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Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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der Feuchtigkeit mit grünem Schleim bedeckt. Auf dem Erdboden lag uraltes Stroh, das nach menschlichen Exkrementen stank. Dann erblickte sie Dienwald de Fortenberry und hielt den Atem an. Man hatte ihm die Arme hochgerissen, die Handgelenke steckten in angeketteten Eisenmanschetten an der Wand.
    »Dienwald«, sagte sie leise.
    Lange Zeit sah er sie an, ohne sie zu erkennen. Dann verzog ein mühsames Lächeln sein Gesicht zu einer qualvollen Grimasse.
    »Kleines Hühnchen«, flüsterte er. »Warum habt Ihr mir eine Botschaft geschickt und mich darin um Hilfe gebeten?«

24
    Kassia starrte ihn an. »Ich weiß von keiner Botschaft«, sagte sie dann.
    Wieder überfielen ihn die Schmerzen, und es dauerte geraume Zeit, bis er sprechen konnte. »Nein, das hätte ich Euch auch nicht zugetraut. Ich war ein Dummkopf, und jetzt muß ich dafür zahlen.«
    »Nein!« Sie eilte zu ihm und befreite ihn rasch aus den verrosteten Handschellen. Er richtete sich mühsam auf. Dann ließ er sich aufs Stroh fallen.
    »Es war Sir Walter«, sagte sie. »Er haßt Euch. Ich weiß nicht, warum. Aber wenn Mylord zurückkehrt, wird alles wieder gut, das verspreche ich Euch, Edmund ... Dienwald. Ihr werdet ihm doch sagen, daß Blanche Euch gekauft hat, nicht wahr?«
    »Ihr hattet es wohl sehr schwer, Euren Gatten davon zu überzeugen?«
    »Es gibt hier nur sehr wenige Menschen, die von meiner Unschuld überzeugt sind. Aber jetzt werden sie von Euch die Wahrheit erfahren, Dienwald.«
    »Ach, kleines Hühnchen. Ihr seid so unschuldig und vertrauensvoll. Sir Walter ist ein gemeiner Mensch. Ich begreife jetzt allmählich, warum er mich nicht einfach umgebracht hat, wie er es mit meinen Männer tat.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich will es Euch erklären. Es ist klar, daß Sir Walter Land haben will. Welcher landlose Ritter will das nicht? Und es stimmt, daß mein Vater seinen tötete und ihm sein Erbrecht raubte, aber soweit ich mich erinnern kann, war seine Tat gerechtfertigt. Wenn nun Sir Walter mich umgebracht hätte, hätte er letztlich mit leeren Händen dagestanden und könnte noch froh sein, wenn es ihm gelungen wäre, den eigenen Hals zu retten. Dagegen ist Euer Gatte, kleines Hühnchen, ein sehr mächtiger Mann mit sehr mächtigen Freunden. Er könnte mich ohne Angst vor Vergeltung töten, und dann würde Sir Walter aus seiner Schurkerei Vorteile ziehen.«
    Kassia schüttelte heftig den Kopf und sagte: »Graelam würde Euch nicht töten.«
    Dienwald warf ihr einen zärtlichen, mitleidsvollen Blick zu. Langsam zog er sie näher, und ehe Kassia ahnte, was er plante, hatte er eine der schweren Handschellen um ihr Gelenk geschlossen.
    »Kleines Hühnchen«, sagte er zerknirscht, »ich flehe Euch an, mir zu verzeihen, aber ich will noch nicht sterben. Wenn ich hierbleibe, wird Euer Gatte mich ohne Bedenken töten.«
    »Aber er hat doch keine Veranlassung dazu. Bitte, Dienwald, Ihr dürft mich hier nicht zurücklassen!«
    »Hört mich an, Kassia, denn ich muß fliehen, und zwar sehr bald. Euer Gatte glaubt, Ihr hättet mich gekauft, damit ich Euch zur Flucht verhelfe. Selbst wenn ich ihm sagte, daß es Blanche war, würde er mich töten, denn ich habe diese fremdländische Halskette als Bezahlung dafür entgegengenommen, daß ich Wolffeton von Eurer Gegenwart befreite. Wenn man Euch hier in meiner Verlieszelle findet, wird man Euch vorwerfen, daß Ihr mich befreit hättet, das ist klar. Es tut mir auch leid. Aber Euer Gatte wird Euch deswegen nicht töten. Gäbe es einen anderen Ausweg, würde ich Euch bestimmt hier nicht zurücklassen, kleines Hühnchen. Bitte, verzeiht mir, Kassia!«
    Sie blickte auf die schwere Handschelle um ihr Gelenk. »Ich verzeihe Euch«, sagte sie. »Aber Ihr verurteilt mich damit zur Hölle auf Erden.«
    Er faßte sie unters Kinn und gab ihr einen leichten Kuß. »Ich kann Euch auch mitnehmen, kleines Hühnchen.« Er sah den schmerzlichen Ausdruck in ihren Augen und ließ von ihr ab. »Ja, wenn es so steht! Graelam de Moreton ist ein harter und erbarmungsloser Krieger. Es ist unmöglich, daß er für ein so zartes und aufrichtiges Wesen, wie Ihr es seid, Verständnis aufbringt. Bitte, kleines Hühnchen, fangt erst an zu schreien, wenn ich eine Weile fort bin!«
    »Es hätte sowieso keinen Zweck zu schreien«, sagte sie tonlos. »Meine alte Zofe hat dem einzigen Wachtposten einen Schlaftrunk verabreicht. Offenbar hielt Sir Walter weitere Wachen für unnötig.«
    »Ich lasse Euch die Kerze hier«, sagte er. »Lebt

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