Verteilerdose. Außer einem Dialog zwischen ihr und Berty, der in einer für Carsten unbekannten Fachsprache, durchsetzt mit deutschen Bindewörtern, geführt worden ist und sich thematisch wahrscheinlich mit der Art und Menge verschiedener Aufbaupräparate, Medikamente, Nahrungsersatzstoffe beschäftigt hat, die zurzeit in
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