Die Stunde Der Vampire
blutüberströmt. Der bloÃe Anblick sandte Schmerzwellen durch meine Schulter.
»Ist schon okay«, sagte ich durch zusammengebissene Zähne hindurch. »Morgen früh wird es mir wieder gutgehen.«
»Die rasche Wundheilung, das stimmt also?«, fragte Stockton. Der Reporter richtete die Kamera auf mich, hielt sie mit der einen Hand zwischen den Vordersitzen, während er mit der anderen lenkte, die StraÃe nur halb im Auge. »Darf ich zusehen?«
»Nein.« Wütend starrte ich ihn an, bis er das Ding weglegte. Ich nahm das Amulett ab und hielt es in Richtung des Vordersitzes. Roger griff danach und zog sich die Kette über den Kopf. »Roger, Ihre GroÃmutter hat Sie da reingeritten, nicht wahr? In den ganzen Elfenzauber, das Ãbernatürliche. Ihre Arbeit für Uncharted World .«
Er lächelte ironisch. »Manche Leute glauben, ich würde da arbeiten, weil ich ein mieser Reporter bin. Ich könnte bei CNN sein, wenn ich wollte. Aber ich glaube an diese Dinge. Nein, ich glaube es nicht. Ich weià es. Das Ãbernatürliche â das ist wie jedes andere Rätsel. Man findet genug Beweise, dann lässt sich die Wahrheit belegen. Das hier bringt mich dem ein gutes Stück näher.« Genau wie Flemming. Die Suche nach der Wahrheit. Stockton wandelte
nur auf anderen Pfaden. »Und Sie sind sich also sicher, dass Sie sich nicht beim nächsten Vollmond von mir filmen lassen möchten?«
»Auf keinen Fall.«
»Wie siehtâs bei dir aus, Junge?«
»Was?« Ty wirkte benebelt.
»Nein«, sagte ich.
Stockton lachte in sich hinein, für meinen Geschmack viel zu amüsiert. »Hey â wohin fahren wir eigentlich?«
Ich zog mein Handy aus der Tasche, schaltete es ein und zögerte, weil ich nicht wusste, wen ich um Hilfe rufen konnte. Ich gab es nur ungern zu, aber mein erster Gedanke war, Cormac anzurufen. Er würde ganz bestimmt wissen, was mit ein paar Dutzend herumstreunenden Vampiren und Werwölfen zu tun sei, die auf dem Land herumwüteten. Unglücklicherweise würde seine Lösung etliche Silberkugeln und Pfähle beinhalten und in einem Haufen Leichen enden. Das wollte ich vermeiden.
Als Nächstes fiel mir Ahmed ein. Ich hatte die Telefonnummer des Crescent nicht, also rief ich bei der Auskunft an. Sie konnten mich mit dem Restaurant verbinden. Eine fröhlich klingende Wirtin, deren Stimme ich nicht wiedererkannte, ging an den Apparat.
»Guten Abend, Sie sind mit dem Crescent verbunden. Was kann ich für Sie tun?«
»Hi, tja ⦠ist Ahmed da?«
»Wer?«
Ein flaues Gefühl machte sich in meinem Magen breit. »Ahmed. Der Kerl, dem der Laden gehört.«
»Oh! Einen Augenblick. Wen darf ich melden?«
»Kitty.«
Sie legte den Hörer beiseite. Im Hintergrund lieÃen sich typische Restaurantgeräusche vernehmen â Stimmengewirr, das Klirren von Geschirr. Die Zeit verstrich. Ich fing an, mit dem Fuà zu wippen. Mir blieb hier nicht allzu viel Zeit.
Eine vertraute kräftige Stimme erklang am anderen Ende der Leitung. »Kitty! Wie geht es dir?«
Situationen wie diese machten es so schwer, diese Frage zu beantworten. »Ich brauche Hilfe, Ahmed. Was würdest du mit einem ganzen Haufen Vampiren und Lykanthropen tun, die die Beherrschung verloren haben, wenn du sie unter Kontrolle bekommen willst, damit ihnen nichts zustöÃt?«
Ich biss die Zähne zusammen. Wenn ich es laut in Worte fasste, klang dieser Schlamassel einfach lächerlich.
Er zögerte lange, sodass ich erneut gezwungen war, dem weiÃen Rauschen des Restaurants zu lauschen. Dann sagte er: »Ich würde die Gegend verlassen und erst am nächsten Morgen wieder zurückkehren, um zu sehen, was noch übrig ist.«
»Aber die Vampire werden ohne Zufluchtsort sterben.«
»Das wäre nicht meine Angelegenheit.«
Nein, wäre es nicht, wie? »Und die Lykanthropen? Ich weiÃ, dass du den Werwölfen helfen wollen würdest.«
»Wenn du sie herbringen kannst, in den Klub, dann kann ich sie unterbringen.«
»Aber ich habe keine Möglichkeit, sie dorthin zu schaffen.«
»Kitty, wo bist du da nur hineingeraten?«
Ich seufzte. Er wäre mir keine Hilfe. Wahrscheinlich verlieà er niemals das Crescent , sein kleines Reich. »Das ist eine lange Geschichte. Ich werde sie dir ein anderes Mal erzählen müssen.
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