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Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sidi Brahim, bevorzugten. Ein Palast in der Wüste. Denn hinter der Mauer des Hotels, dort, wo der Garten aufhörte, gleich hinter dem Schwimmbecken, beginnt die Wüste. Ein kleiner Palmengürtel trennt sie von der Oase – plötzlich ist sie da, die Sahara, man kommt aus einem Garten in eine heiße, feindliche Öde. Mitten hinein in den Sand hat man dieses Märchen aus weißen Steinen und Blumen gebaut, mit seinem Reichtum an Wasser. Es fließt aus jeder Leitung dieses Hotels, in allen Zimmern – kaltes, frisches, reines Wasser! Es schillert grün in dem weiten Schwimmbassin und dunkelblau in der Nacht, wenn die Scheinwerfer die Wasserfläche anstrahlen und die Gäste des Hotels sich wippend von den Sprungbrettern abschnellen.
    Hier wohnte auch Dr. Handrick. Er hatte ein Zimmer zum Garten hinaus bekommen, mit einem Balkon über der herrlichen Terrasse. Von ihm aus konnte er die Oase überblicken, die Kuppeln und Minaretts der sieben großen Moscheen, die Palmenwälder, die flachen Hausdächer der Araberhäuser, die Wüste, an den Himmel stoßend, als sauge sie ihn auf, die Ausläufer des Atlasgebirges mit ihren runden Kuppen und dem Terrassengestein.
    Dr. Handrick hatte gleich am Tage seiner Ankunft ein langes und eindringliches Gespräch mit dem französischen Distriktskommissar, Monsieur Parthou. Er war ein kleiner, drahtiger Mann, muskulös, Mitte der Fünfzig, mit einem Adlerprofil und der Sicherheit eines Mannes, dem Afrika an Schrecken und Überraschungen nichts mehr zu bieten hat.
    Er empfing Dr. Handrick in einer weißen Leinenjacke, Leinenshorts und einer Schirmmütze. In der Hand hielt er die unvermeidliche dünne Bambusgerte. Er gab Dr. Handrick die Hand und zog ihn in sein Zimmer, einen großen Raum, an dessen Decke sich surrend und pfeifend ein riesiger Flügelventilator drehte.
    »Sie sind mir schon avisiert worden«, sagte er und bot aus einem Siphon eiskalte Orangeade an. Dr. Handrick nahm dankend das kalte Glas und trank es in einem Zug halb leer. »Das tut gut«, sagte er. »Es ist eine wahnsinnige Hitze.«
    »Dreiundfünfzig Grad im Schatten!« Parthou nickte. »Sie haben sich für Ihre sinnlose Reise die beste Zeit ausgesucht. Im Sommer bleibt selbst der abgebrühteste Nomade zu Hause, wenn er nicht gerade seiner Herde wegen weiter muß!« Er setzte sich und legte die Gerte auf den staubigen Tisch. »Damit sind wir gleich beim Thema, Doktor: Ihre Reise ist sinnlos.«
    »Das sagte mir auch Dr. Bernard in Algier.«
    »Ein sehr kluger Mann.« Parthou trank wieder einen Schluck und wischte den ausbrechenden Schweiß auf der Stirn mit seinem Handrücken ab, den er dann an seinen Shorts abtrocknete. »Er hätte Sie gar nicht losziehen lassen dürfen. Was wollen Sie eigentlich in der Wüste? Kranke untersuchen? Das ist doch großer Quatsch.«
    Dr. Handrick lächelte. Er war auf den Widerstand der Behörden vorbereitet, Dr. Bernard hatte ihn gewarnt und ihm mit auf den Weg gegeben, daß seine Handlungen jenseits des Atlas völlig frei sein würden und außerhalb des Schutzes der französischen Kolonialregierung. »Ihre Ansicht in allen Ehren«, erwiderte er. »Aber glauben Sie nicht auch, Monsieur Parthou, daß es eine große Portion Feigheit wäre, wegen des Widerstandes der Araber Nordafrika zu einem Seuchenherd werden zu lassen? Man muß die Menschen von der guten Seite unserer Aktionen überzeugen.«
    »Überzeugen!« schrie Parthou entgeistert. »Sie überzeugen einen Sack Flöhe eher von dem Wert moderner Agrikultur als eine Horde Tuaregs von dem Sinn einer Schutzimpfung. Und außerdem: Sie sind in ihren Augen ein ›Ungläubiger‹. Das ist der Hauptgrund. Die Religion des Islams ist die intoleranteste von allen Religionen! Aber bitte«, er zuckte mit den Schultern, »versuchen Sie es! Von mir aus. Lassen Sie sich von fanatischen Derwischen zusammenstechen! Und glauben Sie nicht, daß der Moslem keine Intelligenz besitze. Sie haben europäisch ausgebildete Ärzte, und auch die erreichen nichts! Als Moslems, Monsieur! Und da kommen Sie, der Ungläubige … Zum Brüllen!« Er lachte laut, aber der Ton war gequält.
    »Man wird sie zwingen müssen.« Dr. Handrick breitete einen Bericht der Gesundheitsbehörde aus, den er aus seiner Aktentasche nahm. »Wie die Statistiken zeigen, haben die Krankheiten, vor allem aber die merkwürdige Ruhr, seit drei Jahren rapide zugenommen. Wenn man Statistiken anfertigt, muß man ja auch Objekte zur Feststellung haben. Mit anderen Worten: Die Personen, die als

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