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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sich draußen die Augustsonne dem Untergang zuneigte, begann sie furchtsam an ihren Heimweg zu denken und zu überlegen, welche Schleichpfade sie benutzen könnte, um auf gar keinen Fall diesen Männern erneut zu begegnen. Sie lief die Kellertreppe hinauf, weil sie Anne einige Tischtücher bringen mußte, doch als sie die Eingangshalle betrat, blieb sie ruckartig stehen. Zum ersten Mal, seit sie in Fernhill war, sah sie Lord Robert Cavendor.

    Er stand mitten in der Halle, ein großer breitschultriger Mann, gekleidet in einen Mantel aus schwarzem Samt, der an den Ärmeln mit goldenen Perlen und roten Rubinen bestickt war. Er hatte ein breites Gesicht mit einer flachen Nase und einer niedrigen Stirn, seine Augen standen eng zusammen, und der Mund verschwand zwischen einem gewaltigen schwarzen Bart. Auf dem Kopf trug er ein Barett, ebenfalls aus schwarzem Samt und übersät mit goldenen Perlen. Eine prachtvolle, rotgefärbte Straußenfeder war daran befestigt und wippte bei jedem Schritt auf und ab.
    Mary empfand sofort die Ausstrahlung von Machtbewußtsein und Gewalttätigkeit, die dieser Mann verströmte. Sie starrte ihn wie gebannt an, aber sein Blick glitt nur kurz und gleichgültig über sie hinweg, ehe er sich wieder an Anne Brisbane wandte, die ihn zur Tür begleitete.
    »Sag Lady Cathleen, daß ich morgen wiederkomme«, befahl er. Seine Stimme klang verärgert. »Und ich erwarte, daß sie mich höflich empfängt. Richte ihr das aus.«
    Er verließ das Haus und schlug krachend die Pforte hinter sich zu. Anne, die sich allein glaubte, murmelte: »Verdammter Bastard!« und sah einen Moment lang so aus, als wolle sie einen der steinernen Krüge, die überall herumstanden, ergreifen und zu Boden schmettern. Dann entdeckte sie Mary und fragte mit unbewegtem Gesicht: » Wie lange stehst du denn schon da?« und ohne eine Antwort abzuwarten setzte sie hinzu: »Ich muß nach Lady Cathleen sehen. Sie ist sehr...«
    Über ihnen auf der Empore tauchte Cathleen gerade auf, und sie neigte sich mit einer Heftigkeit über das Geländer, daß Anne und Mary gleichzeitig aufschrien, weil sie glaubten, Cathleen werde hinabstürzen.
    »Ist er weg?« schrie sie. »Anne, ist er weg? O Gott, ich kann ihn einfach nicht ertragen! Komm sofort her und befreie mich von dieser Katze!« Ihre Stimme überschlug sich fast. Mary und Anne warfen einander besorgte Blicke zu.
    »Er hat ihr eine Katze geschenkt«, erklärte Anne und eilte die Treppe hinauf, »aber sie lehnt es ab, irgend etwas anzunehmen.«
    Mary folgte ihr. Oben kauerte Cathleen in ihrem Zimmer auf
dem Bett, zitternd vor Wut und völlig außer sich. Auf dem Teppich saß eine kleine graue Katze und leckte sich eifrig die Pfoten.
    »Nimm sie weg! « rief Cathleen. » Ich kann sie nicht sehen! Mary, du kannst sie haben, ich schenke sie dir!«
    »Möchtest du?« fragte Anne. Mary nickte. Sie hob die Katze vorsichtig auf und preßte ihr Gesicht in das weiche Fell. Natürlich liefen viele Katzen in Shadow’s Eyes herum, auch im Armenhaus, denn ohne sie wäre man der vielen Mäuse und Ratten nicht Herr geworden, aber diese Katze war etwas ganz anderes. Sie war schön und gepflegt, und sie war ein Geschenk von Cathleen.
    »Darf ich sie wirklich behalten?« fragte Mary. »Ich hätte sie so gern!«
    »Jaja, nimm sie. Das arme Tier kann ja nichts dafür, aber ich könnte sie nicht um mich haben.« Cathleen hatte sich ein wenig beruhigt, aber sie sah Anne aus trostlosen Augen an.
    »Nicht einmal du weißt, wie sehr ich diesen Mann hasse«, sagte sie. Mary verließ leise das Zimmer. Die Katze eng an sich gedrückt lief sie in den Keller und von dort in den Park.
    »Ich werde dich Cathleen nennen«, flüsterte sie, »und du gehörst ganz allein mir. Wir werden immer zusammenbleiben!«
    Die Katze schnurrte. Sie hatte wunderschöne goldbraune Augen und zarte, flaumige Haare auf den Spitzen ihrer Ohren. Ganz zweifellos hatte Lord Cavendor das hübscheste Tier ausgesucht, das er nur finden konnte. Mary konnte sich nicht erinnern, daß Ambrose jemals Lettice irgend etwas geschenkt hätte.
    Daheim traf sie als erstes Nan, die wie ein dunkler Schatten vor dem Haus saß, ihre Zauberkugel sanft hin und her schwenkte und lautlos etwas murmelte.
    »Nan, sieh nur, was ich habe!« rief Mary. »Lady Cathleen hat mir eine Katze geschenkt!« Sie blieb atemlos vor der Alten stehen und hielt ihr das Tier entgegen. Nan ließ die Kugel sinken und hob ihr altes, häßliches Gesicht zu Mary auf. Ihre winzigen gelben

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