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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Die zweite Flasche Champagner wurde geköpft, und ehe Wagner es sich versah, war sein Glas erneut voll. Nachdem der Livrierte sich lautlos entfernt hatte, pries der Konsul ein weiteres Mal den echten, eigentlich unbezahlbaren Kaviar an und nötigte seinen Gästen Krabbensalat und Lachshäppchen auf.
    „Was nun Ihr Problem angeht, Herr Ministerpräsident: Ich kann Ihnen helfen. Sinkende Umfragewerte für einen Spitzenpolitiker sind das Gegenteil von schön, aber nichts, das sich nicht lösen ließe. Nicht jedenfalls, wenn man den richtigen Partner an seiner Seite weiß. Es war eine kluge Entscheidung, sich an mich zu wenden. Ich habe schon in weitaus schwierigeren Fällen geholfen: Spitzenmanagern und Bankvorständen, die kurz vor dem Rauswurf standen. Leerverkäufe, ungedeckte Zertifikate, Riesenverluste für die Bankenkunden. Sie wissen schon. Aber ich konnte trotzdem helfen. Auch einigen Politikern übrigens, die imagemäßig total am Boden lagen. Namen erfahren Sie von mir nicht. Namen sind topsecret in meiner Branche.“
    Er unterbrach sich und häufte sich eine Portion Kaviar auf seinen Teller. „Mm, köstlich, einfach grandios. Wo waren wir stehen geblieben …? Ach ja, bei der Imageberatung, die ich leiste. Ich helfe gerne, aber natürlich sind meine Dienste nicht kostenlos zu haben. In Ihrem Fall, Herr Ministerpräsident, wird es nicht ganz einfach. Machen wir uns nichts vor, Sie sind angeschlagen. Ich sehe aber gute Chancen, dass wir das wieder hinbekommen. Und ob Sie es glauben und nicht: Die Morde helfen uns dabei. Wäre nicht schlecht, wenn sich die Aufklärung noch etwas hinzieht.“
    Wieder eine wirkungsvolle Pause, damit sich seine Worte setzen konnten.
    „Ja, meine Herren, so ist es. Zwei Ihrer engsten Vertrauten wurden kaltblütig erschossen. Ein furchtbares Verbrechen, das bei den Menschen Mitgefühl hervorruft. Mitgefühl ist gut, sehr gut sogar. Der Name sagt es schon. Mitfühlen bedeutet Anteilnahme, die Menschen nehmen Anteil, leiden mit Ihnen mit. Eine bessere Voraussetzung für eine auf Ihre Person abgestellte Imagekampagne kann es gar nicht geben. Ich sehe die bunten Bilder in der Boulevardpresse schon vor mir. Sie, Herr Ministerpräsident, untröstlich am Grab Ihrer geschätzten Mitarbeiter. Untröstlich auch, dass die Mörder noch nicht gefasst wurden. Natürlich auch Bilder von Ihnen und Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin, möglichst mit Kindern und, falls vorhanden, Hund. Kinder und Hunde kommen in Deutschland immer gut an, auf Fotos jedenfalls, im wirklichen Leben weniger. Ganz billig wird es nicht. Sagte ich ja bereits.“
    Der Ministerpräsident nutzte die kurze Pause, um dazwischenzugehen. „Und was kosten die Homestories mit den vielen bunten Bildern?“
    Der Konsul schob seinen leer gegessenen Teller beiseite. „Nun, sagen wir mal, zwei sollten fürs Erste reichen. Beide in Hochglanzmagazinen, die werden gerade von Ihrer Klientel, der Mittelschicht, sehr gerne gelesen. Ich könnte Ihnen einen Sonderpreis machen, so um die 100 000 Euro, darunter allerdings, darunter läuft nichts.“
    Als er das entsetzte Gesicht des Ministerpräsidenten sah, schob er nach. „Ich schicke Ihnen nicht nur ein Kamerateam für die Aufnahmen und garantiere für zwei Veröffentlichungen, zum Angebot gehört auch eine Stilberaterin. Gräfin von Platum geht mit Ihnen Ihren Kleiderschrank durch, den Ihrer Frau Gemahlin natürlich auch, und stellt die Garderobe für Sie zusammen. Muss ja alles stimmen. Sie glauben nicht, was die richtigen Farben ausmachen. Äußerlichkeiten werden immer wichtiger, ganz besonders in der Politik. Seien Sie gewiss, Sie bekommen eine Top-Leistung für Ihr Geld, und am Ende werden Ihre Umfragewerte steigen.“
    Wagner schielte zu der Champagnerflasche. Ich ertrage das nur, wenn ich mich sinnlos besaufe, sagte er sich. Der Konsul, der seinen Blick bemerkt hatte, drückte einen unterm Esstisch angebrachten Klingelknopf und der devote Butler erschien. Das dritte Glas schmeckte Wagner sogar. Allerdings hatte er jetzt Schwierigkeiten, den wortreichen Ausführungen des Konsuls zu folgen.
    Der überkandidelte, geldgierige Konsul, der vor Entsetzen sprachlose Ministerpräsident, auf dem Tisch der russische Kaviar und über allem schwebte eine nackte Frau. Erst kam das Kichern nur unterschwellig, dann konnte er es nicht mehr unterdrücken.
    Wütende Blicke des Konsuls, ein pikiert ausschauender Butler und ein peinlich berührter Ministerpräsident waren die Folge. Wagner setzte an,

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