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Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Abhandlungen gewonnen hat?«
    »Der bin ich«, erwiderte der junge Mann und errötete vor Verlegenheit und Stolz. »Man erwies mir große Ehre dort.«
    »Die Sie auch verdienen, Sir«, erklärte Jean entschieden. »Würden Sie mir von Ihrem jüngsten Werk erzählen? Ich hörte, dass es davon handelte, ob Sklaverei rechtens und moralisch ist.«
    Clarkson verlor etwas von seiner Lebhaftigkeit. »Das ist der Anlass meiner Unruhe. Ich habe mich sehr gründlich mit dem Thema Sklaverei befasst. Obwohl ich zu Anfang nur mit dieser Arbeit begann, um literarische Anerkennung zu gewinnen, erfüllten meine Studien mich mit Entsetzen. Je mehr ich in Erfahrung brachte, desto weniger Schlaf fand ich.«
    »Haben Sie mit Menschen gesprochen, die Sklaverei aus eigener Erfahrung kennen?«, fragte Nikolai.
    Clarkson nickte bekümmert. »Mein eigener Bruder ist ein Marineoffizier, der in Amerika gedient hat und mir Briefe schickte, in denen er Unsägliches beschrieb. Nachdem meine Abhandlung großen Anklang fand, bin ich nun auf dem Weg nach London, um eine Stellung in der Kirche zu suchen. Aber ... was ich bei meinen Studien erfahren habe, bringt mich noch um den Verstand. Ich finde, dass jemand etwas gegen diese grauenhafte Praktik unternehmen sollte, doch wer könnte das sein?«
    »Warum nicht Sie, Mr. Clarkson?«, antwortete Jean mit ernster Miene.
    »Ich wüsste nicht einmal, wo ich beginnen sollte«, gab er offen zu. »Was kann ein einfacher Mann allein gegen ein solch großes, weit verbreitetes Übel tun?«
    »Sie sind nicht allein«, versicherte ihm Nikolai. »Es gibt noch andere, die Ihre Sorge teilen, und wenn Sie sich umschauen, werden Sie sie finden.«
    Jean nickte zustimmend und rief sich weitere Notizen Adias in Erinnerung. »Die Quäker beispielsweise haben seit Jahren ihr Bestes getan, um die Übel der Sklaverei bekannt zu machen, doch da sie als Exzentriker gelten, finden sie nicht viel Gehör. Sie könnten einen Mann wie Sie brauchen, Mr. Clarkson, der Jugend, Intelligenz und Leidenschaft in sich vereint - und zudem ein Geistlicher der Kirche Englands ist.«
    »Die Menschen werden Ihnen zuhören, während sie die Worte eines Quäkers vielleicht als Unsinn abtun würden«, fügte Nikolai hinzu.
    »Das ist wahr«, sagte Clarkson nachdenklich. »Als ein Mann der Kirche würde ich mir in einigen Kreisen bestimmt Gehör verschaffen können.«
    »Sie sollten Ihre Abhandlung ins Englische übersetzen und veröffentlichen lassen«, schlug Jean vor. »Es gibt viele Leute, die sie gern lesen würden, aber kein Latein verstehen.«
    »Das ist eine wunderbare Idee! Ich könnte auch noch Material aus meinen Studien hinzufügen, um den gegenwärtigen Stand der Sklaverei bekannt zu machen.« Er zögerte, als brauchte er noch mehr Bestätigung. »Glauben Sie wirklich, dass jemand meine Dokumentation veröffentlichen würde?«
    »In London gibt es einen Herausgeber unter den Quäkern, der schon andere Schriften gegen die Sklaverei veröffentlicht hat«, klärte Jean ihn auf. »Soweit ich mich erinnere, ist sein Name James Phillips. Ich könnte mir vorstellen, dass er sehr interessiert an Ihrer Arbeit wäre.«
    Clarkson schwieg, während er sich ein weiteres Brot mit Käse und Schinken schmecken ließ, aber der Energiestrom um ihn war von einem hellen Gelb, was auf eine intensive geistige Aktivität hindeutete. Nachdem er sein Brot gegessen hatte, sagte er: »Sie sind beide gut informiert über die Sklaverei. Haben Sie in Amerika gelebt und sie selbst gesehen?«
    Nikolai verzog den Mund. »Ich habe sie tatsächlich selbst erlebt, aber nicht in Amerika. Ich war als Junge von Piraten verschleppt worden und lebte danach jahrelang als Sklave. Ich wurde auf den Galeeren misshandelt, auf Karawanen, die tödliche Wüsten durchquerten, ausgepeitscht und gewann erst meine Freiheit wieder, als ich einen Sklavenaufstand auf einer Galeere anführte.«
    Clarkson starrte ihn an. »Sie haben dieses furchtbare Übel am eigenen Leib erlebt?«
    »Zweifeln Sie an meinen Worten?« Tief bewegt sprang Nikolai auf und öffnete seinen Rock und seine Weste, drehte sich dann um und zog sein Hemd aus der Hose, um Clarkson die Narben auf seinem Rücken zu zeigen. »Der Beweis steht auf meinem Körper geschrieben.«
    Jean und Clarkson sogen scharf den Atem ein. Den Tränen nahe, beugte Jean sich vor und strich über die hässlichste der Narben. Nichts, was Nikolai über seine Versklavung erzählt hatte, war so herzzerreißend wie der Anblick dieser Narben. Jetzt

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