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Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Titel: Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Wacker
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zerknitterten Zettel aus der Hosentasche, streicht ihn auf dem Oberschenkel glatt und hält ihn auf Armeslänge vor seinen Kopf.
    «Hab meine Lesebrille vergessen», brummt er, «wärst du mal so freundlich?»
    Carsten geht zu Ederim und reißt ihm den Zettel aus der Hand.
    «Raute, Stern, Raute und sechs-sechs-sechs. Was soll das sein?»
    «Ach ja, genau. Raute, Stern, Raute schaltet die Toranlage scharf und 666 ist der Code.»
    «666?»
    «Die Zahl des Antichristen. Die haben echt Humor hier unten.»
    Vorsichtig gibt er die Zahlenfolge ein und ein grünes Licht beginnt zu blinken. Erkan Ederim drückt auf den dicken roten Knopf und das Rolltor fährt rasselnd nach oben. Ein unglaublicher Geruch wabert aus der Öffnung und lässt Carsten würgen.
    «Du lieber Himmel, was ist denn das?»
    «Das ist ein kleiner Gruß aus der Küche. Komm schon.»
    Noch bevor das Tor oben ist, hat sich Erkan Ederim gebückt und ist in der dunklen Öffnung verschwunden. Carsten macht, dass er den Rollstuhl holt. Als er das Tor erreicht, ist es bereits hochgefahren. Erkan Ederim hat einen Lichtschalter gefunden und wartet auf ihn. Er hält sich ein Taschentuch vor Mund und Nase.
    «Nachts schalten die hier die Lüftung aus. – Wenigstens bleibt die Kühlung an.»
    Der Geruch ist unglaublich und erinnert Carsten an die Reste des toten Kaninchens, das Helmut vor einiger Zeit in seinem Salatbeet vergessen hatte. Hier riecht es nach hundert Kaninchen und mehr. Er muss frösteln. Erkan Ederim hat recht, es ist kalt wie auf einer Indoor-Skipiste und das aus wahrscheinlich gutem Grund. Vorsichtig rollt er Mandy durch die kleine Halle. Er würde sich auch gern etwas vor Mund und Nase halten, aber erstens hat er nichts Geeignetes und zweitens braucht er beide Hände zum Schieben. Überall stapeln sich graue Behälter, die eine seltsame Mischung aus Tupperdose, Henkelmann und Mülltonne darstellen und etwa fünfzig Liter Inhalt fassen mögen. Die Behälter sind mit umlaufenden Stahlbändern augenscheinlich hermetisch verschlossen und tragen zusätzlich zu einem neonroten, mit einem Barcode beschrifteten Kärtchen jeweils eine große Nummer auf der Seite. Nummern im Zweihunderterbereich.
    «Die Sprengmeister. Oder besser: Ein Überbleibsel ihrer letzten Anschläge. Zumindest ein Teil davon. Ein kleiner Teil allerdings nur.»
    Es sind tatsächlich erschreckend viele dieser Behälter. Carsten drückt die nur angelehnte Tür zu einem weiteren, saalähnlichen Raum auf. In der Mitte stehen mehrere Metalltische, jeweils längsseitig gegeneinander gestellt. Die Tische sind leer. Nur auf dem vorderen Tisch liegt ein zusammengeknüllter, mit großen dunklen Flecken gesprenkelter Haufen dunkelblauer OP-Kluft. Daneben liegen ein Spachtel, eine Art große Pinzette und ein Suppenlöffel aus Edelstahl. Der Geruch ist geradezu elefantös. Carsten schleicht zurück in den Flur und sieht gerade noch, wie Erkan Ederim forschen Schrittes in einem langen Flur, der in die Stirnseite der Halle mündet, verschwindet. Carsten stemmt sich gegen den Rollstuhl und gibt ebenfalls Gas. Nur weg, solange er noch eine Nase hat.

lxii Kleiner Streit unter Liebenden
    «Du brotdumme Schlampe hast was?», brüllt Freiherr von der Hohen Ward. «Du hast diesem schleimscheißenden Sadisten erzählt, was läuft? Woher weißt du eigentlich davon?»
    Das hochherrschaftliche Ehepaar von der Hohen Ward liegt im Bett des gemeinsamen Schlafzimmers. Die kontemplative Stimmung ist verraucht, denn Constanze konnte – wie immer eigentlich – nicht ihr Mundwerk halten und hat sich verplaudert. Zu dumm aber auch. Normalerweise hört ihr Gatte gar nicht hin, wenn sie nach vollzogenem Akt im Zuge eines quasi verbalen Stress- und Ekelabbaus aus dem Nähkästchen plaudert, denn ihre Geschichten bestehen in der Regel nur aus kurzen Schlaglichtern auf die amourösen Exkursionen ihrer dauergelangweilten Freundinnen. Wer, wann, mit wem und wie oft. Ob es wehgetan hat oder nicht. Das ungereimte Gequassel hilft ihr, die eigenen Wehwehchen, die sich als Folgen des intimen Zusammenseins mit ihrem Gatten regelmäßig ergeben, zu vergessen, denn ihr Mann liebt das Brachiale. Nicht etwa aus Vorsatz, vielmehr versucht Hohe Ward seine Aufzucht auf dem Land mittels einer Hinwendung zu eher speziellen Kopulationsformen sexuell zu kompensieren, was zu einer Technik geführt hat, die Constanze – da ihr Mann nun gar keine Ähnlichkeit mit einem Hündchen hat – insgeheim Porky-Style nennt. Allerdings mit mehr Wild-

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