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Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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ging auf, dass ich sterben würde. In ein paarTagen würde ich tot sein.«
    Es tut weh, ihn über diese Zeit reden zu hören. Wie einsam muss er sich gefühlt haben.
    »Also bin ich raufgeklettert.Wenn ich schon sterben sollte, dann wollte ich es tun … während ich etwas Interessantes tat.«
    »Willst du damit sagen:Wenn diese Sache hier scheitert, dann war es wenigstens interessant?«
    Grinsend legt er mir einen Finger auf die Lippen, damit ich still bin. »Nein, damit will ich sagen, dass es ein fantastisches Gefühl war.« Der Feuerschein flackert über sein Gesicht. »Ich hatte akzeptiert, dass das mein Ende war, und ich saß einfach nur da, schaute hinaus aufs dunkle Meer, und die Sterne glitzerten auf denWellen. Und ich wusste, dass wir alleTeil dieses größeren Ganzen waren. Irgendwie war ich wichtig für den Lauf der Dinge und würde auf dieserWelt meine Spur hinterlassen.«
    Er schaut mich lange an. »Das Komische ist, sobald ich begriffen hatte, dass ich immun war und nicht innerhalb der nächsten Tage sterben würde, bekam ich wieder Höhenangst. Ich hatte Angst vorm Leben und davor, es zu verlieren . A ber für diesen einen Moment, als ich dachte, die Ansteckung würde mich auslöschen, war mir klar, dass man sich vor dem Leben nicht fürchten muss. Man muss sich nicht so fest daran klammern, dass man keine Luft mehr bekommt.«
    Er lehnt seine Stirn an meine. »Hab keine Angst. Es wird schon funktionieren. Du schaffst das«, flüstert er.
    Ich drücke seine Hand, will ihn nie mehr loslassen.
    Schließlich haben Elias und meine Schwester ihre Vorbereitungen abgeschlossen . A lle vier stehen wir da und schauen hinaus in die Dunkelheit. Ich weiß, was als Nächstes geschehen wird. Catcher wird das Feuer auf dem großen, leeren Feld in der Nähe des Schiffes anzünden, damit wir uns am Rauch orientieren können, wenn wir in der Luft sind.
    »Gleich wird es hell«, murmelt er.
    Ich halte seine Hand noch fester. Und wenn nun etwas schiefläuft und ich ihn jetzt zum letzten Mal sehe? Ich schließe die Augen, will nicht, dass die Sonne aufgeht. Nur dies eine Mal nicht.
    Elias schürt das große Lagerfeuer, und meine Schwester hält die Öffnung des Ballons auf, er fächelt Rauch hinein, der Stoff bläht sich immer mehr auf.
    Catcher umfasst meineWangen mit beiden Händen. »Wir sehen uns bald wieder.« Das ist eine Feststellung. Er schaut mich gequält an, und ich weiß, er möchte mich ebenso wenig verlassen, wie ich möchte, dass er geht . A ber es muss sein.
    Und ich muss ihn gehen lassen. Ist ja nur für eineWeile, sage ich mir.
    Der Druck seiner Lippen ist zunächst sanft, dann drängender. Ich schlinge die Arme um ihn und ziehe ihn fester an mich.
    Als er sich von mir löst, berührt er meine Stirn noch einmal sacht. »Du passt auf dich auf«, befiehlt er.
    »Du auch«, sage ich. Er nickt und nickt noch einmal.
    Ich suche nach irgendetwas, das ich sagen kann, um ihn in meiner Nähe zu behalten, ihn am Gehen zu hindern, doch ich weiß, da gibt es nichts.
    Nur dies: »Ich liebe dich«, flüstere ich. Es tut weh, dieWorte zu sagen, zu wissen, er nimmt jetzt mein Herz mit, und ich muss mich auf ihn verlassen.
    Er küsst meine Nasenspitze, meinen Mund, meineWange. »Ich liebe dich«, erwidert er, dann dreht er sich um und ist weg. Hinter meinem R ücken brennt das Feuer, der Rauch weht heran und umwirbelt mich, während ich beobachte, wie er das Gebäude verlässt und zur Seilbahn geht, die ihn schnell von mir wegbringt.
    Auf einigen Dächern der Stadt sehe ich weitere Feuer brennen . A ndere Lichter funkeln wie Sterne. Ich unterdrücke meine Gefühle, damit ich mich auf das konzentrieren kann, was zu unserer Sicherheit geschehen muss.
    Hinter mir füllt sich der Ballon immer mehr. Ich helfe meiner Schwester, den Stoffschlund offen zu halten, und bin erstaunt, dass es tatsächlich funktioniert. Die Nähte sind stark, der geölte Stoff hält die heiße Luft darin gefangen. Eine Art Rausch erfasst mich. Wir müssen nur runter von der Insel und ein Stück flussabwärts, nicht weiter als einen halbenTagesmarsch.
    Der Horizont wird langsam heller, ein rosa Streifen vibriert am Himmelsrand. »Sollen wir den anderen jetzt das Zeichen geben?«, fragt Gabry. IhreWangen sind gerötet, die Augen leuchten vor Aufregung.
    Ich nicke und drehe mich zumTreppenhaus um. Der größteTeil meiner Zeichnung von Catcher ist von derWand verschwunden, nur ein paar kühne Kohlestriche sind noch vorhanden. Ich drücke die Handfläche

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