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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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dieser Lage befunden. Cormac hatte seinen ersten Werwolf getötet, als er sechzehn Jahre alt war. Ich wusste nicht einmal, was ich davon halten sollte. Einmal hatte ich Cormac gefragt, wie er zum Werwolf- und Vampirjäger geworden war, wo er die Tricks gelernt hatte. Er hatte gesagt, es sei vererbt. Das erklärte vielleicht auch, warum Douglas überhaupt erst in die Lage geraten war, zu Tode zerfleischt zu werden, und weshalb Cormac dort gewesen und es mit angesehen hatte: Douglas hatte ihn ausgebildet.
    Was wohl seine Mutter davon gehalten hätte, wenn sie noch am Leben gewesen wäre?
    Ich druckte diesen Artikel und ein Dutzend weitere aus. Mittlerweile war es Zeit fürs Abendessen. Ich rief im Hotelzimmer an, doch niemand ging an den Apparat. Das bedeutete, dass Ben entweder eifrig den Anwalt spielte – was ich hoffte –, oder dass er Trübsal blies. Ich ging das Risiko ein und kaufte Pizza und Bier zum Abendessen.

    Als ich das Zimmer betrat, war Ben da. Wie es schien, tat er ein bisschen von beidem: Mein Laptop war angeschaltet, in die Telefonbuchse eingesteckt, und Papiere lagen auf dem Tisch und dem halben Bett verstreut. Doch er saß in dem Sessel und starrte an die Wand. Es sah nicht einmal aus, als dächte er angestrengt nach. Er war wieder in diesem Dämmerzustand.
    Er zuckte zusammen, als die Tür aufging, umklammerte die Armlehnen seines Sessels, den Mund leicht geöffnet, als werde er gleich losknurren. Doch er beruhigte sich beinahe sofort wieder, sackte in sich zusammen und sah weg. Angespannt, aber nicht allzu sehr.
    Â»Hungrig?«, fragte ich und versuchte mich ungezwungen zu geben.
    Â»Nicht wirklich.«
    Â»Wann hast du zum letzten Mal gegessen?« Er schüttelte nur den Kopf. »Du solltest etwas essen.«
    Â»Sicher, Mom.« Er warf mir einen raschen Blick zu – halb vorwurfsvoll, halb entschuldigend. Ich musste ihn wütend angestarrt haben. Dieses Etikett gefiel mir nicht. Ich wollte mich nicht so benehmen müssen.
    Er räumte eine Stelle auf dem Tisch frei, und ich stellte die Pizza ab.
    Ich zog meinen Papierstapel aus der Tasche und legte ihn zwischen uns. Der Artikel über Cormacs Vater lag obenauf. Ein grobkörniges Schwarzweißfoto des Mannes prangte mitten auf der Seite. Er war mager und verwittert gewesen, mit kurz geschorenem lichtem Haar. Auf dem Bild, einem ungestellten Schnappschuss, lächelte er etwas von links der Kamera zu und trug eine Sonnenbrille.

    Ben starrte das Bild einen Moment lang mit ausdruckslosem Gesicht an. Ich glaubte, ihn mittlerweile ziemlich gut zu kennen, doch diese Miene konnte ich nicht deuten. Er war beinahe ungläubig. Dann verzog er die Lippen zu einem Lächeln.
    Nach einer Weile sagte er: »Das Bild hatte ich ganz vergessen. Es ist ein gutes Foto von ihm. Onkel Doug.« Er schüttelte den Kopf, dann sah er mich an. »Du bist fleißig gewesen.«
    Â»Ja. Es ist komisch, wie voll die Zeitungen von eurer Familiengeschichte sind.«
    Er begann die Papiere durchzublättern. »Wirklich fleißig.«
    Â»Vergiss das nicht, wenn du das nächste Mal glaubst, etwas vor mir geheim halten zu können.«
    Â»Wieso die ganze Mühe?«
    Â»Ich wollte sichergehen, dass du und Cormac keine Bösewichter seid. Aber ich muss schon sagen, ihr habt eine ganz schön gruselige Vergangenheit. Wenn du behauptest, dieses Zeug sei nicht von Bedeutung, möchte ich dir wirklich vertrauen können.«
    Â»Ich bin mir nicht sicher, dass das so eine tolle Idee ist. Allein wärst du vielleicht besser dran. Mach dich vom Acker, solange es noch geht.«
    Wir waren ein Rudel. Ich würde keinen Rückzieher machen. »Ich bleibe.«
    Â»Ich habe meinen Vater seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen. Wir hatten eine heftige Auseinandersetzung wegen diesem Patriot-Brigade-Müll, bei der wir uns lautstark angeschrien haben. Ich war zwanzig, der Erste in
meiner Familie, der zur Uni ging, und total von mir eingenommen. Ich war gebildet.« Er versah das Wort mit einem sarkastischen Unterton. »Ich wusste alles besser, und da war ich nun und schleuderte es meinem armen rückständigen Vater ins Gesicht. Und er war derart voll von dieser rechten hirnlosen Phrasendrescherei … dass ich ging. Cormac war damals immer noch dort und half ihm bei der Arbeit auf der Ranch. Das ist der einzige Grund, weshalb er in die Sache verwickelt wurde; wegen meines Vaters. Als ich ging, tat

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