Die Stunde des Jägers - EXOCET
Tür nach draußen und spähte hinaus. Es regnete immer noch, und sie schlich auf Zehenspitzen über den kopfsteingepflasterten Hof zur Hintertür. Gabrielle, die durch das Kellerfenster schaute, sah sie kommen.
»Wanda«, flüsterte sie eindringlich. »Hier drüben.«
Villiers sprang auf. »Was ist?«
Wanda hielt inne, trat dann zur Hausmauer und hockte sich ans Fenster. »Sie sind alle weggefahren, bis auf Rabier, den Piloten.«
»Ich weiß«, sagte Gabrielle. »Kommen Sie herunter und lassen Sie uns raus, und machen Sie bitte so schnell wie möglich.«
Wanda nickte: »Ich werd’s versuchen. Aber Rabier hält Wache.« Sie richtete sich auf und lief zur Hintertür, öffnete sie langsam, betrat den Gang und blieb an der einen Spalt geöffneten Küchentür stehen. Rabier stand am Tisch und entkorkte eine neue Flasche Cognac. Wanda schlich weiter und machte die Tür zur Eingangshalle auf. Obgleich sie sich Mühe gab, sie leise hinter sich zu schließen, knarrte sie vernehmlich, und Rabier, der sich gerade ein Glas einschenkte, hielt inne und horchte stirnrunzelnd, den Kopf zur Seite geneigt. Er trat in den Gang, ohne die Flasche abgestellt zu haben.
Wanda wartete kurz in der Halle. Alles war still. Sie ging zur Kellertür, machte auf und eilte die Treppe hinunter. Unten tastete sie nach dem Lichtschalter und rief verhalten: »Gabrielle, wo sind Sie?«
»Hier, Wanda! Hier!« rief Gabrielle.
Wanda blieb vor der Tür stehen, blickte durch das Gitter und sah Gabrielle und, neben ihr, Villiers. Oben an der Tür war ein großer, rostiger Riegel, den sie ohne weiteres bewegen konnte, doch der Riegel unten an der Tür ließ sich nicht fortziehen,
197
obgleich sie sich hinkniete und mit beiden Händen daran ruckte. Plötzlich trat jemand von hinten an sie heran, packte sie an den Haaren, zerrte sie zurück und riß sie hoch. Sie drehte sich um und erblickte Rabier, der sie schmutzig grinsend musterte.
»Unartig«, sagte er. »Sehr unartig. Ich sehe, daß ich streng mit dir sein muß.«
Er war betrunken. Gewaltsam schob er ihr den Flasche nhals in den Mund. Das Glas stieß heftig an ihre Zähne, und sie würgte, als die scharfe Flüssigkeit ihre Kehle hinunterrann. Er lachte wieder drohend, mit verzerrtem Gesicht, ehe er sich bückte und die Flasche auf ein Regal neben ihnen stellte.
»Und jetzt werde ich dir beibringen zu gehorchen«, sagte er, preßte seinen Mund auf ihre Lippen und drückte sie an die Wand, ohne ihr Haar loszulassen. Mit der anderen Hand betatschte er ihre Brüste.
Gabrielle schrie wütend auf, und Villiers zog sie zur Seite, langte mit einer Hand durch das Gitter und bekam Rabier an den Haaren zu fassen, riß ihn mit aller Kraft an die Tür.
»Die Flasche, Wanda!« befahl er. »Die Flasche.«
Für Wanda war Rabier nun jeder Mann, der sie jemals mißbraucht hatte, und die Demütigungen all der Jahre wallten in ihr auf und weckten eiskalten, mörderischen Zorn. Sie ergriff die Cognacflasche und knallte sie Rabier auf den Kopf. Er schrie auf und taumelte zurück, aber da schlug sie noch einmal zu, und er sank auf die Knie. Sie rollte ihn mit ein paar Fußtritten zur Seite, und ihre Wut war immer noch so groß, daß sie den Riegel, als sie sich diesmal bückte, beim ersten Versuch öffnete. Gabrielle und Villiers stürzten in den Gang.
Als das Telefon klingelte, hatte Ferguson gerade zu Ende geduscht. Er hörte sich an, was Villiers berichtete, und sagte dann: »Sehr gut, Tony. Sie bleiben am besten, wo Sie sind. Wir übergeben jetzt an die Franzosen. Gute Arbeit.«
Er knallte den Hörer auf und lief, das Badetuch um seine
198
Taille festhaltend, ins Wohnzimmer.
»Harry, wo, zum Teufel, sind Sie?«
Fox kam aus dem Arbeitszimmer. »Sie wünschen, Sir?«
»Tony hat es geschafft. Jetzt brauchen wir nur noch ein bißchen Aktion von den Franzosen. Verbinden Sie mich mit Oberst Guyon in Paris. Höchste Priorität. Sehr dringend.«
Er lief ins Schlafzimmer zurück und zog sich an.
Rabbier lag gefesselt und geknebelt in der Pantry, und Villiers nahm ihm die Walther ab, die er bei sich hatte. »Ich nehme an, der Brigadier telefoniert inzwischen mit Paris.«
»Trotzdem wird es seine Zeit dauern, bis sie auf der Insel sind«, sagte Gabrielle. »Was wird mit Raul? Du mußt etwas unternehmen, Tony. Bitte.«
»Ja, ich weiß.« Villiers wandte sich an Leclerc: »Es wird nichts anderes übrigbleiben, als daß Sie die Chieftain ne
Weitere Kostenlose Bücher