Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Die starken Fesseln der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
jeder Ecke Englands übersandt - mehr Petitionen, als je zuvor zu einem anderen Thema eingereicht worden sind. Wir erhalten jeden Tag mehr Unterstützung, Freunde!«
    Wieder applaudierten alle. Wilberforce verstand es, die Begeisterung einer Menge zu wecken. Im Schutz des Stimmengewirrs sagte Nikolai zu Jean: »Falconer meint, dass das Gesetz im Oberhaus nie durchgehen wird - selbst wenn es vom Unterhaus beschlossen wird. Zu viele der Lords beziehen ihren Reichtum aus der Sklaverei, und nur wenige haben echtes Mitgefühl oder Verständnis für die vom Schicksal weniger Begünstigten.«
    Jean nickte traurig, weil sie wusste, dass das alles zutraf. »Immerhin wird William Wilberforce dem Parlament einen Gesetzentwurf vorlegen. Das ist schon mal ein großer Fortschritt. Auch wenn er wahrscheinlich wieder und wieder vorgelegt werden muss, bevor eine Aussicht auf Erfolg besteht.«
    Wilberforce setzte seinen Vortrag mit detaillierten Berichten über bestimmte Vorhaben und Spenden fort. Seine Stimme war fesselnd wie zuvor, doch Jean sah, dass er schwitzte und sich am Rand des Rednerpults festhielt. »Ich glaube, ihm ist nicht gut«, flüsterte sie.
    »Er ist von dunkler Energie umgeben«, erwiderte Nikolai leise. »Kannst du sie sehen?«
    Jean schärfte ihre Sicht und war bestürzt über den wabernden schwarzen Nebel um den Abgeordneten. Als sie ihn mit ihrem Geist anrührte, merkte sie, dass der Nebel den Geruch des Dämons der Sklaverei hatte. »Wie kann die negative Energie all diese positive hier durchdringen?«
    Nikolais Augen verengten sich. »Sie scheint von der anderen Seite des Raumes herzukommen - siehst du diesen dünnen, dunklen Nebelfetzen?«
    Jean folgte seinem Blick. Es dauerte einen Moment, bis sie die dünne Energiespur fand, die von Wilberforce zu einer nicht einsehbaren Stelle auf der anderen Seite der Menge ging. »Ja, ich sehe ihn.«
    »Ich werde seinen Ursprung suchen«, sagte Nikolai entschlossen.
    Sekunden später verschwand er in der Menge, und Jean wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Sprecher zu. Statt seine Gegner anzugreifen, nutzte William Wilberforce seine bezwingende Stimme, um die Ziele und Träume der Bewegung zu beschreiben. Er regte die Menschen dazu an, nach ihren höchsten Idealen zu leben, anstatt Zorn und Hass zu provozieren.
    Aber die angenehme Stimme schwankte. Mitten in seinem nächsten Satz begann Wilberforce zu stammeln: »Ich ... bedaure, Freunde. Mir ist ... nicht wohl.«
    Er machte Anstalten, vom Rednerpult zu steigen. Hände streckten sich ihm entgegen, um ihm zu helfen, doch bevor Wilberforce eine ergreifen konnte, brach er mit einem erstickten Schrei zusammen. Seine hagere Gestalt war so in dunkle Energie gehüllt, dass Jean seine Umrisse kaum noch sehen konnte.
    Instinktiv drängte sie sich durch die Menge und eilte auf ihn zu. Sie sah, dass Simon das Gleiche tat, doch er kam vom Eingang der Bibliothek her und war zu groß, um leicht in dem Gewühl voranzukommen.
    Jean benutzte einen Energiestoß, um sich durch den engsten Kreis um den gestürzten Abgeordneten zu drängen. Er sah aus, als stünde er schon an der Schwelle des Todes. Seine Freunde waren verängstigt und besorgt, und keiner wusste, wie er reagieren sollte. Jean projizierte eine Aura der Kompetenz auf sich und ließ sich neben Wilberforce auf die Knie fallen.
    Nachdem sie rasch seine Schalkrawatte gelockert hatte, legte sie eine Hand an seinen Hals. Er hatte keinen Puls mehr. Sein Herz war stehen geblieben. All ihre Sinne waren aufs Äußerste geschärft und sagten ihr, dass sich sein Geist bereits von seinem Körper löste.
    Obwohl sie nicht die großartige Heilerin war, die ihre Mutter gewesen war, kamen ihr ihre Übungen zur Stärkung ihrer Macht jetzt sehr zu Hilfe. Sie griff nach dem Licht, das das Haus erfüllte, und ließ es in Wilberforces reglose Gestalt einfließen, um sein Herz mit Leben und Vitalität zu umgeben. Bitte, Gott ...
    Die Zeit schien stillzustehen. Jean war ein Kanal für eine höhere Macht, und der heimgesuchte Mann unter ihren Händen war von entscheidender Bedeutung für das größte Anliegen in der menschlichen Geschichte.
    Sie spürte einen leisen Pulsschlag, dann noch einen weiteren. Er war also noch nicht rettungslos verloren. Bitte bleib bei uns, betete sie im Stillen, während sie ihm weiter heilende Energie vermittelte. Du wirst gebraucht.
    Ein schwacher Herzschlag war bereits zu spüren, als Simon sich auf Wilberforces anderer Seite niederkniete. Simon war ein begabter

Weitere Kostenlose Bücher