Die Stahlkönige
Gerüchte über diese Menschen nicht an die schreckliche Wahrheit heranreichten. Wenn die Königin und ihre Knaben so grauenvoll waren, wie mochten dann der König und seine Krieger erst sein?
Larissa hatte die Anwesenheit des Gesandten vergessen und vertiefte sich in den Brief Graf Todesmonds.
Meine liebe Königin Larissa!
Mit großer Freude las ich dein Schreiben, dass auch du ein Treffen zwischen uns beiden wünschst. Wir haben viele wichtige Dinge zu besprechen, darunter ein freundschaftliches Abkommen, das mir sehr am Herzen liegt.
Wenigstens erging er sich nicht in endlosen blumigen Floskeln, wie es andere Monarchen taten, dachte Larissa beifällig.
Jemand, den ich nicht beim Namen nenne, der uns beiden aber wohlbekannt ist (sie hatte keine Ahnung, was das bedeutete), berichtete mir, dass du in der Vergangenheit neutrale Inseln für derartige Treffen bevorzugtest. Das halte ich für eine wunderbare Idee und nehme mir die Freiheit, dir einen geeigneten Platz vorzuschlagen. Im Golf von Imisia, unweit meiner Provinz Delta, liegt eine Insel namens Xata. Sie wird von einigen Ländern beansprucht, ist aber unbewohnt. Sie ist nur eine Ruderstunde von der Küste entfernt und es gibt dort ausreichend Wild und frisches Wasser. Mitten auf der Insel befindet sich eine große Wiese, bestens zum Aufstellen von Zelten und als Weide für Cabos geeignet.
Er schloss mit herzlichen Grüßen und der Bemerkung, dass sein Vertrauter, Graf Dreiturm, alle Vollmachten besaß, Vorbereitungen und Absprachen zu treffen. Larissa legte den Brief beiseite.
»Graf Todesmond ist sehr freundlich«, sagte sie.
»Nichts wünscht er sich sehnlicher als ein friedliches Abkommen zwischen unseren Ländern«, versicherte Dreiturm. »Natürlich würde er auch König Gasam gerne kennen lernen, versteht aber, dass ein großer Eroberer die Belagerung der Stadt beaufsichtigen muss.« Die Hauptstadt von Gran wurde seit Monaten belagert, und es sah so aus, als ziehe sich diese Angelegenheit noch mindestens ein Jahr lang hin. Die ehemaligen Herrscher des Landes weigerten sich, Gasams Ansprüche anzuerkennen. In Wahrheit langweilte Gasam die mühselige Aufgabe unendlich und er überließ sie seinen Infanterieoffizieren und ihren Truppen. Er war anderweitig beschäftigt, aber Larissa sah keinen Grund, den Gesandten einzuweihen.
»Ach, die Belagerung! Schrecklich langweilig, sie muss aber sein. Es ist unser Prinzip, jeglichen Widerstand zu ersticken. Die Herrscher der großen Stadt und ihre Untertanen werden vernichtet; dann machen wir den Ort dem Erdboden gleich.«
»Ihr seid ein sehr … gründliches Volk, Majestät.«
»Das sind wir. Außerdem gefallen mir die Gebäude des Landes überhaupt nicht. Alles ist zu voll gestopft und zu eng. Vielleicht lasse ich sämtliche Städte abreißen und meinen Wünschen entsprechend wieder aufbauen.«
»Könnten wir doch alle unsere Wünsche so einfach erfüllen.« Dreiturm hatte sein seelisches Gleichgewicht wiedergewonnen und sagte sich, dass er es hier immerhin mit Barbaren zu tun hatte. Er setzte großes Vertrauen in die mezpanische Armee. Diese Menschen mochten andere primitive Völker durch rohe Gewalt und barbarische Kampftechniken besiegt haben, aber beides würde ihnen wenig nützen, wenn sie den tödlichen Feuerrohren gegenüberstanden. Schon bald würden die Feuerwaffen Arbeit bekommen und auf dem Schlachtfeld riesige blutige Schneisen durch die heranstürmenden Wilden schlagen.
»Wird diese Insel von Mezpa beansprucht?« Larissa kam sofort zur Sache.
»Ja, aber wir unternehmen keinen ernsthaften Versuch, unseren Anspruch durchzusetzen, ebenso wenig wie die anderen Königreiche. Sie ist nicht wichtig genug. Für die Landwirtschaft ist sie ungeeignet, hat keinen Hafen und keine Verteidigungsanlagen. Manchmal legen Schiffe an, um Wasser aufzufüllen oder Wild zu jagen. Früher hatten dort Piraten einen Unterschlupf, und wir schickten Schiffe aus, um sie zu vertreiben, aber das ist alles. Lange Zeit beanspruchte Imisia die Insel, ein Land, das vor einigen Jahren von Mezpa erobert wurde. Die Insel ist ein ausgezeichneter Treffpunkt, und ich denke, du wirst keinen besseren finden. Ehrlich gesagt: Auf der Welt gibt es wenig, was euch noch nicht gehört, bis auf unser Land und das unserer gemeinsamen Feinde.«
»Gemeinsame Feinde«, wiederholte sie. »Das müssen wir noch besprechen.«
»Ein Grund mehr, warum du dich mit Graf Todesmond unterhalten solltest. In den letzten Jahren gab
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