Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)
Geistes, kombiniert mit Sklaverei. Die Gräfin musste eine sehr starke Persönlichkeit sein, um das überlebt zu haben. »Ich freue mich schon darauf, die Falconers kennenzulernen.« Als er sah, dass Jean die Stirn runzelte, fragte er: »Oder gibt es einen Grund, warum du das nicht möchtest?«
»Ich habe Angst vor dem, was ich herausfinden könnte, Nikolai. Was ist, wenn Simon oder Meg nicht mehr am Leben sind? Oder andere, die mir am Herzen liegen, nicht mehr da sind? Was ist, wenn ich von meinem eigenen Tod erfahre? Das will ich gar nicht wissen!« Ihre Finger schlossen sich wie eine Klammer um seinen Arm. »Mir war gar nicht bewusst, wie wichtig Unwissenheit ist, um sein Leben fortführen zu können. Ich bin froh, dass ich keine Seherin bin. Zu viel zu sehen, würde mich verrückt machen, glaube ich.«
»Dann werden wir deinen Earl aufsuchen, und als Allererstes sagst du ihm, dass du nichts über das Schicksal deiner Anverwandten wissen willst«, meinte Nikolai. »Wenn er und seine Frau gute Zuhörer sind, werden sie das sicher respektieren.«
»Das sind sie beide.« Ein wenig entspannter, erhob Jean ihren Blick zu ihm. »Und nun lass uns einen Buchladen und ein Kaffeehaus suchen, denn dort werden wir etwas über die politische und gesellschaftliche Lage dieser Zeit erfahren.«
Für mehrere Tage nach dem Ritual, das Gregorio und Jean Macrae in die Zukunft versetzt hatte, tat Adia kaum mehr als schlafen, essen und aufs Neue schlafen. Sie fühlte sich so ausgelaugt, dass sie nicht sicher war, ob sie je wieder Magie bewirken würde. Selbst ihre Träume waren leer.
Irgendwann jedoch wachte sie mit neuer Energie und der Bereitschaft auf, sich dem Leben wieder zu stellen. Die Frage war: Was sollte sie tun? Sie wohnte in einem Gästezimmer in Gregorios Haus und hatte denselben Balkon, auf den auch Jeans Zimmer hinausging. Ein Dienstmädchen hatte ihr ein Frühstückstablett mit Brot, Obst und Tee gebracht. Adia kannte solchen Luxus nicht - in der Zukunft war immer sie es gewesen, die jemandem das Essen brachte, und niemals die, die es empfing. Sie merkte, dass es ihr keine Freude machte, bedient zu werden, und zog es vor, sich selbst um ihre Bedürfnisse zu kümmern.
Nach dem Essen ging sie zum Büro hinunter, wo Louise morgens arbeitete. Die Französin blickte von ihren Rechnungsbüchern auf. »Adia! Willkommen zurück im Land der Lebenden.«
»War das so offensichtlich?« Adia blieb vor Isabelles Vogelstange stehen, um dem Ara ein paar Nüsse zuzustecken.
»Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, sahst du aus wie ein Gespenst - ganz grau und bleich.« Louise schob ihren Stuhl zurück. »Wenn du Gesellschaft möchtest, kannst du jederzeit zu mir und meiner Familie zum Essen kommen. Das Schiff meines Mannes ist zurückgekehrt, und er wird mehrere Wochen bleiben, und unsere Kinder kennst du ja bereits.«
»Das ist lieb von dir. Ich werde heute Abend zu euch kommen.« Adia begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. »Aber was soll ich hier mit mir anfangen? Ich habe mein Leben lang gearbeitet, deshalb macht mich Müßiggang nervös.« Sie blieb vor dem Bücherschrank stehen, der fast eine ganze Wand bedeckte. »Was für eine wundervolle Bibliothek Captain Gregorio hat! Ich habe noch nie so viele Bücher an einem Ort gesehen. Würde es ihn stören, wenn ich das eine oder andere lese?«
»Natürlich nicht.« Louises Gesicht verdüsterte sich. »Schon gar nicht, wenn er nie wieder zurückkehrt. Glaubst du, dass wir ihn und die schottische Hexe wiedersehen werden?«
»Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich nicht«, antwortete Adia ehrlich. »Steht ihr beide euch sehr nahe?«
»Nikolai hat mich aus der Prostitution herausgeholt und mich gelehrt, dass ich nicht wertlos war. Eine Zeit lang waren wir ein Paar, aber das war nie das Wichtigste bei uns.« Louise benutzte ihr Taschenmesser, um einen Federkiel zu schärfen. »Wirst du auf der Insel bleiben? Eins unserer Schiffe kann dich nach Frankreich, Italien oder Spanien mitnehmen. Von dort aus kannst du nach England zurückkehren.«
»Für mich gibt es nichts in England. Mein Mann ist heute noch ein Junge in Afrika, und meine Kinder sind noch nicht einmal geboren.« Sie kämpfte gegen die Trauer an, die sie zu überwältigen drohte. Sie hatte gewusst, was sie verlor, als sie die Magie anrief. Ihr war nur nicht klar gewesen, wie sehr es schmerzen würde. »Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich als ... als Anker für Jean und den Captain bleiben muss, wenn sie eine
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