Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)
aus dem nordwestlichen oder westlichen Deutschland, aus Westfalen, Sachsen, Brandenburg, Preußen, Soldaten im Alter von 20 bis 25, die jahrelang die Schule der Hitlerjugend durchlaufen hatten. Das bedingte auch ihre politisch-moralische Standfestigkeit.
Ein Fehler unserer Operation im September, der sich natürlich mit keinerlei objektiven Umständen rechtfertigen lässt, war vor allem die miserable Zusammenarbeit von Panzern und Infanterie. Als Bestätigung kann ein typischer kleiner Vorfall angeführt werden. Der am 25. September gefangen genommene Gefreite Johann Weingran, 79. Panzergrenadierregiment, 16. Panzerdivision, berichtete Folgendes darüber, wie er in Gefangenschaft geraten war: »Die Russen durchbrachen unsere Verteidigung. Am Abend kamen Panzer. Wir saßen in den Unterständen. Die Panzer standen eine Zeit lang da und fuhren wieder zurück. Nach einiger Zeit, gegen Morgen, kamen erneut Panzer. Infanterie war nicht da; erst nach etwa zwei Stunden kam Infanterie und nahm uns gefangen.«
Der zweite Fehler war die tiefe Staffelung der Truppen, die zu riesigen unnötigen Verlusten führte. Und schließlich haben einige Divisionen in Einzelfällen die Ausgangslinie tagsüber besetzt. […]
Schwach stand es auch mit der Luftwaffe. Im September beherrschten die Deutschen unbestritten den Luftraum, in quantitativer Hinsicht. Und die Aktionen unserer Luftwaffe taugten auch nicht viel. Unsere Flugzeuge bombardierten oft, ohne zu zielen. Es gab Fälle, in denen sie nicht nur unsere vorderste Linie bombardierten, sondern sogar Divisionsgefechtsstände. Am 7. September bombardierten neun unserer Flugzeuge die Gefechtsstände der 64. und der 231. Division.
Am 13. September ging die Armee zur aktiven Verteidigung über. Ende September indessen wurde unsere Front noch einmal um etwa zwölf Kilometer verbreitert, weil unserer Armee einige Divisionen überstellt wurden, darunter die 38. und 41. Gardedivision. Diese Gardedivisionen waren in der Nähe von Moskau aus Luftlande-Brigaden zusammengestellt worden, die hinter den deutschen Linien operiert hatten. Ihre Mannschaften waren herausragend. Sie hatten in der Gegend von Kletskaja [723] mit den Deutschen gekämpft, und zwar buchstäblich wie die Löwen. Als sie unserer Armee überstellt wurden, bestanden sie aus 5000 bis 5500 Mann. In der vierten Septemberwoche wurden die Gardisten aufgefüllt. Das Auffüllen geschah zufällig, und infolgedessen hatten wir in den Gardedivisionen unter den aufgefüllten Truppen viele Selbstverstümmler, und es gab auch Überläufer zu den Deutschen. Es muss gesagt werden, dass ich mit angesehen habe, wie hart das die Gardisten mitnahm. Es war hart für sie, dass ihr Gardebanner von Vorfällen befleckt wurde, an denen sie völlig unschuldig waren. Dieser Umstand weist darauf hin, dass man unbedingt darauf achten muss, dem Auffüllen von Gardeverbänden den zufälligen Charakter zu nehmen. Vielleicht müssen zu diesem Zweck Reservegarderegimenter geschaffen werden.
Man muss sagen, dass es bei uns in der Roten Armee meiner Ansicht nach bis heute beim Auffüllen kein solches System gibt, wie es in der deutschen Armee praktiziert wird. In der russischen Armee hatten wir seit 1812 das 1. und 3. Bataillon aktiv im Regiment, das 2. stand in der Reserve. So ist es auch bei den Deutschen, die Deutschen haben spezielle Reserve-Bataillone, die von der betreffenden Division ergänzt werden. Infolgedessen lernt der Soldat noch in der Etappe seine Division kennen, er wird von einem Offizier ausgebildet, der in dieser Division war, die militärischen Traditionen werden ihm eingeimpft, er kommt in einen Verband, den er bereits kennt, und das dient in hohem Maße der Festigung des Verbands. Bei uns gibt es das nicht. [724] Vielleicht ist es problematisch, zu fordern, dass die Division ein Reserveregiment in der Etappe haben sollte, aber auf jeden Fall ist es nötig, dass der Rotarmist weiß, wohin er geht. Nehmen wir an, wir haben einen Verwundeten, einen Kommandeur, der ins Militärlazarett kommt – es ist sehr schwer zu organisieren, dass er wieder zu seiner Division zurückkehrt. Bei den Deutschen ist er verwundet, hält sich sechs Monate in seinem Reserveregiment in der Etappe auf und kehrt zu seinem Verband zurück, in seine Kompanie. Wir müssen dem ernsthaft Beachtung schenken. In der Frage des Auffüllens gibt es bei uns kein spezifisches System und keine Transparenz. […]
Ich möchte mich ein wenig beim
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