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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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zugezogen und gab den Blick auf ein durchsichtiges Nachthemd frei.
    „Was ist denn?“, brummelte sie.
    „Guten Morgen, Frau Heise. Mein Name ist Verena Hauser, ich komme vom LKA Niedersachsen. Darf ich reinkommen?“
    „Polizei? Ist was mit Karla?“ Entsetzte Augen starrten sie an. Die Frau dachte nicht daran, sie hereinzulassen. Verena sah sich genötigt, sich an ihr vorbei in den dunklen, schmalen Hausflur zu zwängen. „Können wir uns nicht setzen, Frau Heise? Ich muss Ihnen leider eine betrübliche Nachricht überbringen.“
    „Was ist mit meiner Tochter?“ Die Stimme der Frau überschlug sich. Sie blieb wie angewurzelt stehen.
    „Es geht nicht um Ihre Tochter. Aber lassen Sie uns in Ruhe darüber sprechen. Können wir uns nicht irgendwo hinsetzen?“, wiederholte Verena ihre Bitte.
    Kein Wunder, dass sie mich nicht hereinlassen wollte, dachte Verena beim Betreten des mit Ikea-Möbeln vollgestopften Wohnzimmers. Überall lagen Hefte, Zeitschriften und Bücher herum, sogar auf dem Fußboden. Auf dem Tisch standen schmutzige Teller und Gläser.
    „Karla hatte Besuch, sie wollte hinterher aufräumen. Sie wissen ja, wie das mit Kindern heutzutage ist“, entschuldigte Frau Heise die Unordnung, während sie auf das Sofa deutete. Sie selbst blieb stehen. Die kinderlose Polizeibeamtin hatte keine Ahnung, wie es mit Kindern heutzutage war, nickte aber höflich.
    „Und was ist es nun, was Sie hierher geführt hat?“ Frau Heise schaute auf sie herunter. Ihr Gesicht wirkte aufgedunsen. War sie krank und nahm Cortison oder gehörte sie zu den Frauen, die ihren Kummer über eine gescheiterte Ehe in Alkohol ertränkten?
    „Es geht um Ihren Exmann. Ministerialdirigent Heise ist heute früh in seiner Wohnung erschossen aufgefunden worden.“
    Das Gesicht ihres Gegenübers blieb merkwürdig teilnahmslos, als ob sie das nichts anging. Dann setzte auch sie sich hin. Verena wartete ab. In das Schweigen hinein sagte Frau Heise mehr zu sich selbst als zu Verena: „So, so. Nun also doch.“
    Eine merkwürdige Reaktion. Ehe Verena nachfragen konnte, erhob sich Frau Heise. „Mein Telefon liegt nebenan. Ich muss im Büro anrufen und Bescheid sagen, dass ich heute nicht komme.“
    Verena nutzte die Zeit, um die SMS-Nachrichten auf ihrem Handy abzurufen. Ihre Freundin Dagmar informierte sie über Stress in der Golfdamenrunde. Es hatte Zoff gegeben. Banalitäten, die sie in diesem Moment nicht im Geringsten interessierten.
    „Tut mir leid, hat länger gedauert. Ich hatte das Telefon verlegt.“ Frau Heise, die zurückgekommen war, holte sie in die Wirklichkeit zurück. „Schnurlose Geräte haben ihre Tücken. Mein Chef wusste bereits Bescheid. Aus dem Radio. Ich selbst habe geschlafen, bis Sie mich geweckt haben.“
    „Sie sind berufstätig?“
    „Ja, von tausend Euro Unterhalt können wir nicht leben. Vegetieren ja, aber ein menschenwürdiges Leben, das geht nicht. Allein die Wohnung kostet fast vierhundert Euro im Monat. Und die Nebenkosten steigen von Jahr zu Jahr. Dazu die Kosten für mein Auto, Lebensmittel, Schulbücher und Taschengeld für Karla. Sie glauben ja nicht, was eine vierzehnjährige Tochter alles braucht. Den Job hat mein Ex mir besorgt. Die Anwaltskanzlei Altmann & Partner arbeitet für die Staatskanzlei.“
    Das roch nach Gefälligkeitsdienst. Lukrative Aufträge der Landesregierung gegen einen Job für die geschiedene Ehefrau. Unaufgefordert redete Frau Heise weiter, während sie sich wieder hinsetzte.
    „Zu Anfang hat es mir sogar Spaß gemacht. Beim Senior war ich erste Vorzimmerkraft. Seitdem der Junior die Kanzlei übernommen hat, weht ein anderer Wind. Anka hat meine Stelle eingenommen. Eine ordinäre Person, Anfang zwanzig und frech, sehr frech. Natürlich nicht dem Chef gegenüber, den himmelt sie an. Ich bin seither Mädchen für alles. Aktenablage, Botendienste, Kaffee kochen.“
    Es war unüberhörbar. Sie fand ihren Job erniedrigend. Wut als Mordmotiv? Durchaus möglich.
    „Um auf Ihren Exmann zurückzukommen, was haben Sie gemeint mit ‚nun also doch‘?“
    Hektische Flecken auf dem Gesicht der Frau machten sich breit. Sie druckste eine Weile herum, bevor sie schließlich antwortete. „Vielleicht haben Sie schon mal von der Kraft der Gedanken gehört. Ich beschäftige mich damit. Gedanken haben viel mehr Macht, als die meisten Menschen glauben. Es gibt interessante Untersuchungen, die …“ Sie zögerte, warf Verena einen misstrauischen Blick zu. Verena fiel auf, dass die Hände der

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