Die Stunde der Seherin - Historischer Roman
uns gemacht – was müssen wir überhaupt hier sein?«, zischte Christina jetzt ärgerlich zurück. »Mutter, schau dich doch um! So viel Dreck überall! Und die Sache mit dem Heiratsbegehr war doch auch nur ein barbarischer Spaß, der seinen Männern die Hosen dick machen und Magga einen gehörigen Schrecken einjagen sollte …«
»Ihr habt wahrlich eine kecke Zunge, angelsächsisches Fräulein«, dröhnte es da so laut durch die Dunkelheit, dass sich selbst die Talglichter erschreckten und vor dem Luftzug in die Neige gingen. »Ein richtiger Mann sollte sie Euch einmal zähmen, dann wüsstet Ihr, wozu sie sich besser gebrauchen ließe, als närrische Reden in einer Kirche zu schwingen.« Wie die mächtige Schwinge eines Adlers rauschte die Stimme an den Wänden entlang und streifte eisig die ungeschützten Nacken der Frauen.
» A rìgh , vergebt das närrische Geplapper meiner Schwestern.« Edgar stand auf und verneigte sich tief, doch der König würdigte ihn keines Blickes.
» A rìgh! « Auch Agatha sank auf die Knie, denn der König wanderte mit langsamen Schritten um sie herum und blieb vor Christina stehen, ohne sich darum zu kümmern, ob er in einer Kirche stand, Gott den Rücken zuwandte oder gar ein Gebet störte. Und wie um seinen Ärger zu untermalen, klapperte sein Schwert in der Metallhülle leise vor sich hin. Christina fror auf ihrem Schemel fest. Sie vermochte sich nicht zu bewegen, und Worte kamen ihr auch keine in den Sinn. Außer »Ich finde Euch grässlich« – doch das wäre wohl kaum geeignet, den König zu besänftigen. Und es war untertrieben. Er war der schlimmste Mann, dem sie je begegnet war. Und er wollte immer noch ihre schöne Schwester heiraten, und ihr Bruder war damit einverstanden …
»Habt Ihr nichts zu sagen? Nicht einmal einen Funken Respekt vor einem König, indem Ihr niederkniet?«
Irgendwo tropfte Wasser in eine Pfütze. Das Geräusch zerriss die Stille, schmerzte beinahe in den Ohren. Die stummen Bitten der anderen Frauen, sie solle sich doch schleunigst hinknien, umflatterten ihren Kopf. Christina starrte beharrlich zu Boden. Sie entspannte sich ein wenig, als er urplötzlich anfing zu lachen. »Kleines Weib, Ihr könntet glatt von dänischem Blute sein! So dreist wie Ihr ist ja kein Angelsachse, den ich kenne! Und ich kenne eine Menge feinrasierter Angelsachsen! Der Sohn des Jarls von Orkney wird an Euch echten Gefallen finden …«
» A rìgh , bitte!« Margaret hatte sich umgedreht. »Dies ist kein Ort für närrisches Gerede!«
Fassungslos starrte Christina die Schwester an. Woher nahm sie den Mut, sich einzumischen, so mit ihm zu sprechen? Was war in sie gefahren? Aber sie konnte ja selber nicht knien vor diesem wilden Mann. Agatha schluchzte auf. Edgar war sprachlos. Die Amme flehte Gott auf Ungarisch um Gnade an, weil Malcolm stehen geblieben war, als ob er überlegte, was er nun tun sollte. Margaret sagte nichts mehr. Sie drehte sich einfach wieder zum Altar um. Und zum Erstaunen aller setzte der König sich in Bewegung, ging gemessenen Schrittes an den Frauen vorbei nach vorne und kniete neben Margaret nieder. Vielleicht eine Spur zu dicht und das ein wenig zu bewusst. Es hatte etwas Besitzergreifendes, obwohl er sie weder berührte noch anschaute, er kniete einfach neben ihr. Das neugierige Talglicht ließ sein Gesicht schimmern und wartete gespannt.
Er hörte ihr eine Weile zu, ohne die Hände zu falten. Er war nicht zum Beten gekommen. Dann legte sich seine tiefe Stimme mit ungewohnter Innigkeit auf die Ohren der Zuhörer.
»Margaret.« Er hielt inne. Holte tief Luft und begann von neuem. » Hlæfdige Margaret, ich bitte Euch hier in dieser Kirche und vor Gott, mein Weib zu werden.« Die Stimme verklang, die Erinnerung daran blieb. Wo zauberte der polternde Barbar eine solche Stimme her? Und wie konnte er es wagen, sie in diesem unziemlichen Rahmen und ohne rechte Zeugen um ihre Hand zu bitten? War am Ende doch sie die Maus gewesen …?
»Nein«, kam es leise, aber deutlich von Margaret. »Ich kann Euch nicht heiraten, a rìgh .« Ihre Worte tropften in die Stille. Christina empfand unsäglichen Stolz auf ihre Schwester. Neben ihr knirschte jemand vor Ärger mit den Zähnen – Edgar, und seine Finger gruben sich in ihren Arm, als müsste er sich so zurückhalten, Margaret zu packen und durchzuschütteln. Doch Malcolm war noch nicht fertig.
»Margaret, lebt mit mir. Werdet meine Königin.« Seine Stimme wurde bittend, fast flehend. »Lebt an meiner
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