Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson
Geschwindigkeiten erzielen wollten, nur ihre muskulösen Hinterbeine. Sie konnten ganz Lys in wenigen Stunden durchqueren; der Reiter saß in einem drehbaren Sitz, der auf dem Rücken des Tieres festgeschnallt wurde. Alvin hätte um nichts in der Welt einen solchen Ritt unternommen, aber unter den jungen Männern galt er als beliebte Sportart. Ihre hochgezüchteten Renner waren die Aristokraten der Tierwelt, was diese sehr wohl wussten. Sie besaßen einen mittelgroßen Wortschatz, und Alvin belauschte sie oft, wenn sie untereinander mit vergangenen und künftigen Siegen prahlten. Versuchte er, freundlich zu sein und an ihren Gesprächen teilzunehmen, dann gaben sie vor, ihn nicht zu verstehen, und sprangen beleidigt davon.
Diese beiden Tierarten genügten allen normalen Ansprüchen und bereiteten ihren Besitzern ein Vergnügen, wie es bei mechanischen Geräten nicht möglich gewesen wäre. Wenn jedoch überschnelle Geschwindigkeiten vonnöten oder gewaltige Lasten zu bewegen waren, gab es auch die entsprechenden Maschinen, und man setzte sie ohne Zögern ein.
Obwohl das Tierleben von Lys Alvin eine ganze Welt neuer Beobachtungen und Überraschungen eröffnete, waren es doch die beiden Extreme der menschlichen Bevölkerung, die ihn am stärksten faszinierten. Die ganz Jungen und die ganz Alten – beide waren gleichermaßen seltsam und gleichermaßen wunderbar. Airlees ältester Bewohner war kaum in sein zweites Jahrhundert getreten und hatte nur mehr wenige Lebensjahre vor sich. Wenn Alvin dieses Alter erreicht haben würde, würde sich sein Körper kaum verändert haben, während die körperlichen Kräfte dieses alten Mannes beinahe erschöpft waren. Sein Haar war vollkommen weiß und sein Gesicht unglaublich faltig. Er schien die meiste Zeit in der Sonne zu sitzen oder langsam durch die Siedlung zu schlendern, wobei er mit jedem Grüße tauschte, dem er begegnete. Soviel Alvin sehen konnte, war er vollkommen zufrieden, verlangte nicht mehr viel vom Leben und schien vor seinem Ende keine Angst zu haben.
Die Philosophie stand mit der Diaspars so sehr in Widerspruch, dass sie Alvins Begriffsvermögen nicht zu fassen vermochte. Warum akzeptierte jemand den Tod, wenn er so unnötig war und wenn man die Wahl hatte, tausend Jahre zu leben und dann durch die Jahrtausende vorwärts zu eilen, um in einer Welt, die man zu formen mitgeholfen hatte, neu zu beginnen? Er war entschlossen, diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen, sobald er Gelegenheit hatte, frei darüber zu sprechen. Es fiel ihm ungeheuer schwer zu glauben, dass Lys diese Wahl aus eigenem, freiem Willen getroffen hätte, wenn es eine Alternative gekannt hätte.
Er fand einen Teil der Antwort bei den Kindern, diesen kleinen Wesen, die ihm so fremd waren wie die Tiere von Lys. Er verbrachte viel Zeit mit ihnen, schaute ihnen beim Spielen zu und wurde schließlich als Freund akzeptiert. Manchmal hatte er den Eindruck, als seien sie überhaupt nicht menschlich, so fremd wirkten ihre Gründe, Logik und sogar Sprache. Er blickte dann ungläubig auf die Erwachsenen und fragte sich, wie es möglich war, dass sie sich aus diesen außergewöhnlichen Wesen entwickelt hatten.
Und doch riefen sie in seinem Herzen ein ganz neues Gefühl wach. Wenn sie gelegentlich in Tränen der Enttäuschung oder der Verzweiflung ausbrachen, erschienen ihm ihre kleinen Sorgen tragischer als der Rückzug des Menschen nach dem Verlust seines galaktischen Imperiums. Dies war zu gewaltig und zu fern, aber das Weinen eines Kindes drang ihm bis ins Herz.
Alvin war in Diaspar der Liebe begegnet, aber jetzt erfuhr er etwas ebenso Wertvolles, ohne das auch die Liebe ihre höchste Erfüllung nicht finden kann. Er lernte die Zärtlichkeit kennen.
Alvin erforschte also Lys, aber Lys erforschte auch ihn und war nicht unzufrieden mit den Ergebnissen. Er war drei Tage in Airlee, als Seranis ihm vorschlug, seine Streifzüge auszudehnen und etwas mehr von ihrem Land zu sehen. Er war sofort einverstanden – unter der Bedingung, dass man nicht von ihm verlangte, einen der schnellen Renner zu besteigen.
»Ich kann Ihnen versichern«, sagte Seranis mit einem seltenen Anflug von Humor, »dass hier niemand daran denkt, eines seiner wertvollen Tiere zu riskieren. Da es sich um einen Ausnahmefall handelt, werde ich ein Fahrzeug bereitstellen, in dem Sie sich wohlfühlen. Hilvar wird Ihnen als Führer dienen, aber Sie können natürlich hingehen, wohin Sie wollen.«
Alvin fragte sich, ob das wirklich
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