Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stimmen des Flusses

Die Stimmen des Flusses

Titel: Die Stimmen des Flusses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
Vom Netzwerk:
das Tier hört auf den Namen Aquil·les und treibt sich seit einigen Tagen in Torena de Pallars herum. Es hat sich gleichin der Schule eingenistet, als sei ihm dieses Gebäude von früher her vertraut, und gehört, neben anderen Kleinigkeiten, zu den Dingen, die den bereits erwähnten Kameraden Fontelles verdächtig machen.
    Auch wenn es nicht zu meinem eigentlichen Aufgabenbereich gehört, möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen, daß ich bei einem Essen mit verschiedenen Offizieren der glorreichen Zweiundsechzigsten Division Hauptmann Alonso Fez sich kritisch über die Militärführung äußern gehört habe; äußern hören habe; gehört habe, wie sich Hauptmann Alonso Fez kritisch über die Militärführung geäußert hat, ohne daß ihm einer der Anwesenden widersprochen hätte.
    Der Wagen hielt nicht vor Casa Gravat, sondern vor dem Rathaus. Elisenda stürmte die zwei Stufen zum Eingang empor und baute sich in Valentís Büro auf, der gerade schrieb weil sie der Ansicht sind, daß mit der restlichen Guerrilla ein für allemal aufgeräumt werden könnte, wenn die Armee nur entschlossener durchgreifen würde. Sowohl der erwähnte Hauptmann Fez wie auch andere anwesende Offiziere vertraten die Ansicht, daß die Heeresführung zu lasch mit den Aufständischen umgeht. Obacht.
    »Jetzt hör mir mal gut zu.«
    Elisenda ließ sich vor dem Tisch nieder, legte ihren Mantel und ihre Tasche auf den Boden, stemmte die Ellbogen auf die Tischplatte und wartete, bis Valentí seine geheimen Papiere in einer Ledermappe verstaut hatte. Zufrieden stellte sie fest, daß er erstarrt wirkte, wie ein Ochse vor der Schlachtbank. Als der Ochse sie schließlich mit feuchten, traurigen Augen anblickte, sagte sie, ohne die Stimme zu heben: »Hast du denn immer noch nicht gelernt, daß es Dinge gibt, die du nicht einmal deinem besten Freund gegenüber erwähnen darfst, so du denn einen hast?« Als er beharrlich schwieg, verlor Elisenda die Geduld: »Also?«
    »Warum sagst du das?«
    »Woher weiß Oriol Fontelles, daß ich einen Teil von Tuca gekauft habe?«
    »Woher weißt du, daß Oriol Fontelles weiß, daß du…?«
    »Antworte gefälligst.«
    »Ich …« Valentí Targa räumte auf seinem Schreibtisch Papiere hin und her, während er nach einer Ausrede suchte; er öffnete die Mappe, zog die vertraulichen Unterlagen heraus, schob sie wieder hinein und hatte immer noch keine Antwort parat.
    »Nun gut. Da du nicht weißt, wie man ein Geheimnis hütet, werde ich mich wohl nach einem anderen Bürgermeister umsehen müssen.«
    »Das kannst du nicht. Die Armee würde das nicht zulassen.«
    »Du würdest dich wundern, wenn du wüßtest, was die Armee mich alles machen läßt.«
    »Meine Arbeit ist noch nicht erledigt. Josep Mauri ist noch am Leben.«
    »Wenn du ihn dir nicht holst …«
    »Die Schmuggler sind sehr vorsichtig. Aber ich bin ihm auf den Fersen. Ich schwöre es beim Heiligsten unserer Abmachung.«
    »Das einzige, was du kannst, ist Leute umbringen.«
    Wutentbrannt sprang Valentí auf und sah Elisenda an.
    »Du wolltest mich doch für diese Arbeit, oder etwa nicht?«
    »Genau, aber nicht dafür, daß du alles ausposaunst. Du redest dich noch um Kopf und Kragen.«
    Da Valentí nun einmal stand, ging er ein paar Schritte auf und ab, um das Unbehagen abzuschütteln, das ihm die Frau bereitete, die da vor ihm saß, die alle seine verdammten Geheimnisse kannte, der er seinen verdammten unglaublichen Reichtum zu verdanken hatte, mein verdammtes Glück und meine Scheißangst.
    »Woher weiß Fontelles …«
    »Er ist zu mir gekommen und hat sich darüber beschwert, daß ich Manel Carmaniu Unrecht tue.«
    »Hast du ihm erklärt, was eine Enteignung ist?«
    »Ich muß ihm gar nichts erklären. Du bist derjenige, der nicht über diese Dinge reden sollte.« Jetzt wurde ihreStimme ein wenig lauter: »Weil sie nämlich niemanden etwas angehen.«
    »Du übertreibst. Ich kenne jede Menge Dörfer, wo es … ich meine, wo das Vermögen neu verteilt wird: Jetzt sind wir dran, dies ist unsere Zeit.«
    »Es ist deine Zeit. Aber denk dran und vergiß nie, daß zu jeder Zeit meine Zeit und die Zeit meiner Familie war. Immer. Jetzt, früher und auch in hundert Jahren noch. Beschränk du dich darauf, jetzt für Ordnung zu sorgen, denn dafür bezahle ich dich. Ich habe dir schon hundertmal gesagt, daß du das Denken gefälligst mir überlassen sollst.«
    »Als ob ich ein Idiot wäre.«
    »Morgen gehe ich zu General Yuste und erzähle ihm von dir.«
    »Willst

Weitere Kostenlose Bücher