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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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ging. Aber, was in Gottes Namen hatte Heise mit diesem Russen zu tun, und gab es einen Zusammenhang zu den Morden? Warum klärte ihn niemand auf?
    „Ich werde mich mit Milner treffen“, kündigte der Regierungschef an. „Ich will wissen, was er plant. Vielleicht sind seine Absichten ja integer. Der Erwerb von Firmenbeteiligungen ist jedermann gestattet.“ Innenminister Krause gefiel der Vorschlag nicht. „Das halte ich für keine gute Idee. Meine Leute haben mir berichtet, dass der Mann unter Beobachtung des BKA, Abteilung Wirtschaftskriminalität, steht. Wenn die mitbekommen, dass Sie sich mit ihm treffen, rennen die schnurstracks zum Bundesinnenminister. Und was dann passiert, muss ich Ihnen nicht sagen. Der ist schneller im Kanzleramt als ein Überschallflugzeug …“
    „Hören Sie schon auf, Krause. Dass der Kanzler mich nicht leiden kann, ist mir nicht verborgen geblieben. Wer sagt uns übrigens, dass der Russe nichts mit den Morden zu tun hat? Russen sind unberechenbar. Mein Vater war an der Ostfront, ich weiß, wovon ich rede. Es ist gut möglich, dass er einen Auftragskiller auf die beiden angesetzt hat.“
    „Wie erklären Sie sich dann den Mord an Niemann? Nur bei Heise wurden Aufzeichnungen über Boris Milner gefunden. Hätte Niemann etwas gewusst, wäre er damit bestimmt zu Ihnen gekommen. Nach allem, was ich inzwischen weiß, gehörte Niemann nicht zu den Menschen, die brisante Enthüllungen für sich behalten.“
    Der Ministerpräsident verdrehte die Augen. „Mein Gott, Krause. Es ist doch möglich, dass er genau das vorhatte und ihm der Mörder zuvorgekommen ist. Dass Heise informiert war, steht fest. Wenn der sich einem Kollegen anvertraut hat, dann Niemann.“
    Er erhob sich, ging er zur Tür, öffnete sie und rief: „Frischen Kaffee mit Keksen, bitte. Nehmen Sie die mit Schokoladenüberzug. Unser junger Freund liebt Schokolade.“
    Innenminister Krause grinste breit, womit er Wagner in Verlegenheit stürzte. Waren seine Gewichtsprobleme bereits Thema im Kabinett? Wie peinlich. Er nahm sich ganz fest vor, die Kekse nicht anzurühren.

53
B ERLIN
    Zur selben Zeit saß der Mann, über den der niedersächsische Regierungschef und seinen Innenminister sich den Kopf zerbrachen, in einer Berliner Anwaltskanzlei. Das Anwaltsbüro war in bester Lage in der Friedrichstraße unweit des Bundespresseamtes und des Kanzlersamtes in einem renovierten Altbau untergebracht. Die Kanzlei unterhielt gute Beziehungen zu den Bundesministerien und profitierte davon. Trotz der späten Stunde herrschte noch geschäftiges Treiben. An Werktagen wie heute verließen die Anwälte ihr Büro selten vor 22 Uhr.
    Der gedrungene, breitschultrige Russe saß einem zierlichen, vornehm gekleideten Anwalt gegenüber. „Sie haben behauptet, die Tarnung sei perfekt. Sie war es nicht.“ Milners Worte kamen wie Geschosse aus seinem Mund, der harte osteuropäische Akzent verstärkte den aggressiven Eindruck. Unwillkürlich zuckte der Anwalt zusammen.
    Bevor er etwas sagen konnte, fuhr sein Mandant aufgebracht fort: „Ich habe Ihnen gesagt, dass mein Engagement in Niedersachsen nicht bekannt werden soll. Ich habe meine Gründe.“
    „Die Tarnung ist perfekt. Heise muss vor seinem Tod geplaudert haben. Vielleicht hätten Sie ihn nicht einweihen sollen?“
    „Ich bezahle Sie als Anwalt. Mit wem ich über welche Geschäfte rede, geht Sie einen feuchten Kehricht an.“
    Der Anwalt setzte ein indigniertes Gesicht auf. Die vulgäre Sprache seines Mandanten war ihm ein Gräuel. Milner fuhr ungerührt fort: „Es interessiert mich brennend, wer die beiden Beamten kaltgemacht hat. Baumgart behauptet, nichts zu wissen, sein Kontaktmann zur Parteispitze hat angeblich auch keine Ahnung. Manchmal frage ich mich, ob er vielleicht selbst …“
    Seine Stimme verlor sich. Der Anwalt wartete ab. Vermutete sein Mandat etwa, dass sein Geschäftspartner Baumgart mit den Morden zu tun hatte? Milner spielte nachdenklich mit seiner Krawatte. Er mochte schlechte Umgangsformen haben, war aber immer tipptopp gekleidet. Er nahm den Faden wieder auf. „Ich frage mich, was da eigentlich zwischen Baumgart und Heise gelaufen ist. Baumgart spielt nicht mit offenen Karten.“
    Das Interesse des Anwalts war geweckt, die bleierne Müdigkeit, die ihm seit Tagen zu schaffen machte, war vergessen.
    Jetzt sprach er es aus: „Sie wollen andeuten, dass Baumgart mit den Morden zu tun hat? Aber weshalb und warum der zweite Mord? Zu Niemann gab es keinerlei

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