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Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Titel: Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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zeigte halb acht. Ich fuhr den Rechner herunter und nahm die Autoschlüssel vom Schreibtisch, der auch einmal aufgeräumt gehörte, nur heute nicht. Das Telefon schellte. Ich zögerte, bevor ich abhob.
    »Hallo.«
    »Haben Sie die Flasche Wein schon ausgetrunken?« Das Timbre in der Stimme erinnerte mich, doch ich kam nicht gleich drauf.
    »Sie wollten, dass ich Sie anrufe. Jetzt rufe ich Sie an.«
    »Aha.« Es klingelte immer noch nicht. Dafür hörte ich ein Seufzen im Hörer.
    »Hatten Sie am Montag nicht Lust auf einen Drink mit mir? Haben Sie immer noch Lust dazu?«
    Die Schöne.
    »Sind Sie noch dran?« Unsicherheit in ihrer Stimme.
    »Ja, klar«, beeilte ich mich. »Warum sagen wir nicht du? Wir sind ja keine Siebzig.«
    »Gut, ja. Und?«
    »Was und?«
    »Wir müssten schon einen Treffpunkt vereinbaren, wenn wir uns begegnen wollen.«
    »Da ist was dran.« Langsam gewann ich meine Fassung wieder.
    »Was hältst du vom Flussfahrt ? Ist letzten Monat eröffnet worden. Es soll eine gute Küche haben. Die wollte ich sowieso mal kosten.« Ich konnte hören, wie sie lächelte.
    »Ja, warum nicht?« Ich kannte das Restaurant nicht, aber ich hätte mich mit ihr auch an einem Kiosk getroffen. Ich woll­te die Lüftung des Rechners nicht mehr, nicht die Fertiggerichte, den Staub und die Leere. Sie beschrieb mir den Weg. Weit war es nicht. Ich konnte das Rad nehmen, um nicht erneut eine Fahrt unter Alkohol zu riskieren. Wer wusste schon, ob ich mein Schutzengelbataillon nicht erschöpft hatte?
    »In zwanzig Minuten auf der Terrasse?«
    Ich nickte zuerst und sagte dann schnell ja, als mir einfiel, dass sie meine Geste nicht sehen konnte. In Windeseile machte ich mich frisch, zog ein neues Hemd an und fuhr mir übers Kinn. Die Rasur musste reichen. Oder doch nicht? Rasch ließ ich den Rasierer über meine Wangen gleiten. Ich kam zehn Minuten zu spät ins Flussfahrt , hatte mir auf dem Weg eine Entschuldigung zurechtgelegt. Nur wenige Plätze waren besetzt. Sie saß auf keinem von ihnen.
    Der Regen hatte zugenommen. Die Scheibenwischer taten regelmäßig ihre Arbeit. Jenseits der Alleebäume lichtete sich das Schwarz und der Wald wich Feldern und Wiesen. Vorsichtig öffnete ich das Handschuhfach. Im Licht der spärlichen Beleuchtung sah ich sie an. Sie saß da wie ein schlafender Engel. Ich langte nach der Brandyflasche. Der Wagen schlingerte nach links. Scheinwerfer blendeten. Ein LKW, der einzige in der letzten halben Stunde. Blitzschnell lenkte ich gegen. Ich blickte rasch zu ihr, sie hatte nicht reagiert. Noch zitternd schraubte ich die Kappe ab und trank, dann noch einen Schluck, scharf und aromatisch der vertraute Geschmack. Allmählich beruhigte ich mich.
    An der Oder würden wir eine Pause einlegen. Flüsse, hatte sie gesagt, als wir eines Morgens am Küchentisch saßen, sind die Adern der Erde, und hatte mir ein Glas Leitungs­wasser gereicht. Trink, sagte sie, das ist gut für den Kopf. Dabei hatte sie gelächelt. Sie sagte dauernd solche Sachen, die mich anfangs irritiert hatten. Sätze wie diesen hätte nicht einmal meine Spielstory vertragen, und von der konnte nun wirklich keiner sagen, dass sie hohen Ansprüchen genügen müsste. Es ist ein Job, hatte ich ihr erklärt, als sie fragte, warum ich eine Arbeit tat, die ich selbst so wenig schätzte. Es ist ein Job zum Geldverdienen, weil ich nichts anderes gelernt habe.
    Ich klopfte eine Zigarette aus der Packung, steckte sie an und öffnete das Fenster einen Spaltbreit, Tropfen benetzten meinen Arm.
    An ihr war alles echt. Das wusste ich sofort, als sie das Flussfahrt betrat. Sie trug das Haar offen und ein dunkelrotes Kleid, Blicke folgten ihr, was sie nicht zu bemerken schien. Als sie mich entdeckte, hob sie die Hand und schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch. Sie hatte eine gute Wahl getroffen, wenngleich der Name des Restaurants mir reichlich übertrieben vorkam. Es lag an der Berkel, die überraschenderweise immer noch ausreichend Wasser führte. Ein Stück weiter flussabwärts mochte eine Kanufahrt möglich sein, doch jenseits der Berkelwiesen war das Wasser zu flach und der Fluss eher ein Bach. Die Terrasse endete kurz über dem Ufer, bequeme Korbstühle an Holztischen, getupfte Sonnenschirme, Oleander und Lavendel in Kübeln – wie am Mittelmeer. Das Azorenhoch »Sergej«, das seit Tagen über der Stadt lagerte, unterstrich dieses Flair.
    »Es ist ein bisschen später geworden«, sagte sie und hängte ihre Handtasche über die Lehne. »Musste

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