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Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Titel: Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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gefolgt war.
    »Wo ist Frieder?«, fragte ich, obwohl mich das bei Weitem nicht so interessierte, wie die Frage, wo Horst war.
    »Im Krankenhaus.« Ilona stellte den Topf vom Herd und begann, das Fleisch von den Knochen zu zupfen, schnitt Sellerie und Möhren klein und goss die Brühe durch ein Sieb.
    »Was hat er? Was Schlimmes?«
    »Nein, nein. Er besucht nur eine Bekannte. Horst ist oben, er schläft, macht immer noch ein paar Nachtschichten. Unsere Renten sind nicht so üppig. Aber wenn du ihn sprechen willst? Er würde sich sicher freuen.«
    Das wollte ich eigentlich nicht. An sich mochte ich seine gut gelaunte Art ganz gerne, es war nur einfach der falsche Zeitpunkt. Ich dachte an die Brandyflasche im Handschuhfach, die ersetzt werden musste, und daran, dass ich nicht gerade jetzt einen Ex-Bullen um mich haben wollte. Mit Frieder dagegen war ich nie richtig warm geworden, ein spröder, wortkarger Mann, der die hochgewachsene Ilona noch um einen Kopf überragte.
    Ilona schüttete die gekochten Linsen und Kartoffelstück­chen in die Brühe, ließ das Ganze aufkochen und stellte den Topf auf einen hellgrünen, selbst gehäkelten Untersetzer in die Mitte des Tisches, holte Löffel und schöpfte den Eintopf auf zwei Teller. Das Gericht dampfte und mein Hunger kehrte zurück. Ein Bier hätte ganz gut dazu gepasst. Bevor Ilona sich setzte, stellte sie eine Flasche vor mir ab. Die ersten Löffel Suppe wärmten mein Inneres. Sie hätte auch Honey gutgetan, aber da sie nicht mit reingekommen war ... Ilona pustete auf ihren Löffel und beobachtete wohlwollend ni­ckend meinen Appetit.
    »Und bei euch? Geht’s gut?«, fragte ich, um etwas zur Unterhaltung beizusteuern. Ilona wiegte den Kopf und legte den Löffel ab. Draußen rauschte der Regen.
    »Horst schläft viel«, sagte sie. »Zu viel.«
    »Was ist mit ihm?« Zu viel Schlaf schien mir kein Anlass zur Sorge.
    »Vor zwei Wochen haben sie einen ehemaligen Kollegen beerdigt.«
    »Das ist schlimm.« Andererseits starben Menschen irgendwann.
    »Horst hat ihn gefunden.« Sie rührte in ihrer Suppe.
    »Hm.«
    »Im Keller.«
    Ich sagte nichts. Ilona lehnte sich zurück und starrte an meinem linken Ohr vorbei.
    »Horst hat mit ihnen Karten gespielt, also mit den Jungs von der Dienststelle, mit einigen jedenfalls. Alfred stand ein knappes Jahr vor seiner Pensionierung. Da schießt man sich doch keine Kugel in den Kopf, oder?« Sie sah mich an, wollte wohl aber keine Antwort. Ich hätte auch keine geben können.
    »Der Keller war schalldicht. Sie haben ein Waffenarsenal gefunden, mit dem man die halbe Stadt hätte versorgen können. Alfred war Sportschütze und Waffennarr, wie sehr, erfuhr Horst erst von der Witwe und auch, dass er höchst seltsame Angewohnheiten hatte. Zum Beispiel fuhr er die zwölf Kilometer von zu Haus zur Dienststelle immer mit dem Rad, sommers wie winters. Wenn Schnee lag, wie im vergangenen Winter, ging er zu Fuß.«
    »Warum?«, fragte ich zwischen zwei Löffeln Suppe.
    »Die Witwe hat gesagt, er habe seinen Wagen nicht in die Nähe der Dienststelle parken und damit verhindern wollen, dass ihm jemand folgte. Er habe immer Angst gehabt, jemand könnte aus Rache seiner Familie etwas antun. –Sie konnte es nicht.« Ilona blickte auf die Tischdecke. »Sie wusste, dass etwas passiert war, aber sie konnte nicht in den Keller. Deshalb musste Horst kommen. Und nun …«Sie machte eine Pause. »Er sei ein netter Kollege gewesen, sagen alle, hilfsbereit, freundlich. Man habe ihm nichts angemerkt.«
    »Hat nichts gesagt? Keinen Abschiedsbrief geschrieben?« Ich fragte, weil sie sich sehr über die Geschichte aufzuregen schien. Mich ging sie nichts an.
    »Ja, einen Abschiedsbrief. Und noch etwas hat er getan. Damit niemand mit seiner entstellten Leiche konfrontiert würde, hat er sich ein spezielles Projektil angefertigt. Er konnte das, weil er früher bei der Armee irgend so einer Spezialtruppe angehört hat. Horst hat mir gesagt, wie sie hieß, aber ich hab es vergessen.« Wieder rührte sie in der Suppe, die inzwischen kalt sein musste, nahm einen Löffel und sprach weiter.
    »Er hat sich die Pistole unters Kinn gehalten, und die Kugel ist in seinem Kopf stecken geblieben. Kein Blut. Nichts. Trotzdem war Horst geschockt, als er ihn fand.«
    Ich nickte.
    »Horst hat mir viel erzählt von früher und von den ehema­ligen Kollegen, die immer noch mit ihm Karten spielen. Sie reden nie über die Sachen, die im Dienst passieren, über den Dreck, das Blut, den

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