Die Stimme des Daemons
Sicherheitsmann sein Halfter los und streckte den Arm aus, um ihn an der Schulter zurückzuhalten. Doch Sam war vorbereitet. Ohne stehen zu bleiben, packte er den Mann am Handgelenk und drehte es, so fest er konnte. Der Wächter schrie überrascht auf, als er herumgewirbelt wurde; im nächsten Augenblick riss es ihm die Beine weg, und er landete auf dem Boden.
»Unten bleiben«, zischte Sam.
Der Sicherheitsmann ignorierte die Warnung und griff erneut nach dem Halfter. Sam zögerte nicht. Er drehte sich auf einem Fuß herum und trat den Mann mit solcher Wucht ins Gesicht, dass sich einige Zähne lockerten. Der Mann gab seinen Widerstand auf.
»Los, Zack.« Sam schob die schockierten Zuschauer zur Seite und eilte zur Treppe.
Unten im Foyer war der Boden mit kleinen Glasscherben übersät, die über den grünen Binärzahlen rot aufschimmerten.
91
Nachdem sie kurz beim Motel Halt gemacht hatten, damit Sam seine Uniform holen konnte, fuhr der Mercedes in nordöstlicher Richtung zum Alameda Ridge.
Alameda war ein Viertel, das sich um die letzte Jahrhundertwende entwickelt hatte, mit breiten Straßen und großen Bäumen, mit wunderschönen Aussichten auf den Willamette River und auf die Skyline der Innenstadt und mit schicken Restaurants und teuren Cafés.
Sam lehnte sich in seinem Sitz zurück, während er seine Jeans auszog und in seine arg zerknitterte Uniformhose schlüpfte.
»Was meinst du?«, fragte er, während er das Hemd in die Hose steckte und die Krawatte glattstrich. »Sehe ich wie ein Cop aus?«
»Ein gammliger Cop vielleicht«, antwortete Zack gereizt. »Was ist diese ganze gelbe Scheiße da auf deinem Hemd?«
»Farbe«, sagte Sam. »Wir hatten da einen kleinen
Vorfall im Einkaufszentrum, bevor … das alles begann.«
»Wenigstens ist es nicht rot«, versetzte Zack.
»Hör mal, ich weiß, dass dir das nicht gefällt«, erwiderte Sam, »aber wir müssen unbedingt mit ihr reden. Sie hat vielleicht eine Ahnung, wer hinter alldem stecken könnte. Alan hat wahrscheinlich etwas Ähnliches durchgemacht wie wir.«
»Oder er hat nur eine einzige Aufgabe bekommen«, entgegnete Zack, ohne den Blick von der Straße zu wenden. »Und wir haben zugesehen, wie er sie erledigt hat.«
»Hast du nicht gesagt, dieser Kerl will mehr als unser Leben? Er will uns vorher vernichten?«
»Das gilt für uns«, entgegnete Zack mit zusammengekniffenen Lippen. »Vielleicht hat er beschlossen, es für Alan ein bisschen leichter zu machen.«
»Warum?«, fragte Sam.
»Verdammt, wenn ich das wüsste.«
Als die Straße nach Alameda Ridge anstieg, wurden die Häuser immer größer und prächtiger. Als Zack in die Klickitat Street einbog, sah Sam die riesige Barnes Villa an seinem Fenster vorbeihuschen.
Etwas weiter vorne stellten sie den Wagen vor einem hübschen, grün-weiß gestrichenen, viktorianischen Haus ab.
»Das ist es.«
Sam sah ihn an. »Kommst du mit?«
Zack schüttelte den Kopf. »Ich bin es leid, schlechte Nachrichten zu überbringen.«
»Vielleicht hilft es ein wenig, wenn man es von einem Freund erfährt.«
Zack schüttelte erneut den Kopf. »Bei solchen Nachrichten hilft gar nichts.«
Sam klopfte an die Haustür und versuchte die gelben Flecken auf seinem Hemd zu verdecken, indem er die Arme vor der Brust verschränkte.
»Wer ist da?«, fragte eine metallische Stimme zu seiner Linken.
Sam sah, dass an der Hausmauer eine kleine Gegensprechanlage angebracht war. Jemand hatte versucht, dem Ding einen viktorianischen Anstrich zu verleihen, indem er es mit einem Holzrahmen versah.
»Hier ist Officer White, Mrs. Robertson. Wir haben am Telefon miteinander gesprochen. Ich war im Büro Ihres Mannes.«
»Sie haben einfach aufgelegt.«
»Das stimmt, Mrs. Robertson, aber ich wollte so schnell wie möglich bei Ihnen sein.«
»Ich sehe keinen Polizeiwagen draußen.«
»Nein, ich bin mit einem Zivilstreifenwagen unterwegs. Ich wollte nicht, dass es Ihre Nachbarn mitbekommen. Ich weiß ja, wie viel getratscht wird.«
Er hörte ein leises Klicken.
»Kommen Sie herein.«
Sam öffnete die Tür und trat in den Eingangsbereich. Geradeaus gelangte man über einen kurzen Flur zur Küche und weiter auf eine große Terrasse hinaus, von wo man auf die Skyline der Stadt hinunterblickte. Wenn es nicht gerade regnete, so wie heute, hatte man von hier bestimmt eine atemberaubende Aussicht, dachte Sam.
Zu seiner Rechten erblickte er eine kleine Bibliothek hinter einer eleganten Glastür. Alans Witwe erwartete ihn in
Weitere Kostenlose Bücher