Die Stunde Der Jaeger
Telefonate. Er suchte Alice, Joe, Tony und Sheriff Marks auf. Sie stellten Cormacs Verteidigung dar. Ich bot an, ihn zu begleiten, doch Ben lehnte ab. Cormacs Anwalt musste sich darum kümmern, und meine Anwesenheit würde die Sache nur verkomplizieren. Ihnen ihre Vorurteile ins Gedächtnis rufen. Vielleicht hatte er Recht. Cormac hatte mir zwar gesagt, ich solle Ben nicht aus den Augen lassen. Doch ich lieà ihn ziehen.
AuÃerdem hatte ich ein eigenes Forschungsprojekt.
In der Stadtbibliothek, zwei Blocks vom Gericht entfernt, gab es etliche Computerterminals. Ich setzte mich
an einen und fing mit meiner Suche an. Nach einer halben Stunde ging ich mit meinen Notizen zum Informationsschalter.
»Haben Sie Ausgaben der Denver Post aus diesem Zeitraum? «
Die nette Dame an dem Schalter führte mich zu einem Mikrofichegerät, und ich legte los. Nach etwa drei Stunden Recherche hatte ich die gesamte Geschichte zusammengetragen.
Vor etwa fünfzehn Jahren hatte eine Gruppe von Ranchern der Front Range gegen neue Beschränkungen und höhere Gebühren beim Weiden von Vieh auf öffentlichen Grundstücken zu protestieren begonnen. Im ganzen Westen befanden sich Millionen Acre in Regierungsbesitz, und diese Ländereien waren Ranchern zugänglich gemacht worden. Für viele Leute war Staatsbesitz gleichbedeutend mit öffentlich, und alles, was ihnen den Zutritt zu diesen Ländereien verwehrte, verletzte ihre Bürgerrechte. Manche reagierten vernünftig: Sie beeinflussten mit Hilfe einer Lobby den Kongress, reichten Beschwerden ein, gingen vor Gericht. Andere hingegen gründeten Milizen. Sie horteten Waffen und begannen, sich auf den gewaltsamen Sturz der Regierung vorzubereiten, der ihrer Meinung nach unumgänglich war.
Ein Mann namens David OâFarrell tauchte in mehreren Artikeln auf. Das war Bens Vater, der zu dem Zeitpunkt eine Ranch in der Nähe von Loveland besaÃ. Man verhaftete ihn mehrmals wegen illegalen Waffenbesitzes, und er stand an der Spitze derjenigen, die man im Verdacht hatte, die Mountain Patriot Brigade anzuführen; ein Netzwerk
von paramilitärischen Gruppierungen, die sich im Hinterland versammelten und trainierten. Ihr letztendliches Ziel bestand darin, mit Gewalt ihr Anrecht auf die Nutzung öffentlichen Landes zu verteidigen. In den frühen Neunzigern gerieten sie ständig mit den örtlichen Polizeibehörden aneinander â auÃer in den Fällen, in denen die örtliche Polizei zufälligerweise selbst zur Brigade gehörte.
Vor acht Jahren, nach langwieriger Ãberwachung durch das FBI und einem sorgfältig geführten Prozess, war Bens Vater wegen verschiedener Zuwiderhandlungen gegen das Waffenrecht und Anklagen wegen der Verabredung zur Verübung einer Straftat verurteilt worden. Er saà immer noch im Gefängnis.
Der Name Cormac Bennett tauchte in keinem der Artikel, die ich fand, im Zusammenhang mit der Mountain Patriot Brigade auf. Man hatte ihn nie verhaftet oder als Mitglied der Gruppe eines Vergehens verdächtigt. Espinozas Informationen bezüglich Cormac stammten aus FBI- und Polizeiberichten über die Gruppierung. Der junge Cormac war nicht so viel Aufmerksamkeit wert wie die Anführer der Gruppe. Man hatte ihn nicht als Bedrohung eingestuft. Doch die Verbindung war da, zumal er David OâFarrells Neffe war.
Ich stieà auf einen anderen Zeitungsartikel, zwei Jahre vor der ganzen Sache mit der Mountain Patriot Brigade, in dem Cormac vorkam. Dort wurde vom merkwürdigen Tod von Douglas Bennett berichtet. Der Coroner legte dar, der Achtundvierzigjährige sei von einem Tier zerfleischt worden, möglicherweise einem Bären oder einem sehr groÃen Hund. Die Polizei hingegen behauptete, er sei von einem
Geistesgestörten angegriffen und ermordet worden. Douglasâ sechzehnjähriger Sohn, Cormac, war Zeuge des Ãberfalls gewesen, und hatte den Angreifer erschossen. Die Polizei hatte die allzu menschliche Leiche mit Cormacs Gewehrkugel im Kopf und Douglasâ Fleisch zwischen den Zähnen. Die ErschieÃung wurde als Fall von Notwehr betrachtet. Cormac wurde nicht angeklagt, und er lebte fortan bei der Familie seiner Tante, den OâFarrells. Seine Mutter war bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als er fünf war.
Es war ein Déjà -vu-Erlebnis, diese Unstimmigkeit zwischen den Zeugenaussagen und dem Bericht des Coroners. Und Cormac hatte sich schon einmal in
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