Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
Vom Netzwerk:
eine fette Frau, die den Großteil des Tages zu Hause saß, Fernsehen glotzte und Schokoladenbonbons in sich hineinstopfte. Fontaine selbst war nicht gerade schlank, er trank gern ein paar Bier am Abend, und das sah man. Er wurde kahl und hatte schlechte Zähne. Aber Gnade jedem, der Fontaine unterschätzte. Er hatte den Instinkt eines Jägers, beherrschte seinen Job und kam sicher nicht zum Plaudern.
    Sie gingen ins Haus, Wheaton startete die Kaffeemaschine und stellte einen Topf Wasser auf für die Spaghetti. Seine Gedanken rasten, er überlegte, wie groß die Chance war, dass Lydia in den nächsten zehn oder fünfzehn Minuten mit dem Mädchen fertig wäre und ins Haus käme. Seine einzige Hoffnung bestand darin, Fontaine so schnell wie möglich loszuwerden, ohne dabei Verdacht zu erregen.
    Der Sheriff machte es sich am Küchentisch gemütlich, einer der Hauptgründe, aus denen Wheaton die elektronischen Geräte oben hatte. Er zündete eine seiner stinkenden Zigarren an und plauderte über die Schwierigkeiten des Elternseins. Die ganze Zeit sah er sich unruhig in der Küche um, als suchte er etwas Bestimmtes.
    »Hey, wo ist dieser tolle Hund von Rusty?«
    »Er hat ihn wahrscheinlich mitgenommen. Wie geht es Stephanie? Ich habe gehört, sie hat Grippe.«
    Und immer so weiter, ein belangloser Wortwechsel, sie umkreisten einander in der Deckung einer scheinbar entspannten Plauderei. Und schließlich kamen sie zur Sache, Fontaine nannte den Grund für seinen Besuch: »Weißt du, Pete, es ist mir wirklich egal, was ein Mann mit seinem Leben anstellt. Aber diese Insel ist ein Brutstall für Gerüchte und Tratsch, und der aktuellste Tratsch ist, dass du dich mit einer Nigger-Frau eingelassen hast.« Das Wort entsetzte Wheaton. Er hatte es seit Jahrzehnten nicht gehört und noch nie in seinem eigenen Haus, wo er sich um seinen eigenen Kram kümmerte. »Entschuldigung?«, gelang es ihm zu sagen.
    »Ich nenn sie nicht so wegen der neuen Gesetze und so weiter, aber wir haben Leute hier auf der Insel, die nicht so, na ja, offen sind. Ich dachte, ich sage dir das mal.«
    »Und wer soll diese Schwarze sein?«
    »Weiß nicht. Ich erzähl dir bloß, was ich gehört habe. Die Leute machen sich Sorgen, weil Rusty doch hier lebt, was für ein Beispiel du ihm gibst und so weiter …« Er verdrehte die Augen zur Decke, um zu zeigen, dass er überhaupt kein kleinkarierter Rassist war.
    Aber natürlich war er genau das. Fontaine war ein Provinz-Südstaaten-Rassist, genau der Typ, der nachts ein weißes Laken umhängte und Kreuze in Brand steckte.
    »Ehrlich gesagt, Joe Bob, habe ich noch keine Frau getroffen, ob schwarz, weiß, blau oder grün, die mit meiner Exfrau mithalten kann.«
    Fontaine glaubte, wie alle anderen hier, dass Wheatons Frau sich vor zehn Jahren von ihm hatte scheiden lassen, um ihren jungen Lover zu heiraten. Er glaubte zudem, dass Rusty sein Neffe war. »Wie gesagt, Pete, was ein Mann zu Hause tut, geht mich nichts an. Ich wollte dich bloß wissen lassen, was die Leute reden.«
    »Das weiß ich zu schätzen, Joe Bob.« Und jetzt verschwinde. Wheaton stieß sich vom Tisch ab, ging die Kaffeekanne holen und schaute zum Fenster hinaus. Keine Lydia. Bleib im Schuppen. »Soll ich dir noch mal Kaffee nachschenken, Joe Bob?«
    »Nein, danke. Ich geh jetzt besser. Komm demnächst doch mal bei uns vorbei, dann trinken wir ein paar Bier.«
    »Klingt gut, Joe Bob.«
    Wheaton begleitete ihn nach draußen zu seinem Wagen. Selbst in der Dämmerung war die Hitze extrem und schien durch die Zweige der Pinien und Banyans auf beiden Seiten der langen, gewundenen Auffahrt zu sickern. Die Luft war so ruhig, dass sich ein Atemzug anfühlte, als würde man Baumwolle inhalieren. Wheaton versuchte, das Anwesen mit Fontaines Augen zu sehen, die hoch aufragenden Bäume, der ordentliche Vorgarten, in dem alles bunt blühte, was die Sommerhitze überlebte, das A-förmige Haus. Ihm fiel auf, dass Fontaines Blick immer wieder zu dem Weg huschte, der durch das Wäldchen zum Schuppen führte, und er verspürte zunehmend Sorge, dass Fontaines Besuch noch einen weiteren Zweck hatte, außer Tratsch und Gerüchte weiterzugeben.
    Der Sheriff hängte seine Sonnenbrille an seine Hemdtasche, eine Sonnenbrille direkt aus Beim Sterben ist jeder der Erste, was 1968 noch kein Film geworden war, hakte seinen Daumen in seinen Gürtel und zog seine Hose hoch. »Sag deinem Jungen, wenn er immer noch diesen Sommer ein bisschen Geld verdienen will, ich suche

Weitere Kostenlose Bücher