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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Kopf.
    „Dass die deutsche Polizei einen der unseren verdächtigt, wundert mich nicht. Sarrazin ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Deutschen mögen uns nicht. Sie haben Angst vor uns und mehr noch vor der Kraft des Korans. Die christlichen Kirchen sind lasch, bieten den Menschen keine Orientierung. Alles dreht sich in diesem Land nur um materielle Werte und Wohlstand. Wir hingegen bringen den Menschen inneren Frieden und Orientierung.“ Sein Deutsch war akzentfrei.
    Hirschmann warf Verena einen warnenden Blick zu. Das wäre nicht nötig gewesen. Verena wusste, weshalb sie hier waren. Sie wollten Informationen, Belehrungen waren fehl am Platz. Der Imam interpretierte ihr Schweigen als Zustimmung und fuhr fort. „Deutschland ist trotz des Wohlstands ein armseliges Land. Viel Schein, wenig Substanz und kein Tiefgang. Die Menschen sind ungläubig und oberflächlich, die Männer haben keine Ehre. Sie behandeln ihre Frauen wie Ausstellungsware und geben sie gaffenden Blicken fremder Männer preis, überfordern sie mit Aufgaben, die uns Männern vorbehalten sind. Die Frauen selbst sind nicht besser. Im Sommer laufen sie halb nackt durch die Städte und gucken den Männern frech ins Gesicht. Ihnen fehlt es an Demut.“
    Verena schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Lieber Gott, warum tust du mir das an, warum muss ich mir diesen Schwachsinn anhören?
    Der Imam fuhr fort: „Eines nicht mehr allzu fernen Tages werden die Frauen lernen, wo ihr Platz ist, und es wird ihnen besser gehen dabei. Dann wird mit der westlichen Dekadenz ein für alle Mal Schluss sein. Wir werden für eine gerechte Ordnung sorgen. In der jeder seinen Platz kennt. Die Frauen genauso wie die Männer, die Söhne wie die Töchter. So, wie Allah es will. Und allen wird es damit besser gehen.“
    Jetzt war es Verena genug. Ihren Mund zu halten, wäre Verrat an der Sache der Frauen. Ihre Urgroßmütter und Großmütter hatten nicht dafür gekämpft, Männern wie ihm das Wort zu überlassen.
    „Sie wollen also die Scharia einführen?“, vergewisserte sie sich, um einen unbeteiligten Tonfall bemüht.
    Die provokant gedachte Frage wurde von dem Religionsführer mit einem Kopfnicken beantwortet. „Frauen und Männer, die sich versündigt haben, müssen bestraft werden. Das Gesetz Allahs darf nicht missachtet werden. Nicht in einem Land, in dem Millionen Muslime ihre Heimat haben.“
    Der größte Feind der Demokratie ist Menschenverachtung. Und Ihr verachtet uns Frauen, hätte Verena ihm gerne an den Kopf geworfen. Sie warf Hirschmann einen fragenden Blick zu, der schwieg. Sie wusste nicht, auf wen sie in diesem Moment wütender war.
    Dann ergriff er doch das Wort. „Ihre religiösen Ansichten interessieren uns nicht, wir sind wegen Ihres Mitglieds Mehmed Hamad hier. Wir wissen, dass er sich in Pakistan aufhält. Wir möchten wissen, wo genau er sich befindet, damit wir mit ihm Kontakt aufnehmen können.“
    Verena zwang sich, der Antwort des Imams zuzuhören, ihr Zorn beeinträchtigte allerdings ihre Konzentration. „Mehmed ist ein guter Mensch, er beherzigt die Gesetze Allahs. Wenn er nach Pakistan gegangen ist, um seine Glaubensbrüder in Afghanistan im Kampf gegen die Ungläubigen zu unterstützen, ist das nicht verwerflich.“
    Hirschmann ging auf die Gedankengänge des Imams nicht ein. „Ist es möglich, dass er nach Deutschland zurückgekommen ist?“
    Der Imam sah ihn skeptisch an. „Mehmed ist ein freier Mann und Deutschland ist ein freies Land, er kann tun und lassen, was er will.“ Er nieste. Hoffentlich erwischt dich die Schweinegrippe, wünschte Verena sich.
    „Solange er sich an die Gesetze hält, kann er das. Aber genau das bezweifeln wir. Falls Sie etwas wissen und uns verschweigen, ist das strafbar. Es geht um Mord.“
    Der Imam reagierte aufgebracht. „Damit eins klar ist, ich verurteile Gewalt. Wir sind eine Glaubensgemeinschaft und lehnen Gewalt in jeder Form ab. Falls Sie glauben, dass Mehmed mit den Staatskanzleimorden etwas zu tun hat, liegen sie falsch.“
    Er unterbrach sich und fischte ein schneeweißes Taschentuch hervor, mit dem er sich umständlich die Nase putzte. „Meine Arbeit ist es, meine Glaubensbrüder zu ihren Wurzeln zurückzuführen, ihnen klarzumachen, dass das Leben, das viele von ihnen in diesem Land führen, oberflächlich und falsch ist.“
    Jetzt war es Hirschmann genug. „Nun machen Sie mal halblang. Menschen wie Sie wollen ihre Landsleute ins Mittelalter zurückführen, sie behindern die Integration.

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