Die Stunde des Spielers
sein wolltest, hätten wir uns getrennte Zimmer nehmen sollen, und letzte
Nacht hätte nie passieren dürfen. Was sehr schade gewesen wäre.«
Er erwiderte mein Grinsen höchst zufrieden und anzüglich.
Endlich zog ich mein Badezeug aus meinem Koffer hervor. Es war sogar ein Bikini. Ich war nur einmal jung,
hatte ich mir gedacht. Ben bewunderte mich angemessen, und was das Beste war: Er hielt meine Hand, als mich zum Aufzug begleitete. Der Frank-Sinatra-Soundtrack in meinem Kopf hatte wieder eingesetzt. Come fly with me ...
Auf halbem Weg wurde ich auf das leise Klicken eines Absatzes auf dem Linoleumboden hinter einer geschlossenen Personaltür aufmerksam. Meine Hand zuckte in Bens. Ich sah über die Schulter zu der Tür, die sich hinter uns befand. Dann trafen sich unsere Blicke; Bens Nasenflügel blähten sich.
»Lauf weg«, flüsterte ich, weil meine Instinkte Alarm schlugen. Wir spannten uns beide an, machten uns bereit loszustürzen.
Zu beiden Seiten des Korridors schwangen Türen auf.
Eine Hand aus der Richtung des Personalraumes packte mich und schleuderte mich zu Boden. Ich rollte mich zur Seite und richtete mich in die Hocke auf, sprungbereit, ein Knurren in der Kehle. Da sprang Evan aus einem Zimmer gegenüber hervor und packte Ben mit einem Nackenhebel. Ben schrie und trat um sich, rammte ihn gegen die Wand, doch da war Brenda, stürzte sich auf ihn, in der ausgestreckten Hand ein ...
Ich hielt es für ein Messer, doch nein, es war ein Löffel, leicht angelaufen. Silber. Sie drückte ihn in Bens Hand und schloss seine Finger darum, hielt den Löffel dort fest.
»Was zum ... Himmelherrgott!« Ben zischte schmerzerfüllt auf und schlug noch heftiger um sich, entzog sich ruckartig Brendas Griff und schleuderte den Löffel von sich. Dann warf er Evan so fest gegen die Wand, dass der Schädel des Kopfgeldjägers aufschlug. Er ließ von Ben ab.
Ben wirbelte sich geduckt zu ihnen herum. Ich stand auf und legte ihm die Hand auf die Schulter, drückte zu, um ihm zu zeigen, dass ich da war. Die Wölfin kam an die Oberfläche gekrochen, die Krallen juckten mir in den Fingern, der Blick eines Jägers trat in meine Augen. Diese beiden hatten uns angegriffen - waren Feinde. Was würden sie als Nächstes tun? Wir konnten uns auf sie stürzen, bevor sie ihre Waffen im Anschlag hätten. Ich war bereit, ihn zu beschützen.
»Was zum Teufel glaubt ihr, macht ihr da?«, rief Ben, die ausschlagübersäte Hand gekrümmt vor sich. Auf der Haut waren rote, löffelförmige Striemen sichtbar.
Evan starrte die Hand an, den Ausschlag. »Mein Gott, es ist also wahr.«
»Hab ich dir doch gesagt«, meinte Brenda. Heute trug sie eine Lederhose, ein rotes Oberteil mit V-Ausschnitt und Stiefeletten mit silbernen Spitzen. Trotzdem mit Pfennigabsätzen, die sie bestimmt als tödliche Waffen einzusetzen wusste. Sie hob den Löffel auf, der auf der anderen Seite des Korridors gelandet war. »Großmutters bombensicherer Werwolfdetektor.«
»Geht es darum?« Ben lachte beinahe. »Wenn ihr einen Verdacht hattet, hättet ihr doch verdammt nochmal fragen können! Was wollt ihr jetzt machen, mich mitten im Hotel erschießen? Der große böse Werwolf muss dran glauben?«
Evan und Brenda standen da und starrten ihn an – und Ben hatte recht gehabt. Sie sahen fast traurig aus. Als täte er ihnen leid. Bens Schultermuskeln fühlten sich unter meiner Hand steinhart an, sie waren angespannt und zitterten. Ich konnte den Zorn wittern, den er verströmte, den Geruch seines stärker werdenden Wolfes. Ich drückte ihn erneut und hoffte, er würde sich zusammenreißen. Da sie nicht auf uns schossen, mussten wir die Fassung bewahren.
»Ich hatte es mich gefragt«, sagte Brenda. »Als ich euch beide zusammen gesehen habe, war da was faul. Ich erkenne es nicht immer beim bloßen Hinsehen, aber du hast diesen Blick, den du vorher nicht hattest.«
»Welchen Blick?«, fragte Ben mit wutverzerrter Stimme. Doch es fühlte sich nicht an, als würde er sich gleich verwandeln, als mache seine Haut sich bereit, zu Fell zu werden. Er richtete sich auf, und wir standen Schulter an Schulter.
»Als wärst du auf der Jagd. Früher bist du nie ein Jäger gewesen. Im Gegensatz zu Cormac.«
Bens Miene verdüsterte sich, und er wandte sich ab.
Evan sah mich an. »Bist du diejenige ...«
»Nein«, versetzte ich schroff. »Natürlich nicht. Ich habe noch niemals jemanden zum Werwolf gemacht.«
»Hast du jemals jemanden umgebracht?«, fragte Brenda, genauso
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