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Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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verstand sie sogar noch besser, warum er so entschlossen gewesen war, sich an den Macraes zu rächen.
    Er fuhr vor ihrer Berührung zurück, vielleicht weil ihn die Narben an Erniedrigung und Hilflosigkeit erinnerten, brachte seine Kleider wieder in Ordnung und setzte sich. »Wenn Sie gegen dieses große Übel angehen, Mr. Clarkson, garantiere ich Ihnen, dass es viele wie mich gibt, die sich Ihnen anschließen werden. Ich bin Ausländer und könnte daher keinen solchen Kreuzzug anführen, doch ich bin überzeugt, dass Sie ein solcher Führer werden könnten.«
    »Glauben Sie das wirklich?«, fragte Clarkson leise.
    »Ich weiß es.« Jean suchte seinen Blick und nahm ihren ganzen Mut zusammen. Er musste durch die Wahrheit und nicht durch Magie überzeugt werden. »Ich bin Schottin und habe eine hellseherische Begabung. Ich denke, dass Sie wirklich etwas bewirken könnten, falls Sie sich dazu entschließen sollten, den Sklavenhandel zu bekämpfen. Vielleicht war es göttliche Vorsehung, die meinen Mann und mich heute auf diesen Weg gesandt hat.« Göttliche Vorsehung oder die Vorfahren. Jean war nicht sicher, ob da überhaupt ein Unterschied bestand.
    »Vielleicht ... vielleicht werde ich tun, was Sie vorschlagen.« Clarksons Energie flackerte wieder, diesmal vor Entschlossenheit. »Ich werde Gott bitten, mir den rechten Weg zu weisen.«
    Als Jean sich Adias Notizen über Clarkson in Erinnerung rief, wusste sie, dass sie heute ein weiteres gutes Werk getan hatten.

 
    Nachdem sie ihr Picknick beendet hatten und Clarkson sich mit einem weiteren Sandwich in der Tasche nach London aufgemacht hatte, um unterwegs nicht hungern zu müssen, stellte Nikolai den Korb in den Ponywagen zurück. »Ich finde, wir sollten den Wagen in den Mietstall in Ware zurückbringen. Und dann geht es nach London weiter, was meinst du?«
    Jean nickte. »Zwanzig Jahre sind seit unserem letzten Besuch vergangen. Wir müssen herausfinden, wie die Leute denken, ganz zu schweigen davon, dass wir dringend neue Kleider brauchen.«
    »Ich würde gern den Wagen fahren. Ich kann die Übung brauchen.«
    »Natürlich«, sagte Jean und schwang sich an der Beifahrerseite hinauf. »Dieses ruhige alte Pony ist eine gute Wahl für einen Seemann.«
    Nikolai war froh, den Wagen lenken zu können, und das nicht nur seiner mangelnden Erfahrung wegen. Zu lernen, die Zügel richtig zu benutzen, war eine willkommene Ablenkung für ihn. Jahrelang hatte er seinen vernarbten Körper immer sorgfältig verborgen, weil niemand sehen sollte, wie brutal er misshandelt worden war. Nun, da Clarkson nicht mehr bei ihnen war, erwartete er, dass Jean etwas zu den Narben bemerken würde, doch zu seiner großen Erleichterung sagte sie nichts. Es war nicht schwer, sich in eine Frau zu verlieben, die wusste, wann es besser war zu schweigen.
    Verlieben? Woher kam der Gedanke? Aber als Nikolai aus dem Augenwinkel Jeans fein geschnittenes Profil betrachtete, musste er sich eingestehen, dass er mindestens schon halb in sie verliebt war. Ihre Partnerschaft und ihr gemeinsames Engagement für diese Mission brachten sie einander näher als viele verheiratete Ehepaare.
    Er war versucht, den Wagen an den Straßenrand zu lenken, die Decke hervorzuholen und mit ihr zu irgendeinem ungestörten Ort zu gehen, wo sie sich noch näherkommen konnten. Allein der Gedanke daran brachte seinen Puls zum Rasen. Aber seine verdammte Intuition beharrte darauf, dass der richtige Moment noch nicht gekommen war. Ihre Entwicklung zu Magiern war noch nicht ganz abgeschlossen. Gewiss würden sie ihre vollen Fähigkeiten brauchen, bevor ihre Aufgabe vollendet war.
    Er konnte nur hoffen, dass er nicht schon vorher an Enttäuschung starb.

 
    London war zwanzig Jahre später belebter, geschäftiger, lauter und übelriechender. Vielleicht war es purer Zufall, aber Jean sah mehr Schwarze denn je in der Stadt. Viele waren offensichtlich arm und versuchten, sich ein paar Pennys zu verdienen, indem sie auf Pferde aufpassten oder für wohlhabende Bürger die Straßen fegten. Sie fragte sich, ob diese Menschen ehemalige amerikanische Sklaven waren, die wie Adia und ihre Familie nach dem Krieg nach England geflohen waren. Die Priesterin hatte gesagt, dass London zu ihrer Zeit Tausende schwarzer Bewohner hatte.
    Jean und Nikolai fanden ein sauberes, bescheidenes Gasthaus nicht weit entfernt von dem, in dem sie schon einmal übernachtet hatten. Sie wählten diesmal absichtlich ein anderes, da nicht auszuschließen war, dass

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