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Die strahlenden Hände

Die strahlenden Hände

Titel: Die strahlenden Hände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Masche! Damit kann man Geld scheffeln.«
    »Ich nehme kein Geld.«
    »Wirklich nicht?«
    »Nein.«
    »Verzeihung – aber das ist nun besonders blöd! Warum tun Sie's dann?«
    »Um zu helfen.«
    »Also für Gottes Lohn?«
    »Nennen wir es so.« Sie legte die Hände gegeneinander, konzentrierte sich und spürte die Spannung, die in ihr wuchs, die sich aufbäumte. »Legen Sie sich hin!«
    »Was soll das? Wenn Sie anfangen zu streicheln, muß ich lachen. Sie brauchen doch vor mir dieses Theater nicht zu spielen.«
    »Leg dich hin!« sagte sie mit einem so harten Befehlston, daß Marius, wie vor die Brust gestoßen, nach hinten aufs Bett kippte und ausgestreckt auf dem Rücken liegen blieb. »Lieg still und halt endlich den Mund!«
    »Ich bin ja ganz still, verdammt noch mal«, murmelte er zwischen den Zähnen.
    Es war wie so oft: Ihre Hände glitten in der Luft über ihn, über seine Magengegend, eine wohlige Wärme überspülte ihn, er mußte die Augen schließen, so müde wurde er plötzlich … Corinnas Gesicht dagegen versteinerte, tiefe Falten erschienen an den Mundwinkeln, die Augen sanken förmlich in die Höhlen zurück.
    Da ist es, dachte sie und war unsagbar glücklich. Da ist der Gegner, die Krankheit, der Feind. Es ist, als ob meine Fingerspitzen zerstochen und in die Handflächen scharfe Nägel getrieben würden. Der Kampf hat begonnen … ich muß die Stärkere sein …
    Nach zwei Minuten trat sie in völliger Erschöpfung zurück, sank auf den Stuhl und griff zur Zigarette. Ich vernichte ihn, war das einzige, was sie jetzt dachte. Ich lasse ihn ausglühen. Ich verbrenne ihn. Du verdammter Krebs, ich lasse dir keine Chance mehr!
    Sie rauchte gierig wie immer mit weit zurückgeworfenem Kopf und zusammengepreßten Augen. Marius Herbert, aus der Wärme und Müdigkeit in die Wirklichkeit zurückgekehrt, hob den Kopf und starrte sie an.
    »War das alles?« fragte er. Und da sie keine Antwort gab, sagte er noch: »Und mit so was verdrehen Sie den Leuten den Kopf? Zum Schreien, an was die alles glauben …«
    »Schlaf jetzt!« Ihre Stimme war müde und klanglos. »Morgen bekommst du den Wagen und besorgst in Münster das Zelt. Am Abend behandle ich dich wieder.«
    »Das wollen wir erst noch abwarten.« Er grinste, legte den Arm um Mollys zusammengerollten, struppigen Hundekörper, und erst jetzt fiel ihm auf, daß Molly lautlos das Streicheln hingenommen hatte. Sie hatte weder geknurrt noch sonst einen Laut von sich gegeben. Sie lag ganz ruhig und blinzelte. »Moment mal!« sagte Marius Herbert erstaunt. »Was ist da eben passiert …?«
    »Schlaf!« Corinna ging zur Tür, drehte sich nicht mehr nach ihm um, verließ das Zimmer und warf die Tür hinter sich zu. Ihr Schritt verklang, als sie die Treppe hinunterging.
    »Das ist ein merkwürdiges Mädchen, was, Molly?« sagte Marius Herbert und drückte den Hund noch enger an sich. »Aber ein so schönes Mädchen. Viel zu schön für uns. Unerreichbar. Wir werden ihr Handlanger sein, und das ist schon viel, eine große Ehre, Molly. Du wirst dein Essen haben, ich werde mein Essen haben, wir werden in einem Zelt schlafen, ich werde malen können, und wenn wir ganz großes Glück haben, gibt es sogar Käufer für die Bilder. Vielleicht kann man da einiges kombinieren. Paß mal auf, Molly, ich habe da eine Idee: Das Fräulein Corinna heilt Kranke, und ich verkaufe an die Kranken meine Bilder. Jeder wird denken, das gehört zusammen, und jeder wird ein Bild kaufen – na, ist das eine Idee, Molly? Komm, laß uns schlafen … und laß uns träumen, daß unser Zigeunerleben bald zu Ende ist. Gute Nacht, Molly, und schnarch nicht wieder so unverschämt … du Hund!«
    Am nächsten Morgen übergab Stefan Doerinck Schlüssel und Autopapiere an den Langhaarigen und sagte: »Im Auftrage meiner Tochter!« Es klang wie: Brich dir den Hals! Dann fuhr Doerinck zu seiner Schule und betrat, wie immer seit siebenundzwanzig Jahren, seine Klasse.
    Ein Drittel der Schüler fehlte. Die Lücken in den Bankreihen wirkten wie eine stumme Drohung. Doerinck kniff die Lippen zusammen, trug die Fehlenden in das Klassenbuch ein und begann mit dem Unterricht. Laut Plan war es eine Stunde Heimatkunde.
    »Wer hat schon mal ein Feuer gesehen?« fragte er. »So einen richtigen Brand?«
    Alle Hände flogen hoch. Wenn es in Hellenbrand Feueralarm gab, waren sie alle zur Stelle. Meist waren es kleine Brände im Kamin. Nur einmal hatte der Dachstuhl bei Schlosser Bachfeld gebrannt. Ja, und gestern die

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