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Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition)

Titel: Die Stalingrad-Protokolle: Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Hellbeck
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Selbstbewusstsein des Soldaten.
    Direkt vor dem Gefecht führten wir eine Kundgebung durch. Nach der Kundgebung stellten 46 Mann den Antrag, in die Partei aufgenommen zu werden – die besten Soldaten und Kommandeure. Mit einem Wort, die ganze Truppe, die in den Kampf ging. Der Kampfgeist von Mannschaft und Kommandeuren war außergewöhnlich stark. Jeder empfand Verantwortung für die Heimat, empfand seine Pflicht, jeder demonstrierte seine Treue und Liebe zum Land.
    Untersergeant Duka: Am 28. Januar erhielten wir den Befehl: Aufnahme des Straßenkampfs. Ich stellte vor dem Kampf den Antrag, als Kandidat in die Partei aufgenommen zu werden. In den Komsomol war ich im 178. Regiment eingetreten. Um neun Uhr kam der Befehl: Aufbruch zum Kampf. Wir brachen auf, dann gab es eine Marschpause. Ich wollte unbedingt vor dem Kampf eintreten; wenn ich fallen würde, wollte ich als Bolschewik fallen, und ich beschloss, den Antrag auf die Parteikandidatur zu stellen. Ich stellte den Antrag beim Partorg, Leutnant, den Namen habe ich vergessen. Während der Marschpause wurde eine Parteiversammlung abgehalten. Ich war nicht der Einzige, der in die Partei eintrat, aus unserer Batterie sind ungefähr acht Mann eingetreten. Zwei von ihnen sind gefallen; eingetreten sind der Komsomolze Dentschenko und der Komsomolze Kowalenko, Zugführer Leutnant Borissow, Zukanow, Untersergeant Kutjanin und noch jemand. Das war gegen Mittag. Zu der Zeit herrschte starker Frost. Sie sagten, wir würden heute kämpfen, wir müssten vor den Deutschen unseren Mann stehen, damit sie sich nicht weiter auf unserem Territorium rumtrieben, es sei unsere Pflicht, sie zu vernichten. Als ich als Parteikandidat aufgenommen wurde, dachte ich: Jetzt muss ich mich doch in diesem Gefecht bewähren. Das alles geschah unglaublich schnell.
    Major Jegorow: Der Gegner hielt den Bahnhof. Er hielt sich lange im Bahnhof. Die Wände da sind ziemlich dick. Es war der massive, hartnäckige Einsatz von »Katjuschas« und Geschützen vom Typ »Iwan-der-Schreckliche« erforderlich. Sie machten sich hier auch nicht schlecht. Auf diese Weise konnten wir einen recht tiefen Keil in das System des Gegners treiben. Die Verteidigung der Häuser übernahmen sehr kleine Gruppen von sieben bis acht Mann. Hauptsächlich wurde mit Handgranaten operiert. Die Soldaten bekamen genügend Revolver. […] Früher hatte der Rotarmist keinen Revolver. Deshalb war es außerordentlich interessant für ihn, mit dem Revolver zu operieren. Er hatte seinen Spaß daran. Mit der MPi kann man sich ja nicht überall entfalten, umso mehr, als es im Keller stockdunkel ist. Dazu muss man sagen, dass die Soldaten einander nah genug waren, um sich mit den Ellbogen zu berühren, sonst hätten sie sich nachts gegenseitig erschießen können.
    Es wurde Tag und Nacht gekämpft.
    Die nächtliche Finsternis half uns, weil die Deutschen nicht feststellen konnten, wie viele in den Keller kamen, in welcher Stärke. Helle Köpfe wie Karpow oder Duka – ein hervorragender Komsomol-Sekretär vom 2. Bataillon –, die kommandierten prompt: Kompanie, los! Oder riefen was vom Bataillon. Wenn der deutsche Soldat auch schlecht Russisch kann, er versteht immerhin, was auf Russisch eine Kompanie ist und was ein Bataillon. Dieser Duka nahm etwa 500 Mann gefangen. Geholfen hat ihm Major Soldatow. Zu zweit haben sie Hunderte geschnappt. Interessant ist, dass er in die Keller stürmte und es drinnen brechend voll war, die saßen wie die Heringe im Fass. Die hätten die beiden, die reinkamen, buchstäblich in Stücke reißen können. Aber da war die feste, sichere Stimme, die keinen Widerspruch und keinen Aufschub duldete, und wenn doch was kam, dann warf er ein paar Granaten und löste eine solche Panik aus, dass alles aufheulte. Schockweise haben sie sie geschnappt. An der Konditoreiwarenfabrik haben wir etwas Dresche von ihnen gekriegt, nicht viel, aber Dresche haben wir gekriegt. Da waren richtig viele von denen, um die tausend Mann, und von uns waren 15 da. Deshalb beschlossen wir, nachts anzugreifen, mehr Lärm, mehr Schießen. […]
    Wir haben zwei Granatwerferbataillone. Sobald durchs Telefon mitgeteilt wird, dass dieses oder jenes Haus beschossen werden soll, donnern die beiden Bataillone los – können Sie sich vorstellen, was sich da tut? Das demoralisiert den Feind. Und dann noch das »Hurra!« Vor allem nachts, und noch dazu im Keller. Wenn drei »Hurra!« schreien, hat das schon Wirkung. Die Soldaten haben es so

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